Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt
auf. »Ruft heute Abend an. Dann können wir uns morgen treffen. Morgen habe ich den ganzen Tag frei.«
»Ich weiß nicht, wie lange wir bleiben«, sagte Joel. Aber er murmelte immer noch. Auch diesmal hörte sie nicht, was er sagte. Und sie fragte nicht.
Dann war sie weg.
Joel sah ihr nach.
Jenny Rydén.
In der Rezeption gab es immer noch keine Nachricht für ihn von Samuel. Jetzt machte Joel sich ernsthaft Sorgen. Der glatzköpfige Mann sagte, er müsse Geduld haben. Joel bekam seinen Schlüssel. Er hatte Hunger. Aber er hatte keine Lust, wieder allein zu essen. Er legte sich auf Samuels Bett und lernte Jenny Rydéns Telefonnummer auswendig. Dann zerriss er den Zettel in kleine Fetzen und warf sie in den Papierkorb.
Er guckte zum Tisch. Wo
Celestine
gestanden hatte. Jenny Rydén, dachte er. Joel Rydén. Dann nahm er es schnell zurück. Er hieß Gustafson. Nicht anders. Die Gedanken wirbelten durch seinen Kopf. Was hatte sie ihm eigentlich auf der Parkbank erzählt? Dass es zu viel Wald gewesen war? Er holte tief Luft und seufzte. Wie konnte man einfach seinen Sohn verlassen, nur weil es so viel Wald gab? Da war so viel, was er nicht verstand, dass es sich gar nicht lohnte, es verstehen zu wollen. Er schloss die Augen.
Jetzt sah er
M/S Karmas
wieder. Irgendwo draußen auf dem Meer. Kapitän Joel Gustafson steht auf der Brücke. Sie befinden sich in tropischen Gewässern. Delfine springen zu beiden Seiten des Schiffes. In der Ferne nähert sich ein anderes Schiff. Er nimmt das Fernglas und sieht, dass es auch ein schwedischer Frachter ist. Er senkt das Fernglas und liest den Namen.
M/S Jenny.
Er richtete sich auf. Warum ließ Samuel nichts von sich hören? Warum dauerte es so lange?
Er ging in die Rezeption hinunter. Der Mann hinterm Tresen schüttelte den Kopf. Joel bat um ein Telefonbuch. Er bekam zwei. Mühselig fand er die Arbeitsvermittlung für Seeleute heraus und schrieb sich die Adresse auf. Er fand die Straße auf dem Stadtplan. Sie war ganz in der Nähe. Er sah auf die Uhr. Wenn er sich beeilte, schaffte er es noch, bevor dort geschlossen wurde.
Als er auf die Straße kam, dachte er, dass er jetzt wie alle anderen war. Er hatte es eilig.
Es war noch geöffnet. Er schob die Tür auf und trat ein. An den Wänden hingen Ausschreibungen verschiedener offener Stellen. Hinter einem Tresen saß eine Frau und füllte einen Tippschein aus. »Ich hätte gern ein Seefahrtsbuch.« »Bist du schon fünfzehn?«, fragte die Frau. »Ja.«
Sie schob ihm einige Papiere zu, die er ausfüllen sollte.
»Zwei Fotos«, sagte sie.
Dann kriegte er noch ein Blatt.
»Die Adresse vom Arzt.«
»Kostet es etwas?«
»Nichts gibt's umsonst«, sagte sie und fuhr fort, ihren Tippschein auszufüllen. Joel hoffte, dass sie gewann. Dann setzte er sich an einen Tisch und füllte alle Papiere aus. Am nächsten Tag wollte er zu einem Fotografen gehen. Und zum Arzt. Dann würde er sein Seefahrtsbuch kriegen. Auf dem Weg zurück zum Hotel konnte er den Hunger nicht mehr unterdrücken. Er blieb vor der Bierstube stehen, in der er schon mal gegessen hatte. Eine Kellnerin, die ihn nicht kannte, warf ihm die Speisekarte hin. Er entschied sich für Frikadellen.
Als er ins Hotel zurückkam, nickte ihm der glatzköpfige Mann zu.
»Hat Samuel angerufen?«
»Er ist wieder da.«
Joel lief die Treppen hinauf. Vor der Zimmertür musste er erst mal nach Luft schnappen. Dann öffnete er. Samuel saß auf dem Stuhl am Fenster. Genau wie Jenny Rydén sah er auf seine Hände. Er war immer noch sehr blass. »Wo ist
Celestine?«,
fragte er vorsichtig.
»Das erzähl ich dir gleich«, antwortete Joel. »Was haben sie im Krankenhaus gesagt? Hast du immer noch Schmerzen?«
»Die sind jetzt vorbei. Ich hab ein Medikament bekommen.«
»Dann freust du dich aber?«
»Klar freu ich mich.«
Joel sah Samuel nachdenklich an. Er wirkte kein bisschen froh. »Was haben sie gemacht?«
»Wie gemacht?«
»Im Krankenhaus. Die Ärzte.«
»Es war nur einer. Und es hat entsetzlieh lange gedauert, ehe er kam.«
»Was hat er gesagt?«
»Dass ich morgen wieder kommen soll.«
»Du sollst morgen wieder ins Krankenhaus kommen? Aber du hast doch keine Schmerzen mehr?«
»Sie wollten noch ein paar Untersuchungen machen.«
»Blutuntersuchungen?«
»Ja.«
»Warum denn?«
»Damit sie ganz sicher sind.«
»Aber du hast doch keine Schmerzen mehr?«
Samuel seufzte. »Wahrscheinlich wollen sie rausfinden, was es ist. Damit die Schmerzen nicht wiederkommen.«
Ein
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