John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
ist, gesagt, wohin er mit Ihnen gehen wollte?«
Janice ließ sich auf das Sofa plumpsen und steckte einen Finger in den Mund wie eine ungezogene Vierjährige. »Nicht, dass ich mich erinnere. Nein.«
»Irgendetwas über Asien? Oder China?«
»Er mochte die Chinesen nicht sehr. Er nannte sie Schlitzaugen und Reisfresser und sagte, dass man ihnen nicht trauen kann.«
»Hat er je irgendjemanden nach Hause mitgebracht? Ich meine, einen ungewöhnlichen Besucher, jemanden, den er nicht vorgestellt hat?«
Janice griff nach einer offenen Weinflasche auf dem Tisch. Sie goss sich den Inhalt in ein schmutziges Glas und nahm einen tiefen Schluck. »Nein. Wir haben nicht allzu viele Freunde, nicht, seit wir hierher gezogen sind, nicht, seit unser Sohn gestorben ist.«
»Ihr Sohn …«
Aber in diesem Augenblick rief Wells aus dem Badezimmer. »Jenny. Das musst du sehen.«
Janice folgte, sodass sie sich nun zu dritt in dem Badezimmer drängten und den schwarzen Safe anstarrten.
»Kennen Sie die Kombination?«, fragte Wells Janice.
»Ich habe doch nicht einmal gewusst, dass er hier ist«, gab Janice zurück. »Ich schwöre es.«
»Wir sollten Tyson anrufen, damit er jemanden schickt, der ihn öffnet«, meinte Wells. »Auch wenn es egal ist, denn er ist sowieso leer.«
Janice verzog die Lippen zu einem Schmollmund, den Exley bereits kannte. In Kürze würde sie wieder zu weinen beginnen. Das alles war zu viel für sie.
»Kommen Sie, wir wollen hinübergehen.« Exley führte
Janice zurück zum Sofa. »Hat Keith Geld im Haus aufbewahrt. Hat es so ausgesehen, als würden Sie mehr ausgeben, als er verdiente?«
»Er hat mir nie viel über unsere Finanzen gesagt. Er hat mir einfach ein paar Tausender pro Monat für den Einkauf gegeben. Wenn ich mir ein Kleid oder etwas anderes wünschte, war er großzügig. Ich vermute, man könnte sagen, dass wir eine altmodische Ehe geführt haben. Er hat das Geld verdient und ich habe den Haushalt geführt.«
»Haben Sie je Briefe von Banken gesehen, die Sie nicht kannten? Irgendetwas aus dem Ausland?«
»Ein- oder zweimal. Aber das ist Jahre her. Dann hat es aufgehört. Ich glaube, er hatte ein Postschließfach. Er tat immer so geheimnisvoll.« Janice setzte die Weinflasche an den Mund. »Ich habe immer geglaubt, dass es etwas mit seiner Freundin zu tun hat. Er mag Stripperinnen. Ich habe so getan, als wüsste ich es nicht, aber natürlich habe ich davon gewusst.«
»Männer sind Schweine.« Exley tätschelte Janice die Hand. Das war ein Fehler. Janice zuckte zurück.
»Woher wollen Sie das wissen? Sie haben mich doch auch belogen? Sie sind ja nicht einmal verheiratet.« Wieder begann sie zu weinen. Und diesmal schnitten ihre Tränen durch die frisch aufgetragene Mascara und zeichneten schwarze Striemen auf ihren Wangen. Sie griff nach einem verwendeten Papiertaschentuch und trocknete sich damit das Gesicht.
»Ich war es. Ich war verheiratet.« Exley wusste nicht, warum es plötzlich für sie wichtig war, sich zu verteidigen.
»Wohl geschieden, hm? Das werde ich auch bald sein.« Janice erhob sich. »Himmel. Sehen Sie sich das hier an. Sehen Sie sich mein Leben an.« Sie taumelte auf die Treppe zu.
»Tun Sie, was Sie tun müssen hier unten. Das tun Sie ohnehin. Aber lassen Sie mich in Ruhe.«
Während sich Janice die Treppe hochzog, legte Exley den Kopf in die Hände. Sie mussten handeln, das FBI und das Heimatschutzministerium informieren, Robinsons Auto auf die Fahndungsliste der Polizei setzen lassen, Passagierlisten nach seinem Namen durchforsten, die Aufzeichnungen von Flughafenüberwachungskameras durchsehen, um sein Gesicht mit dem Namen zusammenzubringen, den er jetzt verwendete, und vielleicht sogar die Medien einschalten. Aber vermutlich war all dies umsonst. Denn mit einem Vorsprung von sechsunddreißig Stunden und einigen Tausend Dollar konnte Keith Robinson bereits überall sein. Er hätte nach Atlanta fahren und von dort aus nach Panama City, New York, dann nach Istanbul und Chicago und schließlich nach Bangkok fliegen können. Irgendwann würden sie ihn finden, aber dieses Irgendwann war zu spät.
Wells legte Exley die Hand auf die Schulter. »Was ist los, Jenny?«
»Es ist mein Fehler. Ich habe ihn aufgeschreckt.«
Wells zog sie hoch. »Das ist Unsinn, und du weißt es. Er war bereits auf dem Sprung. Du bist vielleicht der Grund, warum wir ihn doch noch erwischen. Jetzt soll uns Janice noch etwas Schriftliches geben …«
»Sie will nicht mehr mit uns
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