John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes
Missverständnis.«
»Sie sind kein Iraker. Beleidigen Sie mich nicht.« Der namenlose Mann lächelte kurz und kalt. »Zum letzten Mal. Wie heißen Sie?«
»Das habe ich Ihnen schon gesagt«, erklärte Farouk so aufrichtig wie möglich. »Hussein.«
»Wollen Sie wieder in das Loch zurückgehen?«
Nur das nicht, dachte Farouk. Bitte nicht. Er schluckte schwer und versuchte, Haltung zu bewahren, während sein Vernehmer eine weitere Marlboro aus dem Päckchen auf den Tisch klopfte.
»Wollen Sie in das Loch zurückgehen? Ja, oder nein?«
»Natürlich nicht«, sagte Farouk. »Aber mein Name ist Hussein. « Solange er ruhig blieb, konnte er diesen Amerikaner überlisten.
Jetzt, sagte sich Saul. Zeig diesem Mistkerl, wer hier das Sagen hat. Damit öffnete er den Ordner. »Sie heißen Farouk Khan«, begann er. »Sie wurden 1954 in Peschawar in Pakistan geboren. Sie haben als Austauschstudent die Universität von Delft in den Niederlanden besucht. Sie haben ein Bakkalaureat in Physik und später einen höheren akademischen Grad erworben. Nach Ihrer Rückkehr nach Pakistan wurden Sie von Ihrer Regierung angestellt.«
Farouk hatte den Fehler begangen, einen pakistanischen Pass zu verwenden, wenn auch auf einen falschen Namen, dachte Saul. Dadurch war es dem pakistanischen Geheimdienst gelungen, ihn zu identifizieren. Er hatte daraufhin der Task Force 121 seine Vergangenheit in groben Zügen preisgegeben. Die Pakistani sprachen nicht gern über ihr Atomwaffenprogramm. Nicht einmal mit den USA. Aber in diesem Fall war ihr Schweigen kein Problem. Sobald die CIA Farouks richtigen Namen kannte, grub sie genug Informationen für ein psychologisches Profil von ihm aus. Farouk sollte glauben, dass sie alles über ihn wüssten und dass Lügen reine Zeitvergeudung sei. Es gab keine bessere Ausgangsbasis, als wenn der Vernehmungsbeamte dem Befragten allwissend und allmächtig erschien.
Als der Mann zu lesen begann, fuhr Farouk hoch. Nur mit Mühe gelang es ihm, einen Würgereiz zu unterdrücken. Wie konnte der Amerikaner all dies wissen?
»Ich heiße Hussein«, wiederholte er verzweifelt.
Augenblicklich hörte der Mann mit dem Spitzbart zu lesen auf, erhob sich und versetzte Farouk einen Schlag ins Gesicht. Farouk schrie erschrocken und schmerzerfüllt auf. Wie konnte er es wagen, ihn wie eine Frau zu schlagen? Das war untragbar. Im Grunde wusste Farouk jedoch, dass er für seine dumme Lüge die Strafe verdiente.
»Seien Sie kein Narr. Ihr Name ist Farouk Khan. Im Jahr 2000 haben Sie Ihren Job bei der Regierung verloren. Würden Sie mir sagen, warum?«
Farouk schwieg.
»Einerlei. Ich weiß es ohnehin«, fuhr der Mann fort, während er einen Schritt zurücktrat und sich eine Zigarette anzündete. »Sie sind einen Meter vierundsiebzig groß und wiegen einhundertfünf Kilogramm. Ihr Puls liegt bei etwa neunzig Schlägen pro Minute. Ihr Blutdruck ist einhundertsiebzig zu einhundertzehn. Sie sind in miserabler Verfassung und haben schlecht auf den Stress reagiert, dem Sie bisher ausgesetzt wurden. Und das war nur die geringste Stufe.«
»Allahu akbar«, murmelte Farouk zu sich. Plötzlich schien das gesamte Blut aus seinem Körper gewichen zu sein, und er konnte nichts dagegen tun, dass er zitterte.
Der namenlose Vernehmungsbeamte zog kräftig an seiner Marlboro. »Ja, Gott ist groß«, bekräftigte er. »Aber Gott hat mit dem hier nichts zu tun.« Dann beugte er sich über den Tisch zu Farouk, wobei er die Zigarette dicht vor das Gesicht des Gefangenen hielt. »Farouk, Sie sind doch ein kluger und gebildeter Mann. Sie wissen, dass die USA ein Gefangenenlager in Guantanamo Bay besitzt«, sagte er und wartete.
»Ja«, krächzte Farouk.
»Und es ist auch kein Geheimnis, dass die Häftlinge in Guantanamo gut behandelt werden. Sie erhalten täglich drei Mahlzeiten und dürfen ungehindert beten. Haben Sie vielleicht auch davon gehört, dass sie Rechtsanwälte haben?«
»Ja.«
»Aber Sie werden nicht nach Guantanamo kommen.«
Der namenlose Mann schob das glühende Ende seiner Zigarette auf Farouks Auge zu.
»Nein.« Verzweifelt blinzelnd, fuhr Farouk in seinem Stuhl zurück und versuchte, etwas anderes anzusehen, als die bernsteinfarbene Glut kaum fünf Zentimeter von ihm entfernt.
»Es freut mich, dass Sie mir zustimmen. Nein, Sie kommen nicht nach Guantanamo.« Damit nahm der Mann einen letzten Zug von der Zigarette, dämpfte sie auf der Tischplatte aus und schnipste sie weg. »Ich will Ihnen nicht wehtun, Farouk«,
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