John Workmann - Vom Zeitungsjungen zum Millionär
Klub gekommenem mir zu danken. Ich glaube aber, daß der Dank einem toten Kameraden gebührt. So stand es heute in meiner Zeitung, die ich verkaufe. Der Mann, der das schrieb, hat recht. Als ich den kleinen Charly Beckers in seiner schlechten Stallwohnung sterben sah, da mußte ich darüber nachdenken, ob in Zukunft so etwas zu ändern wäre. Er brachte mich auf die Idee, und die Liebe zu meiner Mutter, für die ich zu sorgen habe, gab mir die Kraft zur Ausführung. Ich danke Ihnen, daß Sie mir dabei helfen, und auch die Jungen, die nicht alle hier sind, danken Ihnen. – Und nun –« er wandte sich an die hinter ihm stehenden Jungen – »gebt unseren Gästen ein dreimaliges Hurra.«
Wie auf Kommando schmetterte ein frisches Hurra aus den Kehlen der Jungen, nicht drei-, sondern wohl ein dutzendmal. Sie mußten einfach der in ihnen zurückgehaltenen Freude einen lautstarken Ausdruck geben. Dann nahmen die Gäste Abschied.
Als endlich Ruhe eingetreten war, machten sich die Jungen an das Ordnen. Zuerst wurden die Briefe geöffnet: Geld und Bankanweisungen in jedem Umschlag!
Stundenlang mußten die Jungen zählen und rechnen, und als sie das Gesamtresultat in der Nacht besaßen, da starrten sie sich mit ungläubigen Mienen an. Das war wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Ein Vermögen lag vor ihnen auf dem Klubtisch – ein großes Vermögen – wie es nur die Amerikaner in ihrem Wohltätigkeitssinn so schnell und praktisch geben konnten.
Über 80.000 Dollar! –
Ein Scheck aber entlockte den Jungen ein neues Hurra! Eine Bankanweisung von Mister Bennett auf 2.000 Dollar und ein Brief, in welchem er versprach, alle Jahre für alle Zeitungsjungen ein Weihnachtsessen zu geben. Keiner der Jungen dachte in dieser Nacht an Schlaf. Wie Kinder, zu denen der Weihnachtsmann gekommen war, saßen sie bei den Geschenken und wußten nicht, was sie mit all den Dingen anfangen sollten.
Umsonst ermahnte sie Johns Mutter, sich zur Ruhe zu legen. Heute sprach sie in taube Ohren, und John Workmann saß mit ihnen und lachte sie so glücklich an, daß sie ihm nicht zürnen konnte. Endlich gegen Morgen fielen doch den Tapfersten die Augen zu. Einer nach dem anderen schlief auf dem Stuhl, wo er gerade saß, ein oder legte sich auf den Fußboden.
Nur John Workmann wachte noch. Ernst blickte er auf seine schlafenden Kameraden und ließ noch einmal all die Ereignisse vorüberziehen. Sein Plan war geglückt. Für seine Mutter und die Jungen war gesorgt. – Nun konnte er, aller Sorgen ledig, in die Welt ziehen, um etwas zu werden. Jetzt hatte er sein Recht dazu erworben.
Und im Geiste sah er sich selbst als erwachsenen Mann, wie er vielen Tausenden Brot durch seine Arbeit gab.
Das sollte sein Ziel sein. – So schlief er ein.
12. Kapitel
Die warme Luft eines wolkenlosen Augustabends drang durch das geöffnete Fenster in den kleinen Wohnraum, den John Workmann mit seiner Mutter zusammen im Klub der Zeitungsjungen innehatte. Seit einer Stunde war er vom Verkauf der Abendzeitungen zurückgekehrt und nun saß er an dem einfachen, weißen Holztisch und verschlang Seite um Seite den Inhalt eines Buches. Mr. Berns hatte es ihm gegeben. Eine Lebensbeschreibung des Zauberers von Menloe Park, des berühmten Erfinders Thomas Alva Edison. Das wäre sozusagen ein Kollege von ihm, hatte Mr. Berns gemeint. Der habe auch einmal als Zeitungsjunge angefangen und in Wind und Wetter Zeitungen centweise auf der Straße verkauft. Heute aber sei er ein weltberühmter Mann, der Schöpfer einer neuen, gewaltigen Industrie und Besitzer vieler Millionen.
Auf diese Empfehlung hin hatte sich John Workmann eifrig in das Buch vertieft und konnte sich nun nicht wieder davon losreißen. Unberührt stand noch immer sein bescheidenes Mahl neben ihm auf dem Tisch, und Kapitel um Kapitel aus dem Leben des berühmten Amerikaners flog vor seinem geistigen Auge vorüber. Er las, wie Edison seinen Zeitungsverkauf nicht auf das Städtchen Detroit beschränkte, sondern schon als 13jähriger unternehmungslustig auf der Eisenbahn zwischen Detroit und Chikago hin- und herfuhr und seine Zeitungen an den Mann brachte. Wie dann weiter aus dem 13jährigen Zeitungsverkäufer ein 14jähriger Zeitungsverleger wurde, der seine eigene Eisenbahnzeitung im Zuge schrieb, setzte, druckte und verkaufte.
Sinnend hielt er einen Augenblick mit der Lektüre inne. Da stand, daß Edison schon damals das Morsealphabet fließend beherrschte, daß er aus dem Klappern der Telegrafenapparate auf
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