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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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ihrer
Hüfte ruhte. Jérôme zwinkerte. Feuchtigkeit tropfte aus
seinen Haaren und lief ihm übers Gesicht.
    »Ich bin nicht mehr der Jüngste«, bekannte er. »Das ist
der Grund, weshalb ich dich aufgesucht habe.«
    »Wer hat dir gesagt, wo ich zu finden bin?« Sie reckte das
Kinn, um in den unteren Raum zu spähen. Die Tür stand noch
offen, und das Wasser der Straße schwappte hinein. Von der
Magd fehlte jede Spur. Jacquotte beschlich ein ungutes
Gefühl.
    »Tête-de-Mort.« Jérôme hob die Hände, als er ihren Blick
bemerkte. »Du hast nichts zu befürchten!«
    Sie schnaubte. »Seit ich weiß, dass du Manuel ermordet
hast, habe ich kein Vertrauen mehr zu dir.«
    Jérôme verengte die Augen. »Manuel ermordet?«, fragte er.
»Nicht doch. Ihm geht es gut. Er lebt bei mir, meiner Frau
und meinen beiden Söhnen.«
    Jacquotte sah ihn an. Es dauerte, bis seine Worte in ihr
Bewusstsein drangen. Dann schossen Tränen in ihre Augen, und
sie schluckte, bis der Kloß in ihrem Hals kleiner wurde.
    »Er lebt?«, flüsterte sie.
    »Manuel ist wohlauf, so wahr ich hier stehe!« Jérôme
lächelte.
    Sie machte einen Schritt auf ihn zu. All die Jahre war sie
einem Irrtum erlegen. Erleichtert erwiderte sie Jérômes
Lächeln.
    »Dass ich ihn verschont habe, heißt nicht, dass ich
guthieß, dass du dich davon gemacht hast«, murrte er. »Aber
hol mich einer Kiel, du hast dir deinen Weg erkämpft!« Stolz
schwang in seiner Stimme mit und brachte sie aus der
Fassung. Betreten sah sie zu Boden.
    »Jetzt, wo ich dein Ohr habe, lass mich dir etwas sagen.«
Er senkte die Stimme, sah sich um und beugte sich zu ihr.
»Michel Le Basque drängte mich beim Leben meiner Familie um
einen Gefallen. Er will dich töten, Jacquotte.« Die direkten
Worte katapultierten sie in die Realität zurück, und ließen
sie aufhorchen. »Er schickte mich, um Tête-de-Mort davon zu
überzeugen, ihm bei seinem Plan zur Seite zu stehen.«
    »Ich verstehe nicht.« Sie fühlte sich betäubt. Zu lange
hatte sie Jérôme nicht mehr gesehen, und nun offenbarte er
sich ihr.
    »Ich weiß nicht, wo ich beginnen soll. Dein Vater hätte
nicht alles von dir fernhalten dürfen.« Er zögerte.
    Jacquotte tat einen weiteren Schritt auf ihn zu. »Erzähl
du es mir! Erzähl mir von Émile.«
    Jérôme war unruhig, sie sah es ihm an. Er spürte
ebenfalls, dass etwas nicht in Ordnung war, doch im
Eingangsbereich des Gasthauses blieb alles ruhig. Sie nickte
ihm auffordernd zu.
    »Dein Vater wurde als Émile Vigot in La Haye du Puits in
der Normandie geboren. Seine Mutter endete als Hexe auf dem
Scheiterhaufen. Alle nannten Émile das Teufelskind. Ich
entdeckte ihn ausgehungert, fast erfroren und verängstigt im
Wald. Ich brachte ihm ab und zu Essen. Als ich von daheim
fortlief, nahm ich ihn mit. Sein Leid rührte mich. Ohne mich
wäre er gestorben. Wir landeten in Cherbourg. Dort verdingte
ich uns als Schiffsjungen auf einem Schoner der Kompanie der
amerikanischen Inseln, der Schießpulver nach St. Christopher
transportierte. Die Überfahrt war das Schlimmste für Émile,
er war ständig krank. Man setzte ihm hart zu, und wenn ich
nicht Michel d’Artigny kennengelernt hätte, der als Kanonier
Dienst tat, dann wäre er vermutlich über Bord geworfen
worden. Michel war ein Kämpfer und meine Freundschaft mit
ihm sicherte Émile den nötigen Schutz zu, den ich ihm allein
nicht hätte geben können. Aus Verbundenheit versprach ich
Michel unsere Dienste. Nach der Ankunft in St. Christopher
machten wir uns heimlich vom Schiff und folgten Michel. Er
brachte uns nach La Española, an den Teil der Küste, der bis
heute als Tierra Grande bekannt ist. So kam es, dass dein
Vater und ich der Bruderschaft beitraten und Gefolgsbrüder
wurden.«
    Jacquotte schluckte. »Mein Vater war ein Feigling?«,
fragte sie.
    Jérôme schüttelte den Kopf. »
Mais non
! Émile war Émile. Er
hatte ein mutiges Herz, aber ihm fehlte der Wille, es
einzusetzen. Aufgrund seiner Vergangenheit wusste er zu
schätzen, was ein voller Bauch und ein sicherer Schlafplatz
bedeuten. Er verstand es, Schweine zu jagen, die Jagd auf
die Spanier war nicht seine Welt. Als deine Mutter, Anani,
zu ihm kam, verließ er Tierra Grande nicht mehr. Er war der
fleißigste Bukanier, den du dir vorstellen kannst, und trieb
stets Handel mit den Holländern.«
    Jacquotte lächelte. »Aye, das war er. Wie war meine
Mutter?«
    Jérôme wich ihrem Blick aus. »Sie war eine

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