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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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will nicht der Grund für den Tod eines Mannes sein. Ich war auf der Halbinsel, Sir. Ich habe genug Männer sterben sehen.«
    »Aber vor zwei Tagen wollten Sie ihn zu einem Duell fordern!«
    Strange warf ihm einen zornigen Blick zu. »Das ist etwas ganz anderes!«
    »Jedenfalls«, fuhr Mr. Norrell fort, »tragen Sie fast genauso viel Schuld wie Drawlight.«
    »Ich?«, rief Strange erschrocken. »Warum? Was habe ich getan?«
    »Oh, Sie wissen ganz genau, was ich meine. Was um alles in der Welt ist in Sie gefahren, die Königswege zu beschreiten? Allein und völlig unvorbereitet. Sie konnten wohl kaum annehmen, dass ich so ein wildes Abenteuer gutheiße! Was Sie in dieser Nacht getan haben, wird die Zauberei ebenso in Verruf bringen wie alles, was dieser Mann getan hat. Ja, vermutlich weit mehr! Niemand hatte je eine gute Meinung von Christopher Drawlight. Niemand ist überrascht, dass er sich als Schurke herausgestellt hat. Aber Sie sind überall als mein Schüler bekannt! Sie sind der zweite Zauberer im Land. Die Leute werden glauben, dass ich billigte, was Sie taten. Die Leute werden glauben, dass dies Teil meines Planes war, die englische Zauberei Wiederaufleben zu lassen!«
    Strange starrte seinen Lehrer an. »Gott behüte, Mr. Norrell, dass Sie sich von irgendetwas, was ich getan habe, kompromittiert fühlen. Ich versichere Ihnen, nichts liegt meinen Wünschen ferner. Aber dem kann leicht abgeholfen werden. Wenn Sie und ich getrennte Wege gehen, Sir, kann jeder von uns unabhängig vom anderen handeln. Die Welt wird uns ohne Bezug auf den anderen beurteilen.«
    Mr. Norrell wirkte überaus schockiert. Er sah zu Strange, blickte wieder weg und murmelte leise, dass er das nicht gemeint habe. Er hoffe, Mr. Strange wisse, dass er das nicht gemeint habe. Er räusperte sich. »Ich hoffe, Mr. Strange wird mir meinen gereizten Geisteszustand nachsehen. Ich hoffe, Mr. Strange liegt genug an der englischen Zauberei, um meine Anwandlungen zu ertragen. Er weiß, wie wichtig es ist, dass er und ich zum Wohl der englischen Zauberei gemeinsam sprechen und handeln. Es ist viel zu früh, die englische Zauberei Winden aus unterschiedlichen Richtungen auszusetzen. Wenn Mr. Strange und ich beginnen, uns in wichtigen Angelegenheiten der Zauberpolitik zu widersprechen, dann wird, so glaube ich, die englische Zauberei nicht überleben.«
    Schweigen.
    Strange stand von seinem Stuhl auf und verbeugte sich steif und feierlich vor Mr. Norrell.
    Die nächsten Augenblicke waren peinlich. Mr. Norrell blickte drein, als würde er gern etwas sagen, wüsste aber nicht, was.
    Zufälligerweise war Lord Portisheads neues Buch, Abhandlung über das außergewöhnliche Wiederaufleben der englischen Zauberei , gerade frisch vom Drucker gebracht worden und lag auf einem kleinen Tisch. Mr. Norrell griff danach. »Was für ein ausgezeichnetes kleines Werk das ist! Und wie ergeben Lord Portishead unserer Sache ist. Nach so einer Krise ist man nicht gerade geneigt, irgendjemandem zu vertrauen – und doch glaube ich, dass wir uns immer auf Lord Portishead verlassen können.«
    Er reichte Strange das Buch.
    Strange blätterte nachdenklich darin. »Er hat gewiss alles getan, worum wir ihn gebeten haben. Zwei lange Kapitel mit Angriffen auf den Rabenkönig, und Elfen erwähnt er so gut wie überhaupt nicht. Soweit ich mich erinnere, enthielt die ursprüngliche Fassung seines Manuskripts eine lange Beschreibung der Zauberei des Rabenkönigs.«
    »Ja, so war es«, sagte Mr. Norrell. »Bis Sie die Korrekturen gemacht haben, war es wertlos. Schlimmer als wertlos – gefährlich! Aber die langen Stunden, die Sie mit ihm verbrachten, um ihn anzuleiten, haben Früchte getragen. Ich bin außerordentlich zufrieden damit.«
    Als Lucas das Tablett mit den Teesachen hereinbrachte, schienen die beiden Zauberer wieder zu ihrem alten Selbst zurückgefunden zu haben (Strange war vielleicht ein bisschen stiller als üblich). Der Streit schien beigelegt.
    Kurz bevor Strange gehen wollte, fragte er, ob er Lord Portisheads Buch ausleihen könne.
    »Aber gewiss!«, rief Mr. Norrell. »Behalten Sie es. Ich habe noch weitere Exemplare.«
    Trotz aller Einwände, die Strange und Childermass gegen die erneute Einrichtung der Cinque Dragownes vorgebracht hatten, wollte Mr. Norrell seinen Plan nicht aufgeben. Je länger er darüber nachdachte, umso mehr schien ihm, dass er erst wieder Frieden finden würde, wenn es einen richtigen Zaubergerichtshof in England gäbe. Er war der Ansicht,

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