JoJo Und Ich
bisschen zur Seite, und wir ließen es uns gut gehen. Am Abend würde mit Sicherheit genügend Material vorliegen, um daraus die geplanten Szenen zusammenzuschneiden.
Für die Filmleute gab es jetzt noch eine weitere Lektion zu lernen, nämlich die, dass man einen Delfin wie JoJo nach Abschluss der Dreharbeiten nicht einfach sich selbst überlässt und nach Hause fährt. Vielmehr müssen dann alle anderen Bedürfnisse zurückstehen. Und das Einzige, was noch zählt, ist eine Zeit des stillen Miteinanders, in der wir unsere Verbundenheit erneuern und genießen können. Obwohl alle einschließlich Mayol müde waren und sich nach einer warmen Dusche sehnten, beobachteten sie den Mann und den Delfin beim gemeinsamen Schwimmen und Spielen.
»Du warst großartig«, sagte ich zu JoJo. Er schnalzte und pfiff, während er seine Kreise um mich zog.
Die Filmleute sahen ungeduldig und doch auch mit einem gewissen Neid zu, als ich unsere Wiedervereinigung beendete und auf das Boot zuschwamm. Da ahnten sie freilich noch nicht, dass sie sich erst um ihre eigenen Bedürfnisse würden kümmern können, wenn wir ihn wohlbehalten dort abgeliefert hatten, wo wir ihm am Morgen begegnet waren, in seinen vertrauten Heimatgewässern.
Plötzlich schrie jemand, und als ich aufblickte, sah ich mehrere ausgestreckte Zeigefinger. JoJo konnte eigentlich nicht gemeint sein, denn ihn hätte ich gehört. Trotzdem wendete ich den Kopf, um mich zu vergewissern, ob er vielleicht doch war. Aber die Rückenflosse, die da durchs Wasser schnitt, gehörte nicht zu einem Delfin. Es war ein gewaltiger Hammerhai, der schnell auf mich zukam, nur noch ein paar Meter entfernt. Angesichts dieses sicher dreieinhalb Meter langen Ungeheuers mit seinem breiten hammerförmigen Kopf erstarrte ich.
Gleich würde es mich in Stücke reißen, ich sah es schon direkt vor mir. Die Schreckstarre hielt für lange Augenblicke an, in denen mir all die Bilder meiner Begegnungen mit Haien durch den Kopf schossen. Narben hatte ich bei diesen Gelegenheiten reichlich davongetragen. Und überlebt habe ich nur aufgrund der Körperhaltung, die ich bei solchen Begegnungen automatisch einnehme. Wenn ich mit einem Hammerhai konfrontiert bin, gebärde ich mich wie ein Raubfisch und nicht als Beute.
Also versuchte ich auch in dieser Situation, einen kühlen Kopf zu bewahren. Aber der Schreck ließ mich nichts weiter sehen als diese auf mich gerichteten Augen und das zahnbewehrte Maul. In aller Gelassenheit schlängelte sich der gewaltige Leib des Hais auf mich zu. Unaufhaltsam.
Dann war ich plötzlich wieder ganz bei mir und spürte, wie das Leben in meinen erstarrten Körper zurückkehrte. Der Adrenalinstoß spornte das Herz zu rasender Geschwindigkeit an, so stark, als hätte ich wirklich bereits einen Stoß vor die Brust erhalten. Ich machte kehrt und ergriff die Flucht. Anhalten und kämpfen konnte ich später immer noch, wenn es denn sein musste.
Vor langer Zeit war mir einmal ein Tigerhai direkt gegen die Brust geprallt. Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass das alles gar nicht sein könne, so unwirklich war es, aber im nächsten Augenblick rammte ich dem Fisch meinen Ellbogen direkt zwischen die Augen. Dann drosch ich ihm auf die Kiemen und setzte ihm nach, bis er sich hastig davonmachte.
Ich war nicht bereit, all den Hollywood-Vorstellungen von Haien das Feld zu überlassen. Schließlich wusste ich ja, dass sie einfach ein Bestandteil dieser Umwelt sind und wie jedes andere Tier die Flucht ergreifen, wenn sie sich bedroht fühlen. Sie sind nicht darauf aus, Menschen zu fressen. Wir schmecken ihnen nicht einmal, solange der Hunger nicht allzu groß ist. Und ganz sicher haben sie keine Lust, sich verprügeln zu lassen.
Aber ich wollte es nicht darauf ankommen lassen. Also betätigte ich meine Flossen mit aller Kraft, um die Entfernung zwischen dem gewaltigen Räuber und mir möglichst schnell zu vergrößern.
Doch kaum hatte ich mich in Richtung Boot gewandt, da rempelte ich auch schon JoJo an, der sich direkt hinter mir postiert hatte, als wäre ich sein Schild. Ich hätte es ihm nicht verdenken können. Er hatte schon einiges mit Haien durchgemacht; mehr als einmal hatte ich ihm Haifischzähne aus der Haut gezupft.
Aber er führte etwas ganz anderes im Schilde. Schon war er vor mir und ging direkt auf den Hai los, der mich mittlerweile beinahe erreicht hatte. Mit einer flinken Bewegung setzte er sich über den Hai und drückte ihm den Schnabel auf den Rücken, und zwar mit
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