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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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Dourant konnte hier vollkommen ungestört arbeiten.
     
    Wie viele andere Araber, die in Montreal lebten, kam Tarik aus Frankreich. Er war im Norden von Paris aufgewachsen, in Saint-Denis, einem von etwa einem Dutzend heruntergekommenen Vororten, in denen die französische Regierung all jene muslimischen Einwanderer unterbringt, die sie nicht will, aber auch nicht abschieben kann.
    Selbst gemessen an den trostlosen Verhältnissen von Saint-Denis hatte Tarik eine elende Kindheit. Seine Mutter Khalida war eine Krankenschwester aus Algerien, und sein Vater Charles ein französischer Klempner, dessen Verlangen nach Khalida an dem Tag endete, als er sie schwängerte. Als sich Khalida weigerte abzutreiben, versuchte Charles, durch Schläge eine Fehlgeburt herbeizuführen. Ohne Erfolg. Allerdings war Khalida durch die Misshandlungen fast vollständig erblindet. Sie gab ihren Job auf und lebte von da an mit Tarik von ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente. Im Lauf der Jahre wurde sie von Schmerztabletten abhängig, erst nur, um schlafen zu können, und später, um überhaupt über den Tag zu kommen. Als Tarik siebzehn Jahre alt war, starb sie an einer Überdosis Morphium, was offiziell als Unfall gewertet wurde. Charles hingegen behandelte das französische
Rechtssystem mit überraschender Nachsicht. Nach nur zwei Jahren Gefängnis war er wieder frei.
    Ungeachtet des traurigen Schicksals seiner Mutter hatten die Kinder aus dem Viertel kein Mitgefühl für Tarik. Im Gegenteil. Obwohl er seinen Vater nie gesehen hatte, verachteten sie ihn als Franzosen. Seine Situation besserte sich auch nicht dadurch, dass er klein war und lieber las, als Fußball spielte. Die Krankenschwester und der Klempner hatten ein kleines Genie zustande gebracht, dessen naturwissenschaftliches Talent bereits im Kindergarten sichtbar wurde. Schon bald wurde die französische Erziehungsbürokratie auf ihn aufmerksam. Als Teenager besuchte Tarik das Lycée Louis-le-Grand, das zu den besten Mittelschulen Frankreichs zählte. Und auch dort zeichnete er sich durch herausragende Leistungen in Physik und Biologie aus. Je besser Tariks Noten wurden, desto größer wurde auch sein Elend. Denn die reichen weißen Schüler des Louis-Le-Grand bemühten sich erst gar nicht, ihre Abneigung gegenüber dem armen Araber in ihrer Mitte zu verbergen. Gleichzeitig verachteten ihn die Kids in Saint-Denis als Verräter, beschimpften ihn als »Superhirn« und »kleiner Prinz« und zerrissen seine Hausarbeiten. Seinen absoluten Tiefpunkt erlebte er an seinem vierzehnten Geburtstag. Niemand, nicht einmal seine eigene Mutter, erinnerte sich daran, dass er Geburtstag hatte.
    Eine Woche später schrieb sich Tarik im muslimischen Gemeinschaftszentrum ein, das nur wenige Häuserblöcke von seiner Wohnung entfernt war, um dort Arabischstunden zu besuchen. Zu seiner Überraschung wurde er dort von allen Seiten zum Studium ermuntert. Wenige Wochen später besuchte er bereits jeden Morgen eine nahe gelegene Moschee. Etwas später wechselte er in eine andere, ein wenig radikalere Moschee. Doch überall akzeptierten die Gläubigen
seine Gebete. Zum ersten Mal in seinem Leben gehörte er dazu.
    Als Khalida starb, hatte sich Tarik bereits mit Leib und Seele dem Islam verschrieben. Er hasste seinen Vater, Frankreich und den Westen, für alles, was sie seiner Mutter angetan hatten, und er hasste seine Mutter für das, was sie ihm angetan hatte. Mittlerweile wünschte er sich nichts sehnlicher, als nach Afghanistan zu reisen und sich dem Dschihad anzuschließen. Aber die Imams wollten ihn nicht ziehen lassen. Sie bestanden darauf, dass er seine Studien fortsetzte.
    Kämpfer hatten sie genug. Was sie brauchten, waren Wissenschaftler.
     
    Tarik tat, was man ihm auftrug. Nach dem Grundstudium der Molekularbiologie an der Universität von Paris verließ er Frankreich und ging nach Kanada. Hier hatte er sich für das Doktorratsstudium der Mikrobiologie an der McGill-Universität im Zentrum von Montreal eingeschrieben. Seine Studienberater hielten ihn für fleißig und gewissenhaft, merkten jedoch an, dass sein zweites Jahr weniger erfolgreich verlaufen war als das erste. Aber so etwas kam vor. Nicht jedem gelang der Sprung zum Doktorratsstudium. Vielleicht hatten Tariks Professoren in Frankreich sein Potenzial auch künstlich in die Höhe getrieben, weil Araber in den Naturwissenschaften kaum vertreten waren.
    Die Professoren der McGill-Universität täuschten sich jedoch. Tarik war zumindest so klug,

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