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Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt

Titel: Joel 4 - Die Reise ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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allein treffen. Es ist schon so lange her. Und ich bin so nervös.« »Wo?«, fragte Joel.
    Wieder dachte sie nach, ehe sie antwortete. »Auf dem Platz«, sagte sie. »Wo der Lebensmittelladen war. Viertel nach sechs.«
    Als Joel die Telefonzelle verließ, sah er, dass es schon fünf war. Bis zum Platz mussten sie mindestens eine halbe Stunde gehen. Er lief die Treppen hinauf.
    Samuel wollte nicht. Er jammerte, dass die Zeit zu knapp war. Er musste sich vorbereiten.
    »Du brauchst dich nur zu rasieren und ein anderes Hemd anzuziehen«, sagte Joel.
    Aber Samuel protestierte immer noch. Er wollte nicht. Es endete damit, dass er es nicht mehr schaffte, sich zu rasieren, und nur noch das Hemd wechselte. Dann schubste Joel ihn fast aus dem Zimmer. »Ich will nicht«, sagte Samuel.
    »Was beschlossen ist, ist beschlossen«, sagte Joel.
    Sie erreichten den Platz genau um Viertel nach sechs. Ob wohl viele Leute unterwegs waren, entdeckte Joel sie sofort.
    Sie stand vor einem Schaufenster am anderen Ende des Platzes. Er zeigte auf sie.
    »Da«, sagte er.
    Samuel konnte sie nicht entdecken.
    »Sie trägt eine blaue Jacke.«
    Da sah auch Samuel sie.
    »Ich geh nicht hin«, sagte er. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
    »Sie will dich doch treffen«, sagte Joel. »Du brauchst gar nichts zu sagen. Es reicht, wenn du zuhörst.« »Ich will trotzdem nicht.«
    Joel fand, Samuel führte sich auf wie ein Kind. »Geh jetzt«, sagte er. »Aber fang nicht an mit ihr zu streiten. Ich warte hier.«
    Widerwillig setzte Samuel sich in Bewegung. Joel lief hinter ihm her.
    »Geh nicht so krumm!«, zischte er. Samuel versuchte sich zu strecken.
    Joel sah ihm nach. Jetzt hatte Samuel Jenny fast erreicht und sie hatte ihn entdeckt. Aber sie ging ihm nicht entgegen, sondern blieb vorm Fenster stehen.
    Dann sah er, wie sie sich die Hand gaben. Eigentlich wünschte er, ihnen jetzt ganz nah zu sein. Um hören zu können, was sie sagten.
    Er sah, dass sie einen Meter voneinander entfernt standen. Aber was redeten sie? Er versuchte es sich vorzustellen. Aber es war ganz leer in seinem Kopf.
    Plötzlich geschah etwas. Samuel machte einen Schritt auf sie zu. Er hob die eine Hand. Joel blieb fast das Herz stehen. Wollte er sie schlagen?
    Dann senkte er den Arm. Jenny Rydén ging an ihm vorbei. Sie ging schnell. Samuel folgte ihr. Fuchtelte mit den Armen. Samuel blieb stehen. Aber Jenny ging weiter. Sie lief fast. Joel stand ganz bestürzt da. Was war passiert? Das war der verdammte Samuel, dachte er. Er hat angefangen zu streiten. Und jetzt geht sie.
    Er wusste nicht, wem er nachlaufen sollte. Schließlich entschied er sich für Samuel.
    »Was hast du getan?«, rief Joel. »Was hast du gesagt? Warum ist sie gegangen? Wolltest du sie schlagen?« »Ich hab gesagt, was ich zu sagen hatte«, antwortete Samuel, »Ich habe ihr das gesagt, was ich jeden Tag gedacht habe, seit sie verschwunden ist.« »Was?«
    »Das ist egal. Jetzt gehen wir zurück ins Hotel.« »Du kannst allein gehen.«
    Samuel blieb jäh stehen. »Was hast du gesagt?«
    »Ich hab gesagt, du kannst allein ins Hotel gehen. Ich will wissen, was du gesagt hast.«
    »Ich hab ihr gesagt, was ich von ihr halte, dass sie ein einziger Haufen Scheiße ist.«
    Joel blieb der Mund offen stehen. »Warum hast du das getan?«
    »Weil ich der Meinung bin. Man verlässt seinen Sohn nicht einfach so. Man haut nicht einfach ab, weil einem die Winter zu lang sind. Das hab ich zu ihr gesagt. Aber es hat ihr nicht gefallen.« Samuel war so erregt, dass er zitterte.
    »Ich hab ihr gesagt, was ich ihr sagen wollte. Jetzt bin ich mit ihr fertig. Jetzt werde ich nie mehr an sie denken. Nicht ein einziges Mal in meinem Leben.«
    »Und ich?« Joel war es, als ob seine Stimme piepste. »Und ich?«, wiederholte er. Und jetzt klang seine Stimme normal.
    »Das ist deine Sache«, sagte Samuel. »Sie ist deine Mutter. Wenn du sie treffen willst, dann tu das.«
    Samuel ging. Joel lief hinter ihm her und hob die Hand. Genau wie Samuel die Hand gegen Jenny erhoben hatte. Samuel merkte es und duckte sich. Dann standen sie sich mitten auf dem Platz gegenüber und starrten sich an. »Wolltest du mich schlagen?«
    »Ja«, sagte Joel. »Genau wie du Jenny schlagen wolltest.« Samuel packte Joel am Arm. »Jetzt gehen wir zurück ins Hotel!«, brüllte er. »Und wenn ich im Krankenhaus war, fahren wir mit dem nächsten Zug nach Hause.« Joel wurde ganz ruhig. »Ich fahre nicht mit.« »Willst du hier in Stockholm

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