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Johnson, Denis

Johnson, Denis

Titel: Johnson, Denis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesu’s Sohn
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Operationsraums. «Immer noch nicht fertig?» sagte ich.
    «Mein Gott», jammerte er, «ganz schön viel Blut hier.»
    «Wo denn?» Ich fand, der Boden sah recht sauber aus.
    «Was zum Henker haben die hier nur gemacht?» sagte er.
    «Die haben operiert, Georgie», sagte ich.
    «Mann», sagte er, «was für ‘n saumäßiges Geklitsche in uns ist. Und das ganze Zeug will raus.» Er stellte den Mop an einen Schrank.
    «Warum weinst du?» Ich begriff’s nicht.
    Er stand reglos da, fuhr sich mit den Händen langsam an den Hinterkopf und zurrte seinen Pferdeschwanz fest Dann griff er sich den Mop und fuhrwerkte damit herum, machte große, wilde Schwünge, zitterte und heulte und schoß von einer Ecke des Raums in die andere. « Warum ich weine?» sagte er. «Mein Gott Einfach toll, Mann, astrein.»
    Mit dem fetten, wabbelnden Krankenschwesterchen saß ich in der Notaufnahme. Ein Arzt vom Familiendienst, den niemand leiden konnte, kam herein und fragte nach Georgie; er sollte irgendwo für ihn saubermachen.
    «Wo steckt Georgie?» sagte der Mann.
    «Im OP», sagte Schwesterchen.
    «Schon wieder?»
    «Nein», sagte Schwesterchen, «noch.»
    «Immer noch? Und was macht er da?»
    «Putzt»
    «Schon wieder?»
    «Nein», sagte Schwesterchen, «noch.»
     
    Zurück im OP. Georgie Heß den Mop fallen und beugte sich vornüber wie ein kleines Kind, das sich in die Windeln macht. Er blickte starr nach unten, voll Entsetzen, den Mund weit aufgerissen. Er sagte: «Was mach ich bloß mit diesen Scheißschuhen, Mann?»
    «Was du aus den Pillenschränkchen genommen hast», sagte ich, «hast du das etwa alles schon geschluckt?»
    «Hör mal, wie die quietschen», sagte er und ging behutsam auf den Hacken im Zimmer herum.
    «Zeig, was du in den Taschen hast, Mann.»
    Er blieb einen Moment stehen, und ich fand, was er gebunkert hatte. Ich ließ ihm zwei von jeder Sorte, was immer das Zeug war. «Die Schicht ist fast halb rum», sagte ich.
    «Gut Denn was ich jetzt dringend, dringend, dringend brauche», sagte er, «ist was zu trinken. Würdest du mir bitte mal helfen, das Blut hier aufzuwischen?»
     
    Gegen halb vier kam ein Mann mit einem Messer im Auge herein. Georgie führte ihn.
    «Ich hoffe nur, du warst das nicht», sagte Schwesterchen.
    «Ich?» sagte Georgie. «Ach was. Der sah schon so aus, als er kam.»
    «Das war meine Frau», sagte der Mann. Die Klinge stak ihm bis zum Heft im äußeren Winkel des linken Auges. Es war ein Jagdmesser oder so etwas.
    «Wer hat Sie hergebracht?» fragte Schwesterchen.
    «Niemand. Bin zu Fuß gegangen», sagte der Mann. «Ist bloß ein Katzensprung.»
    Schwesterchen musterte ihn. «Sie sollten sich besser hinlegen.»
    «Gut», sagte der Mann. «Ich glaub auch, das war das beste jetzt, ganz bestimmt sogar.»
    Sie musterte sein Gesicht noch etwas länger.
    «Ist Ihr anderes Auge», sagte sie, «aus Glas?»
    «Plastik», sagte er. «Oder sonst ein Kunststoff.»
    «Aber mit dem Auge hier können Sie noch sehen?» fragte sie und meinte das verwundete.
    «Ja, sehen schon. Aber ich kann meine linke Hand nicht mehr zur Faust ballen, weil das Messer irgendwas mit meinem Gehirn gemacht hat.»
    «Großer Gott», sagte Schwesterchen.
    «Ich hol wohl besser mal den Doktor», sagte ich.
    «Genau», sagte Schwesterchen.
    Sie legten ihn hin, und Georgie sagt zu dem Patienten: «Name?»
    «Terrence Weber.»
    «Ihr Gesicht ist so dunkel. Ich seh nicht, was Sie sagen.»
    «Georgie», sagte ich.
    «Was sagen Sie, Mann? Ich seh’s einfach nicht.»
    Schwesterchen kam, und Georgie sagte zu ihr: «Sein Gesicht ist so dunkel.»
    Sie beugte sich über den Patienten. «Wann ist das passiert, Terry?» brüllte sie in sein Gesicht hinunter.
    «Eben erst. Meine Frau war’s. Ich hab schon geschlafen», sagte der Patient.
    «Sollen wir die Polizei rufen?»
    Er dachte nach, sagte dann: «Nur wenn ich sterbe.»
    Schwesterchen ging zur Gegensprechanlage und rief den diensthabenden Arzt; es war der vom Familiendienst. «Hier ist ‘ne hübsche Bescherung für Sie», sagte sie in die Gegensprechanlage.
    Er ließ sich Zeit, bis er unten bei ihr in der Halle war, denn er wußte, Schwesterchen haßte den Familiendienst, und ihr frohlockender Ton konnte nur bedeuten, daß der Fall eine Nummer zu groß für ihn war, eine drohende Demütigung.
    Er warf einen Blick ins Behandlungszimmer und erfaßte die Lage: Da standen die Hilfskraft – das heißt ich – und der Pfleger, Georgie, beide auf Droge, und besahen einen Patienten, aus

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