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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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flüchtig, ohne dass er ihre Namen hätte nennen können. Er wusste nur, dass sie in den Bergen lebten und zur zweiten Garnitur von Osamas Leibwächtern zählten.
    »Salam aleikum, Jalal«, grüßten sie, wobei sie die Hand an die Brust legten.
    »Aleikum salam.«
    »Ich heiße Schihab«, sagte der Kleinere.
    »Bassim«, stellte sich auch der Größere der beiden vor, den Wells noch überragte. Seine Schuhe waren aus Leder und sein Kaftan strahlend weiß; das Leben in den Bergen schien sich gebessert zu haben. Vielleicht lebte Osama mittlerweile aber auch in einem Dorf.
    »Allahu akbar«, erwiderte Wells.
    »Allahu akbar.«
    »Der Mudschaddid ersucht dich, mit uns zu kommen«, erklärte Bassim. Mudschaddid bedeutete Reformer und bezeichnete einen von Allah gesendeten Mann, der die islamische Erneuerung anführen sollte. Bin Laden war also der Mudschaddid.
    »Gern.« Ein altersschwacher Toyota Crown stand hinter den beiden Männern. Da dies das einzige Auto im Dorf war, das Wells nicht kannte, musste es ihres sein. Als er zu dem Auto hinübergehen wollte, zog ihn Bassim fort.
    »Er bittet dich, deine Sachen zu packen, und zwar alles, was du besitzt und behalten willst.«
    Wells nickte bloß knapp, obwohl diese Aufforderung für ihn unerwartet kam. »Das wird nicht allzu lang dauern«, sagte er. Gemeinsam gingen sie durch eine Nebenstraße zu der Ziegelhütte, in der Wells mit drei anderen Dschihadis lebte.
    In der Hütte saß nur Naji, ein junger Jordanier, der in den
Bergen Wells’ bester Freund geworden war. Er blätterte in einer abgegriffenen Zeitschrift, auf deren Umschlag Imran Khan abgebildet war, ein berühmter pakistanischer Kricketspieler, der Politiker geworden war. Auf einem kleinen Stahlofen in der Ecke summte ein Kaffeekessel.
    »Jalal, hast du schon Sponsoren für uns gefunden?«, erkundigte sich Naji. Seit Monaten scherzten Naji und Wells darüber, mit Unterstützung großer Firmen eine Kricketmannschaft für die Al-Quaida auf die Beine zu stellen. Einen Slogan für die Mannschaft hatten sie auch schon: »Die Dschihadis werden euch vom Platz fegen.« Mit keinem anderen seiner Männer hätte sich Wells derartige Scherze erlaubt. Aber Naji war gebildeter als die meisten Dschihadis. Er war in der jordanischen Hauptstadt Amman aufgewachsen, die im Vergleich zu diesem Dorf ein wahres Paradies war. Außerdem hatte Wells im letzten Sommer Naji das Leben gerettet, indem er den Jordanier wieder zusammenflickte, nachdem ihn die afghanische Polizei an einem Grenzposten angeschossen hatte. Seit damals sprachen die beiden Männer offen über das enttäuschende Leben in der Nordwestprovinz.
    »Noch nicht, aber bald«, gab Wells zurück.
    Wells’ Katze Hamra strich um seine Beine und sprang dann auf die dünne graue Decke, die auf seinem schmalen Bett lag. Ihren Namen verdankte die magere Streunerin, die er vor zwei Jahren gefunden hatte, ihrem roten Fell, denn das arabische Wort hamra bedeutete »rot«. Eigentlich hatte sie ihn erwählt. An einem Wintermorgen war sie ihm kläglich miauend durch das Dorf gefolgt und hatte sich auch nicht vertreiben lassen, als er sie anschrie. Da er es nicht ertrug mit anzusehen, wie sie verhungerte, hatte er sie aufgenommen, ungeachtet der Warnung der Dorfbewohner, dass aus einer Katze zehn würden.

    »Hallo, Hamra«, sagte er, während er sie rasch tätschelte, ehe Bassim die Hütte betrat. Schihab, der ihm folgte, murmelte etwas zu Bassim, das Wells nicht hören könnte.
    »Bassim und Schihab. Naji«, stellte Wells vor.
    »Marhaba«, sagte Naji. Hallo. Schihab und Bassim ignorierten ihn.
    »Bitte nehmt euch doch Kaffee«, forderte Wells seine Begleiter auf.
    »Wir müssen rasch aufbrechen«, gab Bassim zurück.
    »Naji, kannst du uns einen Augenblick allein lassen?«
    »Bist du sicher?«, fragte Naji mit einem Blick auf Bassim und Schihab.
    »Nam.«
    Als Naji hinausging, hielt ihn Wells noch kurz zurück, während er Hamra mit den Fingern durch das Fell am Kopf strich. »Pass auf sie auf, wenn ich weg bin.«
    »Wann wirst du zurückkommen, Jalal?«
    Wells schüttelte bloß den Kopf.
    »Dann also Hamdulillah«, sagte Naji. Preis sei Gott, ein traditioneller arabischer Segen. »Masalama.« Der Friede sei mit dir, der traditionelle Abschied.
    »Hamdulillah.« Nach einer kurzen Umarmung verließ Naji die Hütte.
     
    Bassim und Schihab beobachteten Wells, während er einen Seesack unter seinem Lager hervorzog. In ihn stopfte er die wenigen abgetragenen Kleidungsstücke, die er

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