Jonathan Strange & Mr. Norrell
dem Versuch, ein bisschen Zeit zu gewinnen.
»Sie wünschen, dass Ihr Profit berücksichtigt wird? Ich nehme an, das ist nur fair. Ich werde mit Mr. Norrell sprechen.« Dann verbeugte sich Childermass und verließ den Laden.
Mr. Murray und Shackleton hatten keinen Grund, länger zu bleiben. Kaum standen sie wieder auf der Straße, wandte sich Mr. Murray an Shackleton und sagte: »Gehen Sie in die Thames Street« – dort befand sich das Lagerhaus, in dem Mr. Murray seine Bücher lagerte – »und finden Sie heraus, ob noch Exemplare von Mr. Stranges Buch da sind. Lassen Sie sich von Jackson nicht mit einer knappen Antwort abspeisen. Er soll Ihnen die Bücher zeigen. Sagen Sie ihm, dass er sie zählen und mich die Anzahl innerhalb der nächsten Stunde wissen lassen muss.«
Bei seiner Rückkehr in der Abermarie Street fand Mr. Murray drei junge Männer in seiner Buchhandlung vor. Kaum war er eingetreten, schlugen sie die Bücher zu, die sie in Händen hielten, stürzten sich auf ihn und begannen alle drei gleichzeitig zu reden. Mr. Murray nahm selbstverständlich an, dass sie aus dem gleichen Grund gekommen waren wie Mr. Green. Da zwei von ihnen sehr groß waren und alle laut und empört schrien, wurde er nervös und signalisierte dem Ladenjungen, loszulaufen und Hilfe zu holen. Der Ladenjunge blieb, wo er war, und verfolgte das Geschehen mit einem Ausdruck ungewohnten Interesses.
Heftige Ausrufe der jungen Männer, wie zum Beispiel »dieser Schurke!« und »der widerwärtige Schuft!« halfen nicht, Mr. Murray zu beruhigen, aber nach einer Weile begriff er, dass sie nicht ihn mit Schmähungen überzogen, sondern Mr. Norrell.
»Ich bitte vielmals um Entschuldigung, meine Herren«, sagte er, »aber wenn es Ihnen nicht zu viel Mühe macht, könnten Sie dann vielleicht so freundlich sein und mich davon in Kenntnis setzen, wer Sie sind?«
Die jungen Männer waren überrascht. Sie hatten angenommen, sie wären bekannter. Sie stellten sich vor. Sie waren Stranges Schüler, Henry Purfois, William Hadley-Bright und Tom Levy.
William Hadley-Bright und Henry Purfois waren groß und gut aussehend, während Tom Levy klein und schlank war, dunkles Haar und dunkle Augen hatte. Wie bereits erwähnt, waren Hadley-Bright und Purfois hochwohlgeborene Engländer, Tom dagegen war ein ehemaliger Tanzlehrer mit jüdischen Vorfahren. Glücklicherweise lag Hadley-Bright und Purfois herzlich wenig an diesen Unterschieden des Standes und der Abstammung. Da sie wussten, dass Tom der Begabteste von ihnen war, ließen sie ihm in Angelegenheiten zauberischer Gelehrtheit den Vortritt, und abgesehen davon, dass sie ihn beim Vornamen nannten (während er sie mit Mr. Purfois und Mr. Hadley-Bright ansprach) und von ihm erwarteten, dass er Bücher aufräumte, die sie herumliegen ließen, waren sie durchaus geneigt, ihn wie ihresgleichen zu behandeln.
»Wir können nicht herumsitzen und nichts tun, während dieser Schuft, dieses Ungeheuer Mr. Stranges großes Werk zerstört«, erklärte Henry Purfois. »Geben Sie uns etwas zu tun, Mr. Murray! Um mehr bitten wir nicht.«
»Und wenn dieses Etwas heißt, Mr. Norrell mit einem scharfen Säbel zu durchbohren, dann umso besser«, fügte William Hadley-right hinzu.
»Kann einer von Ihnen Strange nachreisen und ihn zurückholen?«, fragte Mr. Murray.
»Aber gewiss! Hadley-Bright ist der richtige Mann dafür«, erklärte Henry Purfois. »Er war einer der Adjutanten des Herzogs in Waterloo. Nichts tut er lieber, als auf einem Pferd durch die Gegend zu rasen.«
»Wissen Sie, wo Mr. Strange sich aufhält?«, fragte Tom Levy.
»Vor zwei Wochen war er in Genf«, sagte Mr. Murray. »Heute Morgen erhielt ich einen Brief von ihm. Vielleicht ist er noch dort. Vielleicht ist er auch nach Italien weitergereist.«
Die Tür wurde geöffnet, und Shackleton trat ein, seine Perücke voller Regentropfen, als hätte er sie mit zahllosen Glasperlen geschmückt. »Alles in Ordnung«, sagte er beflissen zu Mr. Murray. »Die Bücher sind noch da und verpackt.«
»Du hast sie mit deinen eigenen Augen gesehen?«
»Ja, habe ich. Ich nehme an, dass es eine Menge Zauberei brauchen wird, um zehntausend Bücher verschwinden zu lassen.«
»Ich wünschte, ich könnte so gelassen sein«, sagte Tom Levy. »Verzeihen Sie mir, Mr. Murray, aber nach allem, was ich über Mr. Norrell gehört habe – wenn er eine Aufgabe hat, arbeitet er unermüdlich, bis sie erledigt ist. Ich glaube nicht, dass wir Zeit haben, auf Mr. Stranges
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