John Corey 01 - Goldkueste
sehen schlecht aus«, teilte Mrs. Wiley mir mit.
»Vielen Dank.«
»Ich habe gefragt, wie's Ihrem Onkel geht.«
»Sehr gut. Er ist wieder in der City. Scheffelt jede Menge Geld an der Börse. Aber seit Tante Junes Tod ist er sehr einsam.«
»Richten Sie ihm schöne Grüße von mir aus.«
»Wird gemacht.«
»Ihre Tante war eine wundervolle Frau.« Das sagte sie in einem Tonfall, der verriet, dass sie sich fragte: »Wie ist sie bloß zu diesem Trottel von Neffen gekommen?«
Ich nickte wortlos.
»June war eine begeisterte Hobbyarchäologin und Historikerin«, fuhr Margaret fort.
»Richtig. Peconic Historial Society. Sind Sie auch Mitglied?«
»Ja. So habe ich June kennengelernt. Harry hat andere Interessen gehabt, aber er hat ein paar Grabungen finanziert. Wir haben das Fundament eines Farmhauses aus dem Jahr sechzehnhunderteinundachtzig ausgegraben. Sie sollten unser Museum besuchen, falls Sie's noch nicht getan haben.«
»Das hatte ich für heute geplant, aber dann ist diese andere Sache dazwischengekommen.«
»Nach dem Labor Day haben wir nur am Wochenende geöffnet. Aber ich habe einen Schlüssel.«
»Ich rufe Sie mal an.« Ich sah zu der vor uns aufragenden Klippe auf und fragte Mrs. W: »Ist das hier das Grundstück der Gordons?«
»Ja. Sehen Sie diesen Holzpflock dort drüben? Das ist die Südwestecke. Knapp hundert Meter den Weg hinunter liegt die Südostecke. Das Grundstück beginnt hier, steigt zu den Klippen an, fällt drüben ab und endet an der Hochwassermarkierung. «
»Tatsächlich? Das klingt nicht gerade exakt.«
»Exakt genug. So ist's schon immer gewesen. Bis zur Hochwassermarkierung. Der Strand gehört allen.« Margaret wandte sich an Beth und sagte: »Ich brauche Sie nicht hinaufzubegleiten. Der Fußweg beginnt dort drüben. Der Aufstieg ist nicht schwer, aber nehmen Sie sich auf den Klippen in acht. Die Felsen fallen steil ab, und es gibt nicht allzu viele Tritte.«
Ich mischte mich wieder ein. »Danke für Ihre Zeit und Geduld, Mrs. Wiley.«
Sie schien gehen zu wollen, blieb aber noch einmal stehen und fragte Beth: »Haben Sie schon einen Verdacht, wer's gewesen sein könnte?«
»Nein, Ma'am.«
»Hat der Mord etwas mit ihrer Arbeit zu tun?«
»In gewisser Weise. Aber nichts mit biologischer Kriegsführung oder anderen gefährlichen Dingen.«
Margaret Wiley wirkte nicht recht überzeugt. Sie ging zu ihrem Wagen, ließ den Motor an und entschwand in einer Staubwolke.
»Verschwinde, du altes Ekel!« rief ich ihr nach. »Hau ab, du alte...«
»John!«
Wir sahen beide zu den Klippen hinauf. »Okay, dann wollen wir die Aussicht für fünfundzwanzig Riesen mal begutachten«, schlug ich vor.
Wir fanden den Fußweg, und ich ging voran. Der Weg führte durch dichtes Unterholz mit zahlreichen niedrigen Eichen und einigen größeren Bäumen, die ich für Ahorne hielt. Für Beth, die ihr beiges Kostüm und Straßenschuhe trug, war das Ganze ziemlich mühsam. An einigen steilen Stellen half ich ihr hoch. Wenn sie dabei den Rock etwas hochschob, konnte ich ein Paar perfekter Beine bewundern.
Der Höhenunterschied betrug etwa fünfzehn Meter - eigentlich nur vier Treppen hoch, wonach ich früher noch Kraft genug gehabt hatte, eine Tür einzutreten, einen Täter zu überwältigen, ihm Handschellen anzulegen und ihn auf die Straße zu meinem Dienstwagen hinunter zu schleppen. Aber das war früher gewesen. Jetzt war alles anders. Ich fühlte mich zittrig, und vor meinen Augen tanzten schwarze Punkte. Ich musste stehenbleiben und sank auf die Knie.
»Fehlt Ihnen was?« fragte Beth besorgt.
»Nein, nein... geht gleich wieder...« Ich atmete mehrmals tief durch, kam wieder auf die Beine und stieg weiter.
Wir erreichten eine Art Hochplateau. Wegen des Windes und der salzhaltigen Luft waren die Pflanzen hier auff ällig verkümmert. Der Panoramablick über den Long Island Sound hinaus war wirklich unglaublich. Die Klippen fielen hier gut dreißig Meter ab und waren tatsächlich sehr steil. Weit unter uns erstreckte sich ein herrlicher langer Sandstrand.
Die See war relativ ruhig, und drau ßen sahen wir vereinzelte Segel- und Motorboote. Ein riesiger Frachter war auf dem Weg nach Westen - nach New York oder zu einem Hafen in Connecticut. In ungefähr zehn Meilen Entfernung konnten wir die Küste Connecticuts ausmachen.
Im Westen ging das Hochplateau, auf dem wir uns befanden, nach etwa einer Meile in eine Landzunge über, die in die Meerenge hinausragte. Nach Osten verlief es mehrere
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