John Lennon - across the universe - die spirituelle Biografie
Beatles«, der treibenden Kraft in der Band –, machte McCartney immer häufiger einen unzufriedenen Eindruck. Statt in der Nähe der anderen Beatles in einem Londoner Vorort zu wohnen, kaufte er sich ein Haus in St John’s Wood unweit der Abbey-Road-Studios und fing an, Beziehungen zur feinen Londoner Gesellschaft anzuknüpfen.
Als Brian Epstein starb, ergriff McCartney die Gelegenheit beim Schopf: Er vertrat die Auffassung, die Band brauche nun keinen Manager mehr. Die vier sollten sich lieber selbst managen. Anschließend traf er alle Anstalten, selbst die Zügel in die Hand zu nehmen. Eine Zeit lang ließen die drei anderen ihn erst einmal gewähren, fühlten sich durch seine Führungsambitionen dann aber immer stärker irritiert. Persönliche Animositäten, die sich im Lauf ihrer bereits länger als zehn Jahre währenden Zusammenarbeit aufgebaut hatten, begannen sich nun im persönlichen Umgang miteinander ebenso niederzuschlagen wie in der Art ihrer musikalischen Zusammenarbeit. Das wiederum vermittelte Lennon das Gefühl einer nur noch weitergehenden Entwurzelung, während es ihm andererseits so vorkam, als sei er in der Beatle-Rolle gefangen.
Diese angespannte Atmosphäre war bestimmend für die Veränderung, die auf Lennons Begengung mit Yoko Ono folgte. In der öffentlichen Meinung steht sie häufig so da, als habe sie die Band auseinandergebracht. Tatsächlich war sie lediglich so etwas wie ein Rettungsanker, den das Geschick für Lennon ausgeworfen hatte und nach dem er griff. Schon seit die Beatles im Herbst 1966 ihr letztes gemeinsames Konzert gegeben hatten, war er auf der Suche nach einer geeigneten Möglichkeit, aus der Band auszusteigen. 134
Den übrigen Beatles und all den Journalisten, die das »Fab Four«-Image der Band gehegt und gepflegt hatten und an seiner Aufrechterhaltung interessiert waren, erschien Yoko wie ein eiskaltes Biest. Allerdings deuteten sie Yoko Onos Charakterzüge aus einer verzerrenden Wahrnehmungsperspektive, bei der nur das eigene Interesse eine Rolle spielte. Äußerlich betrachtet lief bei den Beatles nach wie vor alles wie sonst. Dass jetzt das eigentliche Zugpferd aus dem Gespann ausschert und sich davonmacht, war wirklich das Letzte, was sie wollten.
Für Lennon war Yoko Ono
die Antwort
. Emotional empfand er die Begegnung mit ihr wie eine Befreiung, körperlich fand er sie reizvoll und intellektuell anregend. Er verzehrte sich nach ihr – und sie sich nach ihm. Sie wurden untrennbar, symbiotisch. Damit aber verstieß er, so wurde Lennon bald klar, gegen ein ungeschriebenes Gesetz der Beatles: Sie waren vier »Kumpels«! Ihre Frauen spielten da lediglich eine untergeordnete Rolle und hatten zum inneren Kreis keinen Zugang.
Umso bestürzter waren die anderen, als sie feststellen mussten, dass sie rein gar nichts mehr nur mit ihm zusammen unternehmen konnten. Nicht der kleinste Schritt war mehr möglich, ohne dass Yoko an seiner Seite war. Noch mehr stieß er die anderen dadurch vor den Kopf, dass er Yoko ins Aufnahmestudio mitbrachte – bis dato ein Heiligtum, in dem die vier sie selbst sein und sich ganz dem musikalischen Schaffensprozess überlassen konnten. Yoko Ono, selbst Künstlerin und um einige Jahre älter als sie, begann nun zu dem, was sie im Studio gerade taten, unaufgefordert ihre Kommentare abzugeben: aus Sicht von George, Paul und Ringo ein absolutes Unding.
John erkannte sehr wohl, dass er den Status quo in den Grundfesten erschütterte. Wie schroff jedoch die Reaktion auf Yoko Ono ausfallen würde, damit hatte er keineswegs gerechnet. 1970 sagte er in einem Interview: »George ging im Apple-Office am Anfang so weit, ihr seine Beleidigungen ins Gesicht zu sagen, so einen Spruch wie: ›Also, ich will mal ganz offen sein, denn ich habe es von Dylan und ein paar anderen Leuten gehört, die mir gesagt haben, du hättest einen absolut miserablen Ruf in New York und würdest schlechte Stimmung ausstrahlen.‹ Das hat George wörtlich zu ihr gesagt und wir beide mussten uns das anhören. Und ich hab ihn nicht geohrfeigt. Warum, das weiß ich auch nicht. … Nur Ringo war in Ordnung und Maureen auch (Ringos damalige Ehefrau Maureen Cox Starkey). Aber die anderen beiden hatten keine Hemmungen uns gegenüber. Das werde ich ihnen niemals verzeihen.« 135
McCartney brachte seine Ablehnung auf subtilere Weise zum Ausdruck. Während sie im Studio waren, um »Get Back« aufzunehmen, stellte Lennon fest, dass Pauls Blick jedes Mal, wenn er sang: »Scher dich
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