John Lennon - across the universe - die spirituelle Biografie
keinen aufgebrachten Menschen mehr vor sich stehen, sondern eine Art Engel. 276
Vergleicht man diesen Ansatz mit den Empfehlungen an die US-Marines – die Vernichtung jeder Widerstand leistenden Person sei der einzig sichere Weg, Frieden im Irak zu schaffen –, könnte der Anschein entstehen, die von Lennon und Ono zum Ausdruck gebrachte Auffassung sei hoffnungslos naiv und für die Probleme der Welt völlig irrelevant.
Trifft das tatsächlich zu? Nun, haben denn Tausende von Jahren, in denen der »Feind« ausgelöscht worden ist, der Welt Frieden gebracht? Wenn man auf Wut seinerseits mit Wut reagiert, hat man dann eine friedliche Lösung auf den Weg gebracht?
Dem Vorschlag, den Kopf eines Menschen, der wütend auf uns ist, mit einem Heiligenschein zu umgeben, liegt eine radikale Veränderung der Perspektive zugrunde. Bezeichnen Sie es als innere Distanz zum Geschehen. Nennen Sie es Spiritualität. Nennen Sie es Unvernunft. An unserer »konkreten« Beziehung zu der betreffenden Person hat sich nicht unbedingt etwas geändert – gut möglich, dass sie nach wie vor wütend ist –, zumindest aber tragen wir nicht dazu bei, dass die Auseinandersetzung weiter eskaliert. Da die meisten Menschen nicht von Natur aus böswillig sind, ergibt sich so eine Möglichkeit, die negativen Emotionen abzubauen oder sie vielleicht sogar zu beseitigen.
Um jedoch nicht in den konditionierten Reflex zu verfallen, Wut mit einer ebenso wütenden Gegenreaktion zu beantworten, bedarf es des Perspektivwechsels. Wollen wir lernen, die Welt auf eine neue Weise wahrzunehmen, müssen wir uns innerlich wandeln.
Einen zwingenden Grund dafür gibt es andererseits nicht. Ebenso gut können wir beschließen, die Welt als ein Haifischbecken zu betrachten, in dem man vernünftigerweise einzig und allein auf das eigene Wohl bedacht sein sollte; und derjenige zu sein, der möglichst viel Spielzeug hat, wenn er stirbt, ist dann das Größte, was man in solch einer Welt erreichen kann. Suchen Sie sich ein Klischee aus.
In jedem Fall ist es aber eine
Entscheidung
, die wir treffen. Darüber sollten wir uns im Klaren sein. Wir alle wissen, dass die Welt in Wahrheit kein Haifischbecken ist (abgesehen vielleicht von gewissen Kreisen in Washington und Hollywood). Allerdings kann es leicht dahin kommen, dass die Menschen sich im Getriebe des Alltags aufreiben und dann impulsiv agieren und reagieren. Denn sie sind nicht nur hoch motiviert, sondern haben zugleich ihre menschlichen Unzulänglichkeiten.
Ebenso wie wir uns dafür entscheiden können, die Welt als ein Szenario anzusehen, in dem jeder gegen jeden kämpft, können wir uns dafür entscheiden, sie als ein sich anbahnendes Utopia anzusehen. Wie wir sie betrachten, hat einen Einfluss auf unser Handeln. Unser Handeln hat einen Einfluss auf die Menschen in unserem Umfeld. Daher stehen wir jeden Tag vor einer schlichten Wahl: Tragen wir dazu bei, eine Welt zu schaffen, die wir abscheulich finden, oder tragen wir zur Schaffung einer Welt bei, die uns mit Zufriedenheit erfüllt?
Klingt das nach den hohlköpfigen Gedankenspielchen eines Rockstars?
Schauen Sie sich nun das Beispiel einer schlichten Entscheidung an, die ein, wie man meinen könnte, eigentlich ziemlich unbedeutender Mensch getroffen hat. Nach einem kräftezehrenden Arbeitstag als Näherin in einem Warenhaus ließ Rosa Parks sich am 1. Dezember 1955 erschöpft auf den Sitz eines Autobusses in Montgomery, Alabama, sinken. Wenig später wurde sie aufgefordert, den Platz für einen weißen Mann frei zu machen. Das Gesetz war auf seiner Seite. Als Farbige, so besagten es die städtischen Beförderungsbedingungen jener Zeit, habe sie sich entweder in den hinteren Teil des Busses zurückzuziehen oder während der Fahrt zu stehen und den Sitzplatz dem Weißen zu überlassen.
Rosa Parks war jedoch davon überzeugt, das Gesetz sei ungerecht, und sie hatte es satt, angesichts dieser Diskriminierung stets klein beizugeben. Daher blieb sie einfach weiter auf dem Platz sitzen, bis schließlich die Polizei gerufen wurde, sie festnahm und abführte.
Nun nahmen sich örtliche Bürgerinitiativen und afroamerikanische Kirchengemeinden ihrer Sache an. Sie organisierten einen Boykott der städtischen Busse, pochten auf gleiche Rechte und auf einen höflichen Umgang mit sämtlichen Bürgern von Montgomery; ferner auf die Beschäftigung auch von schwarzen Busfahrern. Der Boykott sollte sich länger als ein Jahr hinziehen. Bei den Einnahmen aus dem
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