John Workmann - Vom Zeitungsjungen zum Millionär
los. Stollenbohrung, Maschinenanlagen, Wohnhäuser für die Minenarbeiter. Nach drei Monaten war mitten in der Wüste eine neue Stadt entstanden, und Tag und Nacht rollten die Züge, die das gebrochene Erz nach dem Westen an die Küste schafften.«
Mit offenem Munde lauschte John Workmann dem Bericht Winstons. Das war eine ganz neue Welt, die sich ihm hier auftat, das war etwas ganz anderes als das herkömmliche Leben in New York. In dem großen, brausenden New York mit seinem Reichtum und seiner Armut, mit seinen 6 Millionen Einwohnern und seiner 300jährigen Geschichte. Seine Augen glänzten wie im Fieber, und Edward Winston begriff wohl, was in ihm vorging.
»Go to the West, young man, go to the West«, rief er plötzlich. »Laß den alten verrotteten Osten fahren und komm mit nach dem jungen Westen. Da ist noch allerlei zu holen, während die Leute sich hier gegenseitig das bißchen Luft und Licht nehmen.«
Während dieser Unterhaltung war allmählich die Dämmerung in volle Dunkelheit übergegangen, und Frau Workmann machte Licht. John Workmann deutete mit der Rechten auf das Buch, das immer noch aufgeschlagen vor ihm lag.
»Ich lese hier eine Lebensbeschreibung von Edison«, begann er. »Jetzt bin ich gerade bei der Stelle, wo Edison Telegrafist wird. Es ist eine mächtig interessante Geschichte. Ich möchte wohl wissen, ob Edison auch nach dem Westen gegangen ist.«
Edward Winston zuckte mit den Achseln.
»Als Edison jung war, war auch der Osten noch jung. Heute liegt die Sache anders. Wenn Edison heute noch einmal anfinge, würde er auch nach dem Westen gehen. Übrigens, so recht im Osten hat er ja auch nicht angefangen. Detroit und Chikago liegen schon ziemlich in der Mitte. Glaubst du, sie hätten ihm hier im Osten auf der Eisenbahn einen Gepäckwagen eingeräumt und ihn seine Zeitung drucken lassen?«
»Ah, du kennst die Geschichte Edisons auch«, unterbrach ihn John Workmann.
»Welcher Amerikaner kennt nicht die Geschichte Edisons«, meinte Edward Winston lachend. »Mit 15 Jahren Telegrafist, mit 18 Jahren Boß in einem Telegrafenamt und dabei unverwüstlicher Erfinder. Was uns Roosevelt vom strenuous life, vom angestrengten Leben erzählt hat, ist für Edison sicher nichts Neues. Der hat manchen Tag 24 Stunden gearbeitet, und wenn es nicht mehr gewesen ist, so lag das eben daran, daß der Tag nur 24 Stunden hatte.«
Und nun begann Edward Winston von Edison zu erzählen. Anekdoten, die in keinem Buche standen, aber von Mund zu Mund gingen. Wie er seine Hochzeit über einer wichtigen Erfindung total vergessen hatte und seine Freunde ihn mit sanfter Gewalt aus seinem Forschungslabor zur Trauung schleifen mußten. Oder wie er ein andermal sechs Tage und sechs Nächte ununterbrochen im Labor steckte. Wie sie einen seiner Assistenten nach dem anderen ohnmächtig wegtrugen und er allein starrköpfig ausharrte, bis endlich der Versuch glückte, die neue Erfindung gemacht war. Oder jene andere Geschichte, wo er, mit der Erfindung des Plattenspielers beschäftigt, wertvolle Diamanten mit dem Hammer zerschlug, um passende Splitter für seinen Aufnahmeapparat zu gewinnen.
Es war schon spät am Abend, als Edward Winston das Klubhaus verließ, um seinen Nachtzug nach dem Westen zu erreichen. Auch Frau Workmann begab sich zur Ruhe, und John Workmann blieb allein im Zimmer zurück. Was schon lange in ihm gärte und sich vorbereitete, das war durch diesen Besuch zur vollen Entwicklung gereift. Sein Entschluß war gefaßt, er wollte nach dem Westen.
Fünf Minuten später stand er im Schlafsaal der Jungen und rüttelte Charley Copley, den zweiten Vorsitzenden des Klubs. Nur brummend und knurrend entschloß der sich, das Land der Träume zu verlassen und in das Reich der Wirklichkeit zurückzukehren.
»Get up, Charley, and come along with me.«
Verwundert, aber willig gehorchte Charley Copley, warf sich seine Kleider über und folgte John Workmann in das Geschäftszimmer des Klubs. Die große Wanduhr dort verkündete Mitternacht, als sie das Office betraten und sich einander gegenüber am Tisch niederließen.
John Workmann brach zuerst das Schweigen.
»Charley, du bist bis zur neuen Wahl mein Nachfolger als Präsident des Klubs. Ich verlasse noch heute nacht New York.«
Charley Copley sperrte Mund und Nase auf, aber John Workmann ließ ihm keine Zeit zu langen Erwiderungen.
»Es ist mein fester Entschluß und du bist der einzige, der darum weiß. Es ist nötig, daß ich dir die Bücher und die Kasse des
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