John Wells Bd. 2 - Netzwerk des Todes
Prozent, wenn er als Dritthändler agiert und Waffen auf Lager kauft, ehe er sie weiterverkauft. Kowalski hat seit dem Jahr 2000 ungefähr eine Milliarde Dollar verdient, wenn auch der genaue Betrag nicht bekannt ist.
Eine Milliarde. Eintausend Millionen. Vielleicht war diese Zahl an der Wall Street oder im Kongress üblicher Büroalltag. Aber Wells ging sie einfach nicht aus dem Kopf. In Pakistan hatte er Kinder gesehen, die an Cholera starben, weil ihre Eltern die wenigen Dollar für Antibiotika nicht aufbringen konnten.
Der Rest der Akte befasste sich mit Kowalskis persönlicher Geschichte. Es überraschte keineswegs, dass er nie Militärdienst geleistet hatte. Soweit Wells feststellen konnte, war er noch nie in die Nähe eines Schlachtfeldes gekommen und hatte noch nie gesehen, was seine Minen, seine Kalaschnikows und seine Mörser mit dem menschlichen Körper anrichteten. Für seine unmittelbare Umgebung zog er junge, blonde Körper vor, und er konnte sich leisten, wonach ihm der Sinn stand. Nach zwei Scheidungen hatte er Gefallen gefunden an zweitrangigen russischen Modells, die zwar von vornherein teurer waren als eine Ehefrau, aber bei ihrem Abschied keine Alimente erhielten. Mehr als je zuvor bedauerte Wells, dass er Kowalski in den Hamptons nicht eine Kugel zwischen die Augen verpasst hatte.
Nachdem Wells die Akte gelesen hatte, hatte er dem Analytiker einen Besuch abgestattet, der sie verfasst hatte. Sein Name lautete Sam Tarks, und er war Berufsoffizier in der Verschlussabteilung der Agency.
»Pierre Kowalski? Ein widerlicher Mann.«
»Ich suche nach etwas, das vielleicht zu pikant war, um es in die Akte aufzunehmen«, sagte Wells. »Das könnte eine persönliche oder geschäftliche Sache sein.«
»Nun, sein Privatleben ist so, wie man es sich vorstellt. Er besitzt eine Jacht, die den Namen Ares trägt und die jeden Sommer in einen schwimmenden Partysalon verwandelt
wird. Viel Koks, viele affektierte Europäer. Alle lassen es sich gut gehen.«
»Ares, wie der griechische Kriegsgott?«
»Genau dieser. Soweit wir wissen, hat Kowalski sonst keine ernsthaften Macken. Ich meine, er ist weder pädophil, noch ein Sadist oder Ähnliches. Er feiert nur gern Partys.«
»Wie steht es mit der geschäftlichen Seite? Gibt es ein Land, dem er besonders nahesteht? Sagen wir Russland?« Wells glaubte immer noch nicht, dass die Russen den Taliban helfen würden, aber alles war möglich.
»Nicht im Speziellen. Er verkauft zwar hauptsächlich russisches Zeug, aber er hält sie auf Abstand. Ein kluger Mann. Und er achtet darauf, seine Geschäfte von Zürich fernzuhalten. Auch ein kluger Zug. Gleichzeitig zahlt er genügend Steuern, um die Schweizer glücklich zu machen, und legt sein Geld in lokalen Banken an, vor allem in der UBS.«
»Hat er je für amerikanische Unternehmen gearbeitet?«
Tarks nickte. »Eine Menge Leute würden sich freuen, wenn er es noch täte. Die Indian Air Force wartet auf eine riesige Bestellung, annähernd einhundertdreißig Flugzeuge, und die Franzosen haben ihn angeheuert, um die Inder zu überreden, sich für die Mirage zu entscheiden« – einen in Frankreich gefertigten Kampfjet – »anstatt für die F-16. Das wäre ein ziemlich großes Geschäft. Jenseits von fünf Milliarden. Wenn wir den Auftrag nicht bekommen, werden einige Lobbyisten von Lockhead« – Lockheed Martin stellte die F-16 her – »dem Verteidigungsausschuss erklären, dass wir nur gescheitert sind, weil wir keine Leute wie Kowalski in unserem Team haben. Sie werden es zwar ruhig sagen, aber sie werden es sagen.«
»Eine wundervolle Welt«, sagte Wells. »Wäre es auch möglich, dass er den Taliban Waffen verkauft?«
»Das wäre selbst für ihn eine Herausforderung. Er weiß, dass wir nicht glücklich darüber wären, wenn wir es herausfänden. Gelinde gesagt.«
»Aber wenn das Geld stimmt und er glaubt, dass er damit davonkommt?«
»Unter diesen Umständen? Nun, meiner Meinung nach gäbe es dann nichts, was er nicht tun würde.«
Wells’ letztes Gespräch mit Ed Graften, dem Polizeichef von East Hampton, war mehr als zufriedenstellend verlaufen. Nachdem die Polizei von East Hampton Kowalski befreit hatte, verbot er den Beamten, das Anwesen zu durchsuchen. Er habe keine Ahnung, wer ihn und seine Wächter angegriffen habe, sagte er.
»Jungs werden immer Jungs bleiben. Warum fragen Sie sie nicht? Ich war in meinem Schlafzimmer.«
»Und was ist mit dem Isolierband und den Handschellen?«, erkundigte sich
Weitere Kostenlose Bücher