John Lennon - across the universe - die spirituelle Biografie
die Diogenes von unserer sogenannten Moderne trennen, wurde seitens seiner geistesgeschichtlichen Nachfahren die Geringschätzung, welche die Zyniker für politische Macht und gesellschaftliche Konventionen empfanden, in eine nihilistische Haltung allen menschlichen Bestrebungen, Überzeugungen und Werten gegenüber umgemünzt. Mit der Zeit hat man sich daher zur Gewohnheit gemacht, den Standpunkt eines Zynikers schlicht und einfach mit einer pessimistischen Grundeinstellung gleichzusetzen.
Genau genommen braucht ein zynischer Mensch aber weder Pessimist noch Optimist zu sein. Die heutzutage vorherrschende Definition des Begriffs Zynismus beinhaltet eine einseitige Verengung auf die menschliche
Motivation
. Will man
Webster’s Deluxe Unabridged Dictionary
folgen, dann ist ein Zyniker »jemand, der glaubt, dass alle menschlichen Handlungen vollständig auf selbstsüchtige Motive zurückzuführen sind«.
Niemand sonst, von den Politikern vielleicht einmal abgesehen, ist wohl besser als die Reichen und Berühmten darin geübt, hinter fälschlich zur Schau getragener Aufrichtigkeit egoistische Motivationen ihrer Mitmenschen aufzudecken.
In Liverpool und Hamburg hatte Lennon bereits jene Lektionen gelernt, die ein Heranwachsender, der sich auf der Straße behaupten will, verinnerlicht haben sollte. Anschließend hat Lennon noch eine Art Aufbaupraktikum absolviert – unter all jenen Schmeichlern und Schleimern, Gaunern und Parasiten, die in Schwärmen aufgetaucht sind, sobald sich der beispiellose Erfolg der Beatles einzustellen begann. Es hat gewissermaßen für den krönenden Abschluss dieses Bildungsgangs gesorgt. Und so wurde John Lennon, mit anderen Worten, zu einem Zyniker von echtem Weltklasseformat.
Im Grunde wusste er sehr wohl, dass der Maharishi an den Beatles vor allem deshalb solch großes Interesse hatte, weil ihr Ruhm ihm helfen würde, die von ihm propagierte Meditationstechnik weltweit zu vermarkten. Jenes übermächtige Verlangen andererseits, eine wirkliche Lebensaufgabe zu finden, das Lennon in sich trug, versetzte ihn in die Lage, die Augen davor zu verschließen, dass vollkommene Menschen lediglich in der religiösen Literatur und in Legenden vorkommen. Mit ziemlicher Sicherheit hat das exotische Guru-Image – der Umstand, dass der Maharishi ein eigentümlich gewandeter »Yogi« aus dem Himalaya war – zu seiner Fehleinschätzung ganz erheblich beigetragen. Hätte an der Spitze dieser Organisation nicht eine Gallionsfigur gestanden, die in solchem Maß die Faszination des Fremdartigen verkörperte, sondern irgendein Normalo – sagen wir mal, ein gewisser Herr Reginald Dwight aus Middlesex, der sich nicht in wallende Roben kleidet, sondern knallbunte Hemden und Schuhe mit Plateausohle bevorzugt –, wäre Lennon ihr dann wohl ebenso rasch und bereitwillig beigetreten?
In dem Jahrzehnt zwischen 1966 und 1975, Lennons langer düsterer Nacht der Seele, durchlief er eine Flut von Erfahrungen, die ihn in seinem Zynismus noch weiter bestärkt haben. Und zu jener Zeit, mit Lennons Phase des Heranreifens von Intellekt und Persönlichkeit zeitlich einhergehend, erlebten die Menschen in der gesamten westlichen Welt, insbesondere in den USA, dass Zynismus immer weiter um sich griff.
Die Ironie des zuletzt angesprochenen Punktes lag darin, dass mit dem angehenden Wassermannzeitalter, jene Zeit angebrochen ist, in der Krieg, Zwietracht und Ungleichheit unter den Menschen der Vergangenheit angehören. Durch die Erfahrung von Harmonie und zwischenmenschlichem Verständnis werden sie überwunden.
Mit der für ihre Altersstufe typischen Naivität und ihrem Idealismus lieferten, wie schon erwähnt, die geburtenstarken Jahrgänge nach dem Zweiten Weltkrieg diesem Mythos zusätzliche Nahrung. Liebe und Frieden, »Love and Peace«, für die sogenannten Blumenkinder der Flowerpower-Ära die vorherrschenden Leitvorstellungen, sahen sich zwar, wie konnte es auch anders sein, irgendwann mit den harten Realitäten der tief in der Gesellschaft verwurzelten Bürokratien, Plutokratien und Ideologien konfrontiert. Einstweilen baute die Jugend aber noch darauf, der unaufhaltsam weiter sich entfaltende kosmische Plan werde eine entsprechende Neugewichtung sicherstellen und letztlich dafür sorgen, dass die immer noch bestehenden Barrieren brüchig werden und am Ende völlig verschwinden.
Ohne Frage hat die Babyboom-Generation manch eine dauerhafte Veränderung zum Positiven hin bewirkt. Die Frauenbewegung ist ein gutes
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