John Workmann - Vom Zeitungsjungen zum Millionär
lief, seine Zeitungen zu verkaufen. An diesem Tage war es wie in einem Märchen. Männer und Frauen, die er noch nie gesehen hatte, hielten ihn an, drückten ihm die Hände oder klopften ihm anerkennend auf die Schulter.
Unzähligemal hörte er seinen Namen und Rufe, wie »braver Junge«. In die Taschen steckte man ihm Geld und Süßigkeiten.
Er besaß gar nicht soviel Zeitungen, wie man von ihm kaufen wollte. Immer wieder aber holte er neue Stöße von dem Office und im Nu waren sie verkauft. – Das Schönste aber geschah ihm in einem Hochbahnzug.
Da saß eine vornehme Dame mit einem kleinen sechsjährigen herzigen Mädchen, und als er den Wagen verlassen wollte, trat das kleine Mädchen auf ihn zu und sagte:
»Du, hier schenkt dir Mama einen Scheck für die armen Jungs und ich soll dir als Belohnung einen Kuß geben.«
Unter dem lauten Beifall der Fahrgäste schlang das kleine Mädchen die Arme um John Workmanns Hals und küßte ihn, daß er vor Verlegenheit rot wurde. Als er in das Klubhaus zurückkehrte, hielt vor der Tür eine Autoschlange. – Hunderte von Menschen umdrängten es, und John Workmann hatte Mühe, in das Haus zu gelangen. Die Mutter stand von einer dichten Schar fremder Besucher umgeben und wußte nicht, was sie auf all die vielen Fragen antworten sollte. Andauernd kamen Boten mit allerlei Geschenken.
Nützliche und überflüssige Dinge füllten jeden Platz aus. Da standen Möbel und Kisten, Betten, Teppiche, Decken, Bücher, Kleidungsstücke – ja selbst zwei Klaviere und soeben kamen Arbeiter und wollten ein Billard aufstellen. Eine Wagenladung von Briefen und Blumen häufte sich auf dem großen Klubtisch, und um John drängten sich Kopf an Kopf die Besucher, wie bei einem Empfang des Präsidenten in Washington.
Fast verzweifelt und etwas kopflos stand die Mutter im Strudel der Ereignisse. Sie wußte nicht mehr, was sie beginnen sollte. Alle die fremden Leute lobten ihren John und wollten ihn durchaus sehen. Endlich entdeckten ihn ihre Augen und wie eine Hilfesuchende rief sie ängstlich:
»John – John – komm zu mir –!«
Jeder machte ihm sofort Platz, und durch ein dichtes Spalier hindurch konnte er sie endlich erreichen. Dann aber klang seine helle und doch warme Stimme:
»Hier sieht es ja wie in einem Warenhaus aus. Was soll das alles bedeuten?«
Da trat ein älterer Herr, der dicht bei ihm stand, vor und antwortete John Workmann:
»Sir«, begann er, »oder besser gesagt, Präsident des Klubs der Zeitungsjungen, Mister Workmann. Sie sehen uns hier versammelt, um Ihnen unsere Hochachtung für Ihre bewundernswerte Leistung auszusprechen und Sie mit Tat und Kraft praktisch zu unterstützen. Tausende unserer Mitbürger sind auf demselben Kampfplatz, auf dem Sie und Ihre Kameraden heute stehen, groß geworden, und wenn mich nicht alles täuscht, sind es diese ehemaligen Zeitungsjungen, die Ihnen heute Geschenke aller Art zusenden. Ich selbst – heute Besitzer eines bekannten Eisenwerkes – war einst ein Zeitungsjunge und kenne die grausam harten Entbehrungen, unter denen wir zu leiden hatten. Das hat sich nun geändert. Ihnen war es vorbehalten, das durchzuführen, wonach wir uns stets sehnten und was wir nicht zu erreichen wußten:
Ein Heim für die armen, elternlosen Zeitungsjungen, einen Schutz gegen Hunger und Kälte, einen Hort gegen das Laster. –
Und nun wende ich mich an die verehrten Gäste dieser Burg und bitte Sie, mit mir drei Hochs für den ersten Präsidenten des Klubs der Zeitungsjungen, für John Workmann, einzustimmen.«
Brausende Cheers klangen durch den Raum, und wohin auch John Workmann blickte, überall sah er anerkennende und freudestrahlende Gesichter.
All diese Menschen gaben ihm jetzt erst die Erkenntnis, daß er tatsächlich etwas Außergewöhnliches getan hatte.
Dutzende von Händen streckten sich ihm entgegen und keine Hand war leer. Schecks und Banknoten, Gold und Silber legte man in seine Hand, und da er nicht wußte, wo er damit bleiben sollte, so mußte die Mutter ihre Hausschürze aufhalten und er warf alles hinein.
Endlich hatte ihm der letzte Besucher die Hand gereicht, und nun hob der alte Herr, der die Rede gehalten hatte, ihn auf einen Stuhl, zum Zeichen, daß er einige Worte sagen solle. John Workmann verstand den Hinweis; einige Sekunden blickte er sinnend auf die fremden Menschen, kein Laut war hörbar, jedes Gespräch verstummte, als John Workmann seine Dankesrede begann und sagte:
»Ladies and Gentlemen! Sie sind in unseren
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