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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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wie seine Zeugnisse versprochen hatten. Nur konnte er den Übungsveranstaltungen nicht seine volle Aufmerksamkeit widmen, denn im Keller des anonymen grauen Hauses verfolgte er sein eigenes Projekt.

    PEST.
    Bei Nichtwissenschaftlern rief dieses Wort Visionen vom Jüngsten Tag, Krankheit und Tod hervor. Für Biologen hatte das Wort eine spezifischere Bedeutung: Yersinia pestis, die wissenschaftliche Bezeichnung jenes Bakteriums, das die Pest hervorrief, die man auch als Schwarzen Tod bezeichnete. Im Mittelalter war die Pest die furchterregendste Krankheit, noch erschreckender als die Pocken. Zur Mitte des 13. Jahrhunderts starben zehn Millionen Menschen in Europa, nachdem sie von pestinfizierten Flöhen gebissen worden waren. Das war ein Drittel der Bevölkerung des Kontinents.
    »Das Leiden der Menschen war jämmerlich anzusehen«, schrieb ein Italiener in Erinnerung an die verheerende Seuche. »Viele starben auf offener Straße, andere in ihren Häusern, wobei man erst durch den Gestank ihrer verwesenden Leichen auf ihren Tod aufmerksam wurde.« Eine weitere Epidemie nahm um 1890 in China ihren Anfang und dauerte eine Generation lang. Zwölf Millionen Menschen fanden den Tod.
    Seit jenen Zeiten war die Pest größtenteils aus Europa und den USA verschwunden, dank der besseren sanitären Zustände und den intensiven Bemühungen, Ratten und Flöhe auszurotten. Dennoch hielt sich der Y.-pestis -Erreger weiterhin in der Natur und infizierte jährlich mehrere Tausend Menschen. Heute gilt die Aufmerksamkeit der Medien vor allem exotischen Viren wie dem Ebola-Virus, während die Pest nach wie vor mehr Opfer fordert.
    Beim Menschen ruft Y. pestis verschiedene Krankheitsbilder hervor. Das bekannteste ist die Beulenpest. Sie beginnt mit Schüttelfrost, auf den Fieberspitzen von bis zu 41 Grad folgen. Während das Immunsystem verzweifelt versucht, das Y.-pestis -Virus im Körper zu bekämpfen, erreichen die
geschwollenen Lymphknoten – auch Bubonen genannt – mitunter die Größe von Basebällen. Die Betroffenen überfällt eine so tief greifende Müdigkeit, dass es vielen einerlei ist, ob sie leben oder sterben. Im finalen Stadium der Krankheit verursacht die Explosion des Y. pestis -Virus im Blutkreislauf einen septischen Schock. Die Blutungen unter der Haut, und vor allem an Armen und Beinen, nehmen eine dunkle, bläulichschwarze Färbung an – das charakteristische Merkmal des Schwarzen Todes.
     
    Der Schwarze Tod ist jedoch nicht die gefährlichste Form der Pest. Denn die Beulenpest ist nicht von Mensch zu Mensch übertragbar, und einige Opfer erholen sich sogar ohne Behandlung. Die wahre Bedrohung stellt der Rote Tod dar, die Lungenpest, denn bei dieser Krankheit infiziert das Y. pestis -Virus die Lungen. In der warmen, feuchten Umgebung reproduziert sich der Krankheitserreger mit erschreckender Geschwindigkeit.
    Eine infizierte Person bemerkt zunächst etwas Fieber, Kopfschmerzen und einen leichten Husten – alltägliche Ärgernisse. Innerhalb weniger Stunden übernimmt jedoch das Y. pestis -Virus die Kontrolle. Die Kopfschmerzen steigern sich von einem leichten Ärgernis zu unerträglichen Qualen. Der Husten wird zu einer sich aufschaukelnden Lungenentzündung. Während sich die Lungen mit Bakterien füllen und das Herz mühsam das Blut weiterpumpt, legt sich Schmerz wie ein Schraubstock um die Brust. Der Kranke spuckt zuerst wässrigen, dann lockeren Schleim und schließlich schwere Blutklumpen.
    Innerhalb von 48 Stunden hat eine mit dem Roten Tod infizierte Person selbst mit Beatmungsgerät und intravenös verabreichten Antibiotika eine Überlebenschance von weniger
als fünfzig Prozent. Ein nicht behandelter Kranker stirbt innerhalb weniger Tage durch Schock oder Ausfall der Atmungsfunktion. Während sich seine Lunge mit Blut füllt, hustet er sich zu Tode. Die Wahrscheinlichkeit, Lungenpest ohne Behandlung zu überleben, ist ebenso groß, wie im Lotto zu gewinnen.
    Schlimmer noch. Denn infizierte Personen versprühen bei jedem Hustenanfall Wolken von Y. pestis -Bakterien, sodass sich die Krankheit rasch von Mensch zu Mensch verbreitet. Und obwohl diese Form der Pest mit Hilfe moderner Antibiotika gestoppt werden kann, wenn sie frühzeitig entdeckt wird, gibt es noch keine Impfung gegen das Virus. Im Grunde ist das Y. pestis -Virus jedoch selbst sein schlimmster Feind. Wie das Ebola-Virus tötet auch die Lungenpest ihren Wirt, sodass sie sich unter normalen Umständen nicht allzu weit verbreiten kann, was die

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