John Lennon - across the universe - die spirituelle Biografie
geworden war, hatte einen weitreichenden Reinigungsprozess in Gang gesetzt. Der Körper – das ganze Nervensystem – war von Drogen und Alkohol entgiftet, die Lungen waren von frischer Luft durchströmt worden. Durch die sehr bekömmliche vegetarische Kost war er körperlich wiederhergestellt. Und die vielen Stunden Meditation jeden Tag hatten ihm neue Energie verschafft.
Eine schlagartig das Bewusstsein transformierende Erleuchtung jener Art, wie sie etwa dem Buddha unter dem Bodhi-Baum in Bodh Gaya zuteil geworden war, wollte sich hingegen nicht einstellen. Je mehr Wochen verstrichen, umso mehr begann er sich Gedanken zu machen. Sein Lebenswandel war nun nicht länger jener atemlosen Hektik unterworfen, der er als Beatle standhalten musste. Auf einmal hatte er die Freiheit und die nötige Freizeit, sein Leben, seine Beziehungen, sein Dasein als Künstler neu zu überdenken – sich darauf zu besinnen, wohin ihn das Leben eigentlich geführt hatte, und sich zu vergegenwärtigen, wo er in Wahrheit hinwollte.
Während seines Aufenthalts in der Abgeschiedenheit des Ashrams – mittendrin also in einem Lebensabschnitt, der ihm zu innerer Gelassenheit und zu einer geistigen Erneuerung verhelfen sollte und in dem er, ungewöhnlich genug, jeden Tag die Gelegenheit hatte, mit Ehefrau Cynthia zusammen zu sein – schrieb er »Yer Blues«. Im Text dieses Stücks wird ein Zustand tiefster Selbstentfremdung offenbar. Ganz unumwunden äußert er Suizidgedanken.
Als er wieder nach England zurückkehrte – das dem Maharishi gegebene Gelöbnis, von Drogen und vom Alkohol die Finger zu lassen, war nun nicht länger bindend für ihn – und erneut in den Sog dieses Strudels aus Ausschweifung und Verzweiflung geriet, fühlte er sich in Gedanken immer wieder zu der geheimnisvollen japanischen Künstlerin hingezogen, die gern an seiner Seite wäre.
Inzwischen waren Cynthia und Julian mit Alex Mardas und Jenny Boyd, der Schwester von Georges Ehefrau Pattie, nach Griechenland gereist. In Abwesenheit von Frau und Kind hat Lennon dann also in einer Mainacht zu später Stunde Yoko Ono angerufen und sie eingeladen, ihm in seinem Haus in Weybridge einen Besuch abzustatten. Als sie eintraf, nahm er sie mit hinauf in sein mit diversen Tonbandgeräten und anderem Equipment ausgestattetes kleines Heimstudio, um ihr eine experimentelle Klangcollage vorzuspielen, an der er gerade arbeitete. Als »Revolution 9« war diese Collage später auf dem neunten Studioalbum der Beatles, dem sogenannten
Weißen Album
, zu hören. Anschließend versuchten sich Lennon und Ono, da sie nicht recht wussten, was sie mit sich und der Situation anfangen sollten, an einigen musikalischen Improvisationen. Daran arbeiteten sie die ganze Nacht. Später wurden diese Improvisationen unter dem Titel
Two Virgins
als ihr gemeinsames Werk veröffentlicht: »Und im Morgengrauen«, berichtet Lennon, »haben wir dann auch miteinander geschlafen.« 154
In der besagten Nacht befand sich Pete Shotton ebenfalls im Haus. Als er am nächsten Morgen zum Frühstück kam, bat Lennon ihn um einen Gefallen – sich nach einem neuen Haus umzuschauen, das er kaufen könne. Shotton wollte wissen, warum. Lennons Antwort schockierte den alten Freund: Er habe den Entschluss gefasst, mit Yoko Ono in das neue Haus zu ziehen. »
Sie
ist es, Pete. Sie ist diejenige, auf die ich mein Leben lang gewartet habe.« 155
Schlagartig und unwiderruflich hat sich Lennons Leben verändert. Für ihn kam dies einer Wiedergeburt gleich. Seine vorherige Situation mochte, von außen betrachtet, den Anschein erwecken, er sei ein beneidenswerter Mensch. Er selbst jedoch hatte im Innersten das Gefühl, nicht mehr über das eigene Geschick bestimmen zu können.
Persönlich fühlte Lennon sich durch den beispiellosen Erfolg der Beatles völlig ausgezehrt. Unablässig musste er sich abstrampeln. Die aus den Plattenverträgen erwachsenden Verpflichtungen, die Erwartungen der Fans und der Medien ließen ihm kaum noch Spielraum. Und wenn er wirklich Hilfe benötigte, an wen sollte er sich da wenden? An seine Berater etwa? Oder an sonst jemanden aus seiner Entourage? Sie alle hatten ein handfestes Interesse, dass an seinem Image als Beatle John keinesfalls gekratzt wurde, und trugen das Ihre dazu bei, dass er sich wie ein Gefangener vorkam. »Der König wird von seinen Höflingen umgebracht, nicht von seinen Feinden. Man überfüttert ihn, verschafft ihm jede Menge Drogen, sorgt dafür, dass er total über die
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