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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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sich. Tête-de-Mort reagierte nicht.
    »Nicolas?« Jérôme sprach ihn bewusst mit dem Namen seiner
Kindheit an und hatte damit Erfolg. Die grünen Augen
fixierten ihn, und am erstaunten Zwinkern erkannte er, dass
der Totenkopf in die Wirklichkeit zurückkehrte.
    »Wir sehen nicht mehr aus wie einst«, bemerkte er und
schob ihm einen Becher hin.
    »Jérôme.« Tête-de-Mort nickte müde. »Was treibt dich an
diesen verfluchten Ort?«
    »Nicht mein freier Wille, soviel steht fest«, murrte er
und sah sich misstrauisch um.
    »Das verbindet uns. Du bist auf der Île de la Tortue
ansässig?«
    »Aye! Mir gehört eine Tabakplantage in der Nähe von Le
Ringot. Habe Frau und Kinder dort.«
    Jérôme glaubte ein kurzes Funkeln in Tête-de-Morts Augen
zu erkennen, doch es war so schnell wieder verschwunden,
dass er nicht zu sagen vermochte, ob es Einbildung gewesen
war.
    »Dann frage ich mich, was dich bei diesem Wetter hierher
verschlägt. Du solltest bei deiner Familie sein.«
    »Aye.« Jérôme beobachtete ihn. Er war sich nicht sicher,
ob er ihm trauen konnte. »Ich komme nicht freiwillig.«
    Tête-de-Mort kniff die Augen zusammen. »Michel Le Basque?«
    »Aye.«
    Der Totenkopf fletschte die Zähne. »Ich habe mich schon
gefragt, wann er an meinen Gehorsam appellieren will. Nenn
mir seine Forderung!«
    Jérôme trommelte mit den Fingern auf den Tisch. Er war
nervös.
    »Der Baske war sehr vage, was die Details angeht, aber er
braucht deine Hilfe bei der Vernichtung der roten
Jacquotte.«
    Tête-de-Mort blieb ungerührt. »Was waren seine genauen
Worte?«, fragte er.
    Jérôme rang nach Atem. Die Luft im Schankraum war zäh wie
Honig und verklebte ihm die Lungen.
    »Sein Plan ist es, die
Fortune Noire
zu versenken.
Offenbar will er euch in einen Hinterhalt locken, um es nach
einem spanischen Überfall aussehen zu lassen. Während der
Kampfhandlungen soll die rote Jacquotte sterben und dein
Schiff auf den Meeresgrund gebombt werden.«
    Tête-de-Mort lachte. »Nur ein Narr kann so einen Plan
aushecken! Will er in Zukunft auch alle Schiffe versenken,
auf denen Indianer und Mohren unterwegs sind? Der Kodex ist
tot und Michel Le Basque ist sein Mörder! Das, woran wir
einst glaubten, hat er beerdigt, um seine Autorität zu
festigen. Wann wurde das letzte Mal ein Mann wegen
Totschlags an einem Bruder erschossen? Der Baske richtet
nicht mehr über die, die ihm von Vorteil sind, sonst wären
die Tage von L’Olonnais längst gezählt!« Er schnaubte und
sah Jérôme argwöhnisch an. »Unterstützt du seinen Plan?«
    Jérôme hielt seinem Blick länger stand als nötig. »Du
erinnerst dich an Émile Delahaye, meinen Gefolgsbruder?«,
fragte er statt einer Antwort.
    Tête-de-Mort nickte, und Jérôme holte Luft. Er riskierte
viel.
    »Émile Delahaye ist Jacquottes Vater. Ihre Mutter war die
Indianerfrau, die ihm Michel bei dem Überfall auf die
spanische Silbergaleone zugestand.«
    Tête-de-Mort senkte den Blick. Es war unmöglich zu sagen,
was hinter seiner entstellten Miene vor sich ging. Jérômes
Nervosität nahm zu.
    »Der Baske weiß nichts davon«, stellte Tête-de-Mort nach
einer Weile fest. »Er hat dich in der Hand. Bedroht er deine
Familie?«
    Jérôme schwieg. Er wusste, dass ihm die Angst um seine
Frau und seine Kinder ins Gesicht geschrieben stand. Der
Totenkopf legte die Stirn in Falten.
    »Zu welch verruchtem Teufel ist der Baske nur geworden?
Ich will verdammt sein, aber hätte ich gewusst, zu welchen
Taten er fähig ist, wäre ich nie in diesen Hafen
zurückgekehrt.« Er trank den Rum aus. Jérôme schob ihm den
zweiten Becher hin, der noch völlig unberührt vor ihm stand.
Tête-de-Mort ergriff ihn hastig.
    »Mein Bruder wollte nach seinen eigenen Regeln spielen.
Des Basken war er überdrüssig, Ehre kannte er nicht.
Gemeinsam mit De l’Isle wollte er ihn in die Knie zwingen.
Er verdiente das Geschwür. Ich muss es tragen. Dem Basken
mein Wort zu geben, damit er Philippe verschont, war der
größte Fehler meines Lebens.« Tête-de-Mort kippte den
zweiten Becher hinunter. »Ich danke dir für dein Vertrauen.
Geh zum Basken und lass ihn wissen, dass du mit mir
gesprochen hast. Ich werde ihn die nächsten Tage aufsuchen,
um mit ihm zu verhandeln. Sei unbesorgt, deine Familie ist
in Sicherheit.«
    »Sie gehört ebenfalls zu meiner Familie. Ich will sie
schützen!« Jérôme beugte sich vor.
    »Das will ich ebenso«, entgegnete Tête-de-Mort, »Dennoch
hat

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