John Workmann - Vom Zeitungsjungen zum Millionär
donnerten.
Kaum war der Wagen in der Ferne verschwunden, da krochen die Indianer auf das leise gepfiffene Zeichen eines Pirols wieder zu dem Schläfer und umringten ihn von neuem, so daß es für ihn unmöglich gewesen wäre, sich zu verteidigen oder zu entkommen.
Zwei von ihnen knüpften ihre Lassos von den Lederriemen und mit einem gellenden Triumphschrei warfen sie sich auf den Schläfer, den zu gleicher Zeit ihre Kameraden an Händen und Füßen festhielten und begannen ihn zu fesseln. Zu Tode erschrocken – mit weitaufgerissenen Augen – starrte der aus dem Schlaf Gerissene auf die unheimlichen Gesichter der angreifenden Indianer. Dann kam er zur Besinnung und begriff, was geschah.
Er versuchte wütend die Angreifer abzuschütteln, und wenn sie ihn nicht bereits gefesselt hätten, wäre es trotz ihrer Überzahl zu einem harten Kampf gekommen. Mit aller Kraft kämpfte er um seine Freiheit und rollte wie ein großer Ball mit den ihn Festhaltenden über den Boden. Erschöpft gab er schließlich seine Befreiungsversuche auf. Voller Zorn musterte er den jungen Indianer, der jetzt zu ihm trat und anscheinend der Führer der kleinen Rotte war.
»Das Blaßgesicht ist in Gewalt der jungen Krieger vom Stamme der Sioux. Das Blaßgesicht möge einsehen, daß es seinen Skalp verloren hat. – Es wird den roten Kriegern zum Lager folgen. Dort wird der Schwarze Adler und seine tapferen Krieger bestimmen, was mit dem Blaßgesicht geschehen soll.«
Wohl zum ersten Male in seinem Leben ballten sich in ohnmächtiger Wut die Fäuste John Workmanns. Er schaute den Indianer mit kalten Augen an und sagte:
»Feige Hunde seid ihr, aber keine tapferen Krieger. Was fällt euch Gesindel ein, hier einige Meilen von New York entfernt einen Überfall auf einen wehrlosen Schläfer zu machen! Der nächste Sheriff wird euch ins Gefängnis einlochen, und ich garantiere euch, daß die Prügel, die ihr für eure Frechheit bekommen werdet, die wohlverdientesten sein werden, die jemals eine Rothaut geschmeckt hat.«
Die Worte John Workmanns entfesselten bei seinen Überwindern ein lautes Gelächter. Der junge Häuptling gebot Ruhe und sagte:
»Das Blaßgesicht hat Mut. Aber es ist der Mut eines alten Weibes. Es möge seine Tapferkeit am Marterpfahl beweisen. Seine Worte wiegen hier nicht mehr als ein Windhauch über den Gräsern. – Vorwärts – schafft ihn in unser Lager.«
Noch einmal versuchte John Workmann die Fesseln abzureißen. Umsonst, sie hielten eisern. Wütend blickte er auf die lächelnden Gesichter der jungen Indianer und rief:
»Ihr seid schlimmer als eine Rotte Bowery-Boys.«
Zwei von den Angreifern packten ihn jetzt an den Armen und zerrten ihn zum Walde. Durch dick und dünn führten sie ihn. Oftmals blieben sie stehen und lauschten. Unzweifelhaft fürchteten sie irgendeine Gefahr. Das gab John Workmann neuen Mut. Falls die Roten Gefahr fürchteten, so mußten irgendwo in der Nähe Menschen sein, die ihm zu Hilfe eilen konnten.
Er begann deshalb von neuem möglichst laut, damit es irgendwelche in der Nähe sich aufhaltende Menschen hörten, zu schimpfen und die Indianer revanchierten sich, indem sie ihm einen Knebel in den Mund schoben. Trotzdem gab John Workmann die Hoffnung auf Befreiung nicht auf. Hastig arbeitete sein Gehirn und versuchte die seltsame, unheimliche Situation zu begreifen.
Es war das Ungewöhnlichste, was man sich nur denken konnte. Beinahe unglaublich, denn nur wenige Meilen war New York entfernt und Indianer kannte man dort nur von Schaubuden her. In der Riesenstadt glaubte man kaum noch an die Existenz von Nachkommen der sagenumwobenen roten Indianerstämme Amerikas. Fast hielt man die Geschichten, die noch hier und da in den Zeitungen oder Büchern standen und von ihrer Tapferkeit und Grausamkeit berichteten, für Erfindungen der Phantasie. Vergebens versuchte John Workmann, sich in die Situation hineinzufinden.
Wo kommen die Indianer her? Wie kam es, daß sie sich in nächster Nähe der größten Stadt Amerikas aufhalten konnten? Er fand dafür keine Erklärung.
Große moos- und brombeerbewachsene Felsen begannen den Pfad, auf dem ihn die Indianer vorwärtsrissen, zu versperren. Immer dichter und urwaldmäßiger wurden die Bäume, dunkler und unwegsamer der Wald. Schweigsam führten ihn die Indianer, bis es zwischen den Stämmen heller wurde und das Wasser eines großen Sees blinkend auftauchte. Ein hoher Felsen schob sich aus dem Waldesdickicht bis an das Ufer des Sees. Seine blanken,
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