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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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Zauberern. Sie wollten, dass ich ihnen etwas über Vampire erzähle.«
    Mr. Murray bedauerte, dass sich seine zwei Autoren nicht besser verstanden, aber andererseits war wahrscheinlich nichts daran zu ändern, so dachte er, da beide Männer berüchtigt dafür waren, gern zu streiten: Strange mit Norrell und Byron mit so gut wie allen. 128
    Nachdem er die Briefe gelesen hatte, ging Mr. Murray hinunter in die Buchhandlung. Er hatte eine sehr große Auflage von Jonathan Stranges Buch drucken lassen und wollte unbedingt wissen, wie es sich verkaufte. Der Laden wurde geführt von einem Mann namens Shackleton, der genauso aussah, wie ein Buchhändler aussehen sollte. Er hätte für keine andere Art von Laden getaugt – keinesfalls für ein Herrenmoden- oder ein Putzmachergeschäft, in denen die Gehilfen schlauer als die Kunden sein müssen –, aber als Buchhändler war er perfekt. Er wirkte alterslos. Er war dünn und angestaubt und mit winzigen Tintenflecken übersät. Seine Aura zeugte von Gelehrtheit, eingefärbt mit Abstraktion. Auf seiner Nase saß eine Brille; hinter dem Ohr steckte ein Federkiel, und die Perücke auf seinem Kopf befand sich in Auflösung.
    »Shackleton, wie viele Exemplare von Mr. Stranges Buch haben wir heute verkauft?«, fragte Mr. Murray.
    »Sechzig oder siebzig Stück, würde ich sagen.«
    »Ausgezeichnet!«, sagte Mr. Murray.
    Shackleton runzelte die Stirn und schob die Brille auf der Nase nach oben. »Ja, das sollte man meinen, nicht wahr?«
    »Wie meinen Sie das?«
    Shackleton nahm die Feder, die hinter seinem Ohr steckte. »Sehr viele Leute sind zweimal gekommen und haben jedes Mal ein Exemplar gekauft.«
    »Umso besser! Wenn es so weitergeht, werden wir bald Byrons Korsar überrundet haben. Wenn es so weitergeht, werden wir Ende nächster Woche eine neue Auflage brauchen.« Da Shackletons Stirnrunzeln sich nicht auflöste, fügte er hinzu: »Nun, stimmt etwas nicht? Ich nehme an, sie kaufen das zweite Exemplar als Geschenk für ihre Freunde.«
    Shackleton schüttelte den Kopf, so dass alle losen Haare seiner Perücke hin und her flogen. »Es ist merkwürdig. So etwas ist noch nie vorgekommen.«
    Die Ladentür wurde geöffnet, und ein junger Mann trat ein. Er war klein von Gestalt und schlank. Er hatte ebenmäßige Gesichtszüge, und er wäre recht hübsch gewesen, hätte er sich nicht so sonderbar verhalten. Er gehörte zu den Menschen, deren Gedanken dermaßen lebhaft sind, dass sie zur Verblüffung ihrer Mitmenschen aus ihrem Gehirn in die Welt hinausfließen. Er sprach mit sich selbst, und seine Miene wandelte sich beständig. In einem einzigen Augenblick konnte er überrascht, gekränkt, entschlossen und zornig dreinblicken – Gefühle, die vermutlich die Folge der energischen Unterhaltung waren, die er mit den idealen Menschen in seinem Kopf führte.
    Geschäfte, vor allem Londoner Geschäfte, werden häufig von Verrückten heimgesucht, und Mr. Murray und Shackleton waren sofort auf der Hut. Ihr Argwohn wurde auch nicht gemildert, als der junge Mann Shackleton mit einem durchdringenden Blick aus seinen leuchtend blauen Augen fixierte und rief: »So sieht sie also aus, die gute Behandlung der Kunden! Das nenne ich Zuvorkommenheit!« Dann wandte er sich an Mr. Murray: »Ich gebe Ihnen einen guten Rat, Sir. Kaufen Sie Ihre Bücher nicht hier. Sie sind Lügner und Diebe!«
    »Lügner und Diebe?«, sagte Mr. Murray. »Nein, da täuschen Sie sich, Sir. Ich bin sicher, wir können Sie davon überzeugen, dass Sie sich täuschen.«
    »Ha!«, rief der junge Mann und bedachte Mr. Murray mit einem hinterlistigen Blick, um ihm zu erkennen zu geben, dass er jetzt wusste, dass Mr. Murray nicht, wie er zuerst vermutet hatte, ebenfalls ein Kunde war.
    »Ich bin der Besitzer«, erklärte Mr. Murray hastig. »Wir bestehlen die Leute nicht. Sagen Sie mir, was geschehen ist, und ich werde mich bemühen, Ihnen zu Diensten zu sein. Ich bin sicher, es handelt sich um ein Missverständnis.«
    Aber der junge Mann ließ sich durch Mr. Murrays höfliche Worte nicht im Mindesten besänftigen. »Leugnen Sie, Sir, dass dieses Geschäft einen Schurken und Betrüger von Zauberer in Dienst genommen hat – einen Zauberer namens Strange?«
    Mr. Murray wollte sagen, dass Strange einer seiner Autoren sei, aber der junge Mann ließ ihn nicht ausreden. »Leugnen Sie, Sir, dass Mr. Strange seine Bücher verzaubert hat, damit sie verschwinden, so dass man ein zweites kaufen muss? Und dann noch eins!« Er drohte Shackleton

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