Jonathan Strange & Mr. Norrell
unmöglich.«
Drawlights Betrug war bald allseits bekannt, und wie Strange vorhergesagt hatte, wurde ein gewisser Teil der Schuld den beiden Zauberern zugesprochen. Drawlight war schließlich Mr. Norrells Busenfreund. Es war ein vortreffliches Thema für die Karikaturisten, und ein paar erstaunliche Zeichnungen wurden veröffentlicht. Eine Karikatur von George Cruikshank zeigte Mr. Norrell, der einer Gruppe von Bewunderern eine lange Rede über die Vornehmheit der englischen Zauberei hielt, während Strange in einem Hinterzimmer einem Diener eine Art Speisekarte diktierte, die dieser mit Kreide auf eine Tafel schrieb: »Ermordung eines flüchtigen Bekannten durch Zauberei – zwanzig Guineen. Ermordung eines guten Freundes – vierzig Guineen. Ermordung eines Verwandten – einhundert Guineen. Ermordung eines Ehegatten – vierhundert Guineen.« In einer Karikatur von Rowlandson ging eine elegante Dame mit einem plüschigen kleinen Hund an der Leine die Straße entlang. Sie traf eine Bekannte, die ausrief: »Oh, Mrs. Foulkes, was für ein süßer kleiner Mops!« – »Ja«, erwiderte Mrs. Foulkes. »Das ist Mr. Foulkes. Ich habe Mr. Norrell und Mr. Strange fünfzig Guineen gezahlt, damit mein Mann jedem meiner Wünsche gehorcht, und dies ist das Ergebnis.«
Es besteht kein Zweifel, dass die Karikaturen und die boshaften Zeitungsberichte der englischen Zauberei erheblichen Schaden zufügten. Jetzt war es möglich, Zauberei in einem ganz anderen Licht zu betrachten – nicht als das beste Schutzschild der Nation, sondern als das Werkzeug von Bosheit und Neid.
Und was war mit den Leuten, die Drawlight geschädigt hatte? Wie sahen sie die Angelegenheit? Mr. Palgrave – der alte, kranke und unfreundliche Herr, der gehofft hatte, ewig zu leben – beabsichtigte, Drawlight wegen Betrugs vor Gericht zu bringen, wurde jedoch von dem Umstand daran gehindert, dass er am nächsten Tag unerwartet verstarb. Seine Kinder und Erben (die ihn allesamt gehasst hatten) freuten sich, dass er seine letzten Tage frustriert, unglücklich und enttäuscht verbracht hatte. Auch von Miss Gray und Mrs. Bullworth hatte Drawlight nichts zu befürchten. Miss Grays Freunde und Verwandte hätten nie zugelassen, dass sie an einem gewöhnlichen Gerichtsverfahren teilnahm, und Mrs. Bullworths Anweisungen waren so bösartig gewesen, dass sie sich selbst schuldig gemacht hatte; sie konnte ihm nichts anhaben. Es blieben noch Gatcombe und Tantony, die Bierbrauer aus Nottinghamshire. Als praktisch denkender Geschäftsmann war es Mr. Gatcombes erstes Anliegen, sein Geld zurückzubekommen, und er schickte Gerichtsvollzieher nach London, die es eintreiben sollten. Leider war Drawlight nicht in der Lage, Mr. Gatcombe in dieser Kleinigkeit gefällig zu sein, da er das Geld längst ausgegeben hatte.
Und so kommen wir zu Drawlights tatsächlichem Untergang, denn kaum war er dem Galgen entronnen, näherte sich am bereits wolkenverhangenen Himmel seiner Existenz auf schwarzen Flügeln seine wahre Nemesis, um ihn zu zertreten. Er war nie reich gewesen, ganz im Gegenteil. Er lebte überwiegend auf Kredit und indem er sich Geld von seinen Freunden lieh. Hin und wieder gewann er Geld in Spielkasinos, aber öfter ermunterte er törichte junge Männer zu spielen, und wenn sie verloren (was sie unweigerlich taten), nahm er sie beim Arm und führte sie unter unablässigem Geplapper zu diesem oder jenem ihm bekannten Geldverleiher. »Ich könnte Ihnen redlicherweise keinen anderen Geldverleiher empfehlen«, sagte er besorgt, »sie verlangen so ungeheuerliche Zinsen. Aber Mr. Buzzard ist ganz anders. Er ist ein überaus freundlicher alter Herr. Er kann es nicht mit ansehen, dass sich irgendjemand ein Vergnügen versagen muss, wenn er die Mittel hat, um es ihm zu erlauben. Ich glaube wirklich, dass er das Verleihen kleiner Summen mehr als Wohltätigkeit denn als Geschäft betrachtet.« Für diesen kleinen, aber wesentlichen Dienst bei dem Unterfangen, jungen Männern Schulden, Laster und Ruin schmackhaft zu machen, wurde er von den Geldverleihern bezahlt – vier Prozent der Zinsen im ersten Jahr für den Sohn eines Bürgerlichen, sechs Prozent für den Sohn eines Vicomtes oder Barons und zehn Prozent für den Sohn eines Grafen oder Herzogs.
Seine Schande sprach sich schnell herum. Schneider, Hut- und Handschuhmacher, denen er Geld schuldete, verlangten jetzt, dass er zahlte. Schulden, deren Erstattung, wie er insgeheim gehofft hatte, noch einmal vier oder fünf Jahre
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