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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berenson
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sonst rufe ich die Cops.«
    Mit beschwichtigend erhobenen Händen stieg Wells langsam die Treppe hinunter.
     
    Auf der gesamten Heimfahrt über den Buford Highway sah Wells kein einziges anderes Auto. Er fühlte sich so leer, wie die Straße unter seinen Reifen. Außerdem verstand er nicht, was er eben getan hatte. Wenn Nicole oder Craig tatsächlich die Cops riefen, steckte er in ernsten Schwierigkeiten. Aber es hatte schon früher begonnen. Er hätte sie nie in das Billardlokal mitnehmen dürfen. Einige der Männer dort kannten ihn vom Parkplatz. Verdammt. So viel zu seinem Vorsatz, unsichtbar zu bleiben.
    Aber sie würden sicher nicht die Polizei rufen. Craig würde nicht eingestehen wollen, wie vernichtend er geschlagen worden war. Und Nicole wollte nichts anderes, als dass beide Männer verschwänden. Die Cops waren also nicht das Problem. Er war das Problem. Nicole hatte nicht die Gewalt erschreckt – oder zumindest nicht nur die Gewalt – denn sie hatte im Rusty Nail sicher schon einige Kämpfe miterlebt. Ihr hatten vor allem seine Kaltblütigkeit und Effizienz Angst gemacht. Diese Leute, diese Zivilisten, sie verstanden es einfach nicht. Selbst wenn er versuchte, es ihnen zu erklären,
wäre es bloß Zeitverschwendung. Allerdings durfte er nicht vergessen, dass dies kein Krieg war. Dies war Amerika.
     
    Sobald er an den Straßenrand gefahren war, griff er nach seinem Wertkartentelefon, das er in Tennessee gekauft hatte. Er würde es nach diesem Anruf wegwerfen und morgen ein neues kaufen.
    »Hallo?«, meldete sich Exley mit verschlafener Stimme.
    »Jennifer?«
    »Wer spricht da?« Dann erkannte sie die Stimme. »John?«
    »Ja.«
    »Himmel, wo bist du?«
    »Ich muss dich sehen.«
    »Ja, das können wir machen.«
    »Wir? Wer ist wir?«
    »Ich meinte … nur dich und mich. Das ist alles.«
    »Vergiss es.«
    »Steckst du in Schwierigkeiten?«
    »Nein, ich stecke nicht in Schwierigkeiten. Aber sag mir eines: Woher weiß ich, wann ich zu weit gegangen bin?«
    »Das wirst du selbst wissen, John.« In ihrer Stimme lag eine Zuversicht, die er nicht erwartet hatte. »Ich vertraue dir.«
    »Ich weiß nicht, wie lange ich noch so weitermachen kann.«
    »Wie weitermachen?«
    Er schwieg.
    »Warum kommst du nicht her, damit wir darüber reden ?«
    »Weil ihr mich nie wieder gehen lassen würdet.«
    »John …«
    Wells legte auf.

    Als er am nächsten Morgen in der Bücherei von Doraville seinen E-Mail-Account kontrollierte, fand er zum ersten Mal in seinem Posteingang eine Nachricht von BigBoyK2@hot-mail. com. »Hartsfield, 11.45 Uhr, 9/19, DL561. Bestätigung an diese Adresse.« Wells drückte, so schnell er konnte, auf den Antwortknopf. Eine seltsame Dankbarkeit gegenüber Khadri erfüllte ihn. Nun hatte er zumindest etwas, auf das er warten konnte. Etwas, auf das er seine Wut lenken konnte.

8
    Montreal, Quebec
    Das Haus sah aus wie jedes andere. Ein kleines zweigeschossiges Gebäude, in Holzbauweise errichtet, dessen grauer Anstrich nach zu vielen Jahren ohne Ausbesserungen an den Ecken abblätterte. Es stand in einer ruhigen Seitenstraße des Saint-Laurent Boulevard, wo sich das Zentrum der muslimischen Gemeinde Montreals befand. Von den Nachbarhäusern war es durch ein paar Meter kurz geschnittenen Rasen getrennt.
    Einem aufmerksamen Beobachter wäre vielleicht aufgefallen, dass in dem grauen Haus weniger Menschen wohnten, als in den anderen Häusern der Umgebung. Keine Kinder. Nur ein Mann und seine Frau. Beide mit der für Araber typischen hellbraunen Hautfarbe. Aber es war kein Verbrechen, keine Kinder zu haben. Ein Beobachter hätte sich vielleicht gefragt, warum die Fensterläden des Hauses stets geschlossen waren, selbst in den Sommernächten, wo es nichts Angenehmeres gab, als die Fenster offen zu lassen, um die Brise zu fühlen, die vom Saint Lawrence River aufstieg. Aber auch in vielen anderen Häusern der Umgebung blieben die Fensterläden geschlossen. Immerhin legten muslimische Frauen großen Wert auf Privatsphäre.
    Ein sehr genauer Beobachter hätte sich vielleicht gefragt,
ob man in dem Haus illegalen Geschäften nachging. Denn der Mann trug oft schwere Kartons von seinem Minivan zur Haustür. Üblicherweise erfolgten diese Lieferungen kurz nach Sonnenaufgang, wenn die Straßen noch verlassen waren. Aber wie Kinderlosigkeit war es kein Verbrechen, den Tag früh zu beginnen.
    Was ein Beobachter bemerkt hätte, war gänzlich irrelevant und nichts als Vermutung. Denn niemand beobachtete das Haus. Tarik

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