John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung
gar nicht. Aber glaub mir eins: Das Einzige, was für mich zählt, ist, dieses Gebäude in die Luft zu jagen und uns alle sicher nach Hause zu bringen.«
»Wie willst du uns nach Hause bringen? Wir trennen uns doch sowieso.«
»Indem ich alles ordentlich vorbereite, jedes nur mögliche Problem in Betracht ziehe und entsprechende Lösungsmöglichkeiten einplane.«
»Du kannst nicht alles voraussehen.«
»Aber ich kann’s versuchen. Genau deshalb krieg ich ja schon graue Haare: Ich zerbreche mir Tag und Nacht den Kopf.«
Seine Haare waren ebenso dunkel wie die ihren, kein einziges graues Härchen in Sicht. Er besaß also einen eher trockenen Sinn für Humor. Hm. Sie wünschte, er hätte ihn ihr nicht gezeigt. Sie wünschte, es wäre alles beim Alten geblieben. Warum hatte er das Schweigen zwischen ihnen gebrochen? Und warum ausgerechnet jetzt?
» Wir sind drin. «
Sie fuhr herum, als die geflüsterten Worte deutlich aus dem Lautsprecher drangen. Fassungslos schaute sie auf die Uhr; dreißig Minuten waren vergangen, seit sie zum letzten Mal geschaut hatte. Sie war so auf ihr Duell mit Tucker konzentriert gewesen, dass sie ihre Sorgen ganz vergessen hatte.
Jetzt wurde ihr blitzartig alles klar: Deshalb also tat er das. Er wollte sie ablenken und benutzte dazu das einzige Thema, von dem er wusste, dass sie es nicht ignorieren konnte.
Tucker war bereits am Funkgerät, setzte sich den Kopfhörer auf. »Irgendwelche Probleme?«
»Negativ. «
Das war alles, nur vier geflüsterte Worte, aber es war die Stimme ihres Mannes, und da wusste Niema, dass, zumindest im Augenblick, alles in Ordnung war. Sie lehnte sich zurück und konzentrierte sich ganz aufs Atmen, ein, aus, ein, aus, immer schön regelmäßig.
Es gab nichts, womit Tucker sie jetzt noch hätte ablenken können, außer vielleicht mit Gewalt, also ließ er sie in Ruhe. Abermals überprüfte sie die Anschlüsse, obwohl sie wusste, dass sie tadellos waren. Sie wünschte, sie hätte den Zünder nochmals überprüft, bloß um ganz sicher zu sein. Nein – sie wusste, dass alles perfekt funktionierte. Und Dallas wusste, was er tat.
»Hat Dallas dir je von seiner Ausbildung erzählt?«
Sie schoss einen ungehaltenen Blick auf Tucker ab. »Ich brauche jetzt keine Ablenkung mehr. Danke für vorhin, aber nicht jetzt, bitte.«
Ein kurzes Hochziehen der Brauen verriet seine Überraschung. »Dann hast du’s also gemerkt«, sagte er leichthin, und sie fragte sich daraufhin sofort, ob es tatsächlich seine Absicht gewesen war, sie abzulenken. Tucker war derart schwer zu fassen! Immer wenn man glaubte, jetzt hatte man ihn, dann fragte man sich schon, ob es nicht genau das war, was er wollte, das man glaubte. »Ich frage das echt nur, um mich selbst zu versichern. Weißt du Bescheid über sein Training?«
»Dass er BUD/S gemacht hat? Ja, das weiß ich.« BUD/S war die Abkürzung für Basic Underwater Demolition/SEAL Training, eine derart grausame Sondereinsatzausbildung, dass nur ein winziger Prozentsatz der Kandidaten überhaupt durchkam.
»Aber er hat dir nicht gesagt, was man da genau macht, oder?«
»Nein, nicht genau.«
»Dann glaub mir, Dallas kann Dinge, von denen ein normaler Mensch nicht mal träumen würde.«
»Ich weiß. Und – danke. Aber er ist trotzdem ein Mensch, und Pläne können schief gehen …«
»Das weiß er. Die andern auch. Darauf sind sie vorbereitet.«
»Wieso wollte er nicht, dass du reingehst?«
Tucker zögerte unmerklich, bevor er antwortete. »Egal, was er behaupten mag, Dallas glaubt nicht, dass ich so gut bin wie er«, sagte er dann mit trockenem Humor.
Sie glaubte ihm nicht. Zum einen respektierte Dallas ihn viel zu sehr. Zum anderen war da diese winzige Pause vor seiner Antwort, die ihr verriet, dass er überlegt hatte, und das bei einer Frage, die normalerweise keiner Überlegung bedurfte.
Wer immer er sein mochte, was immer er zu verbergen hatte, Niema akzeptierte die Tatsache, dass sie von ihm keine bessere Antwort bekommen würde. Wahrscheinlich war er einer von diesen paranoiden James-Bond-Verschnitten, von denen man ständig las, die überall Feinde und andere Spione witterten und die, wenn man sie fragte, ob sie glaubten, dass es morgen regnete, überlegten, was man wohl im Schilde führte, das schlechtes Wetter erforderte.
Sayyeds Stimme kam flüsternd aus dem Funkgerät. »Es gibt Probleme. Im Lager wird gearbeitet. Siebt so aus, als würde ein Versand fertig gemacht. «
Tucker fluchte. Er war mit einem Mal hoch
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