John Grisham
müssen.
Die Fieberanfälle kamen wieder und blieben. Adrians Haut war nass vor Schweiß, dann begann er zu husten, ein schmerzhafter, trockener Husten, der ihn wie ein Anfall erfasste und derart schwächte, dass er sich nicht mehr bewegen konnte. Tagsüber wusch und bügelte Emporia die nassen Laken, doch nachts konnte sie nichts anderes tun, als den Geräuschen aus seinem Zimmer zu lauschen. Sie kochte Mahlzeiten, die er nicht essen konnte. Sie zog Handschuhe an und badete ihn mit kaltem Wasser, und keiner der beiden störte sich an seiner Blöße. Seine Arme und Beine waren inzwischen dünn wie Besenstiele, und er war so geschwächt, dass er es nicht einmal mehr auf die Veranda schaffte. Er wollte nicht, dass die Nachbarn ihn sahen, also blieb er im Bett und wartete. Die Krankenschwester kam inzwischen jeden Tag, konnte aber nichts tun außer Fieber messen, Tablettenflaschen zurechtrücken und ernst den Kopf schütteln, wenn sie mit Emporia sprach.
An seinem letzten Abend schaffte Adrian es, eine dünne Stoffhose und ein weißes Baumwollhemd anzuziehen. Die Schuhe und den Rest der Kleidung packte er in seine beiden Lederkoffer, und als alles seine Ordnung hatte, nahm er die Todespille und spülte sie mit Wein hinunter. Er legte sich auf das Bett und sah sich noch einmal im Zimmer um. Dann platzierte er einen Briefumschlag auf seiner Brust, zwang sich zu einem Lächeln und schloss zum letzten Mal in seinem Leben die Augen.
Um zehn Uhr am nächsten Morgen fiel Emporia auf, dass sie noch keinen Ton von ihm gehört hatte. Sie klopfte an die Tür seines Schlafzimmers, und als sie eintrat, sah sie Adrian tot auf dem Bett liegen, mit einem Lächeln auf den Lippen.
In dem Brief stand Folgendes:
Liebe Emporia,
bitte vernichten Sie diesen Brief, wenn Sie ihn gelesen haben. Es tut mir leid, dass Sie mich so finden, aber letzten Endes war dieser Moment unvermeidbar. Die Krankheit hat ihren Lauf genommen, und meine Zeit war um. Ich wollte den Prozess lediglich ein wenig beschleunigen.
Fred Mays, der Anwalt, kümmert sich um die Beerdigung. Bitte rufen Sie ihn als Ersten an. Er wird den Leichenbeschauer verständigen, der herkommen und den Totenschein ausstellen wird. Da keines der Bestattungsinstitute in der Stadt bereit war, sich um meine Leiche zu kümmern, wird mich ein Rettungswagen zu einem Krematorium in Tupelo bringen. Dort wird man mich einäschern und meine Asche in eine Urne füllen. Die Standardversion, nichts Extravagantes. Mays wird meine Asche dann nach Clanton zurückbringen und an Mr. Franklin Walker vom Bestattungsinstitut hier in Lowtown übergeben. Mr. Walker hat sich, wenn auch etwas widerwillig, bereiterklärt, mich auf dem Teil des Friedhofs zu beerdigen, in dem die Schwarzen liegen, so weit von der Grabstätte meiner Familie entfernt wie nur möglich.
All das wird sehr schnell und, wie ich hoffe, ohne Wissen meiner Familie erledigt werden. Ich möchte nicht, dass diese Leute etwas damit zu tun haben. Sie werden es sowieso nicht wollen. Für den Fall, dass es doch dazu kommen sollte, hat Mays schriftlich einige Anweisungen von mir bekommen.
Wenn meine Asche beerdigt wird, wäre es mir eine Ehre, wenn Sie ein paar stille Worte sagen würden. Und Sie können gern ab und zu vorbeikommen und mir Blumen bringen. Aber auch hier bitte nichts Extravagantes.
Im Kühlschrank sind noch vier Flaschen Wein. Bitte trinken Sie sie mir zu Gedenken.
Ich danke Ihnen für Ihre Güte. Sie haben meine letzten Tage erträglich und manchmal sogar schön gemacht. Sie sind ein wunderbarer Mensch und haben es voll und ganz verdient, das zu sein, was Sie sind.
Mit herzlichen Grüßen, Adrian
Emporia setzte sich auf den Bettrand und blieb eine ganze Weile dort sitzen. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und tätschelte Adrian sogar das Knie. Dann riss sie sich zusammen und ging in die Küche, wo sie den Brief in den Mülleimer warf und den Hörer des Telefons abnahm.
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