John Corey 04 - Operation Wildfire
»Ich schalte den Lautsprecher ein«, sagte ich zu Dick. Ich drückte auf die Lautsprechertaste, legte auf und sagte: »Sag Hallo zu Kate.«
»Hi, Kate.«
»Hi, Dick.«
»Freut mich, dass du da bist und dem Typ Ärger vom Hals hältst.«
»Ich versuche es.«
»Habe ich dir schon mal erzählt, wie wir -«
»Dick«, unterbrach ich ihn, »wir haben viel zu tun.«
»Ja, ich auch. Okay, bereit?«
Kate holte ihr Notizbuch, und ich nahm den Block und den Bleistift, die auf dem Schreibtisch lagen. »Schieß los.«
»Na schön. Putyow, Michail. Geboren am 18. Mai 1941 in Kursk, Russland, Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken. Der Vater war Hauptmann bei der Roten Armee, 1943 gefallen. Mutter gestorben, keine weitere Info. Zielperson besuchte ... ich kann diese verfluchten russischen Wörter nicht aussprechen -«
»Buchstabier sie.«
»Richtig.« Er unterrichtete uns über Michail Putyows Ausbildung, und ich bekam glasige Augen, bis er sagte: »Er schloss das Polytechnische Institut in Leningrad mit einem Diplom in Atomphysik ab. Und später war er am ... was zum Teufel ...? Kurtschatow? Ja, am Kurtschatow-Institut in Moskau ... Hier steht, das ist eine große sowjetische Kernforschungseinrichtung, und der Typ war dort tätig.«
Ich gab keinen Kommentar dazu ab, aber Kate und ich warfen uns einen kurzen Blick zu.
»Hast du danach gesucht?«, fragte Dick.
»Was denn sonst?«
»Tja, danach hat er in einer Borschtsch-Fabrik gearbeitet und kleine Kartoffeln in die Suppe geschmissen.«
»Dick -«
»Er hat am sowjetischen Kernwaffenprogramm mitgearbeitet, irgendwo in Sibirien ...« Er buchstabierte den Namen einer Stadt oder Anlage. »Das Zeug scheint geheim zu sein, und von 1979 bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 liegt nicht viel vor.«
»Okay ... wie zuverlässig sind diese Informationen?«
»Einiges habe ich direkt vom FBI. Putyow steht auf deren Beobachtungsliste. Das meiste habe ich aus Putyows Lebenslauf, der auf der Website seines Arbeitgebers aufgeführt ist.«
»Wer ist das?«
»Das Massachusetts Institute of Technology. Er ist dort ordentlicher Professor.«
»Was lehrt er?«
»Russische Geschichte jedenfalls nicht.«
»Richtig -«
»Außerdem habe ich online über akademische Zeitschriften ein paar Sachen über ihn rausgekriegt. Er ist hochgeachtet.«
»Weswegen?« »Nuklearer Scheiß. Weiß ich nicht. Soll ich das Zeug vorlesen?«
»Ich kümmere mich später drum. Sonst noch was?«
»Tja, ich habe bei der FBI-Außenstelle Boston Glück gehabt. Ich habe einen Typ gefunden, den ich kannte und der bereit war, inoffiziell mit mir zu reden. Er hat mir erzählt, dass Putyow 1995 im Zuge unseres Umsiedlungsprogrammes hierherkam. Mit dem Programm wollte man verhindern, dass die freischweifenden sowjetischen Atomforscher ihr Wissen an den Meistbietenden verhökern. Im Zuge dieses Umsiedlungsprogramms bekam er einen Lehrauftrag am MIT.«
»Man hätte ihn einfach erschießen sollen.«
Dick gluckste und sagte: »Das wäre billiger gewesen. Man hat ihm ein Apartment in Cambridge gekauft, und er kriegt immer noch Kohle von Onkel Sam. Ich habe seine Kreditwürdigkeit kurz überprüft, und er schneidet bestens ab. Weder Geld- noch Kreditprobleme, womit, wie wir wissen, ein Gutteil der Motive für den illegalen Scheiß wegfällt, der auf der Welt vor sich geht.«
»Richtig.« Das Restrisiko war es, was mir zu schaffen machte; ein ganz spezielles Motiv für ungesetzliche Umtriebe, das ein Ölmilliardär unwiderstehlich finden könnte. Macht zum Beispiel. Ruhm. Rache.
»Warum steht er auf der Überwachungsliste des FBI?«, fragte Kate.
»Der Typ in Boston hat mir gesagt, das wäre bei so jemandem üblich. Das Bureau hat nichts Negatives über ihn vorliegen. Aber er muss sie verständigen, wenn er die Gegend verlässt, weil Putyow, wie der Typ sagte, mit dem ich gesprochen habe, ein ganz Schlauer ist und lauter Sachen weiß, die er nicht an ein Land weitergeben soll, das mit einem illegalen Kernforschungsprogramm befasst ist.«
»Hat Putyow die Dienststelle Boston davon verständigt, dass er die Stadt verlässt?«, erkundigte ich mich.
»Weiß ich nicht, und ich habe auch nicht gefragt. Ich hatte schon Glück, dass dieser Typ bereit war, inoffiziell mit mir zu reden. Aber meine Fragen haben sich auf Hintergrundsachen beschränkt.«
»Frau? Kinder?«, fragte Kate.
»Zwei erwachsene Söhne, die ebenfalls im Zuge des Umsiedlungspakets hierhergebracht wurden. Über sie liegt nichts vor.
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