JoJo Und Ich
keinen reinen Wein ein; um der Sensation willen erfanden sie Geschichten, die nicht der Realität entspra chen. Dann behauptete das Wasserskiunternehmen irgendwann, die Schraubenschutzbügel seien endlich angebracht worden – was aber gar nicht stimmte. Für die Öffentlichkeit war das alles ein heilloses Durcheinander. Aber das war wohl auch so beabsichtigt.
Außerdem hatte man ja längst einen Sündenbock gefunden. Man sagte mir nach, ich führe einen persönlichen Rachefeldzug gegen den Inhaber des Wasserskibetriebs; das sei der wahre Hintergrund meines Kampfes für JoJo. Nach allem, was ich im Laufe der Jahre investiert hatte, muss ich schon sagen, dass mich diese Unterstellung sehr kränkte. Und auch ärgerte. Aber im Grunde zeigte es nur, wozu gewisse Kreise alles fähig sind, wenn es darum geht, legitime Naturschutzinteressen zu torpedieren. Und zu denen gehört es doch wohl, wenn ein Delfin ständig von Wasserskibooten angefahren wird, oder etwa nicht?
Aber JoJos Leben wurde durchaus auch ganz direkt bedroht.
»Wenn es anders nicht geht«, sagte einer der Leiter des Wasserskibetriebs mir gegenüber und formte seine Finger zu einer Pistole, »lässt sich das Problem auch auf natürlichem Wege regeln. Mit dem Tod dieses Delfins wäre jeder Streit beigelegt. Allerdings würde sich dadurch wohl auch in Ihrem Leben einiges ändern.«
Ich neige überhaupt nicht zu Gewalttätigkeiten, in diesem Fall aber musste ich doch ein paar Mal tief durchatmen, um dem Typen nicht einfach eine Ohrfeige zu geben. Natürlich war mir klar, dass das der Sache auch nicht eben förderlich wäre. Es hieße nur, Wasser auf die Mühlen dieses Kerls zu gießen. Also drehte ich mich wortlos um und ging, um mich wieder ganz auf die Kampagne zu konzentrieren.
Und selbst die stand selbstverständlich immer hinter dem allerwichtigsten Punkt zurück: der Behandlung von JoJos Verletzungen.
In dem Film Delfine heißt es dazu aus dem Off: »Manche dieser Verletzungen hätten auch tödlich sein können. Dean lenkte JoJo dann ins flache Wasser, wo er seine Wunden behandelte und notfalls auch Antibiotika anwendete. Ohne ein sehr starkes Band des Vertrauens zwischen den beiden wären diese teils recht schmerzhaften Behandlungen nicht möglich gewesen.«
Den Sinn meines Tuns verstanden doch so viele – warum also ausgerechnet die Verantwortlichen in diesem Wasserskibetrieb nicht?
Als sich JoJo so weit von seinen jüngsten Verletzungen erholt hatte, dass ich ihn in die Obhut guter Freunde geben konnte, verließ ich die Insel, um die Kampagne weiter voranzutreiben – und auch, um eine Zeit lang aus der Schusslinie zu sein.
Im Rahmen einer Vortragsreihe zu dem Delfinfilm konnte ich die Öffentlichkeit und die Medien weiter über JoJos verzweifelte Lage informieren. Die Kampagne war jetzt nicht mehr aufzuhalten. Es gelang uns, immer weitere Kreise auf die Gefahren, unter denen JoJo lebte, aufmerksam zu machen. Bald würde sich das Blatt wenden.
Als ich erfuhr, dass das weltweit operierende Wasserskiunternehmen und die mit ihm verbundenen Ferienhotels schwere finanzielle Verluste erlitten hatten, konnte ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.
Als Greg MacGillivrays Film in Hollywood uraufgeführt wurde, waren Pierce Brosnan, Jane Goodall, Ted Danson, Bob Talbot und Sting dabei. JoJo gewann neue Freunde und sicherte sich die anhaltende Unterstützung durch alte Freunde wie Robin Williams und Jean-Michel Cousteau. Die Sequenz mit JoJo geriet dadurch in den Mittelpunkt des Medieninteresses. In immer mehr Zeitungen, Zeitschriften, Radio- und Fernseh sendungen, Vorträgen und Talkshows wurde über unsere Kampagne berichtet, ganz zu schweigen von Internetforen und Briefaktionen.
Wieder zu Hause, fand ich einen ganzen Stapel Post vor. Bei vielen der Briefe handelte es sich um Kopien von Boykottaufrufen gegen das Wasserskiunternehmen und seine Hotels überall auf der Welt. Auch an den Gouverneur der Turks- und Caicosinseln waren etliche solcher Briefe gegangen, die einen touristischen Boykott ankündigten. Dieser sprach sich daraufhin für ein Verbot des Wasserskibetriebs aus, fügte jedoch hinzu, dass er nur in Abstimmung mit dem gesamten Regierungsapparat handeln könne.
Es ist wie mit Yin und Yang – immer kommt es zu einem Ausgleich. Bei mir nahm er die Form eines Schreibens an, das mir gleich ins Auge fiel, weil es den Briefkopf des Wasserskiunternehmens trug. Autor war ein gewisser Herr Santiago, der in der Zentrale der Firma in Miami
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