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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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mit dem Finger und blickte verschlagen drein. »Sie werden behaupten, dass Sie sich nicht an mich erinnern.«
    »Nein, Sir, das behaupte ich nicht. Ich erinnere mich sehr wohl an Sie. Sie waren einer der ersten Herren, die ein Exemplar von Geschichte und Ausübung der englischen Zauberei gekauft haben, und eine Woche später kamen Sie erneut, um noch eins zu kaufen.«
    Der junge Mann riss die Augen weit auf. »Ich musste noch ein Exemplar kaufen!«, rief er empört. »Das erste ist verschwunden.«
    »Verschwunden?«, fragte Mr. Murray verwirrt. »Wenn Sie Ihr Buch verloren haben, Mr. ..., äh, dann bedaure ich das, aber ich verstehe nicht, wie der Buchhändler daran Schuld tragen soll.«
    »Mein Name, Sir, ist Green. Und ich habe mein Buch nicht verloren. Es ist verschwunden. Zweimal.« Mr. Green stieß einen tiefen Seufzer aus, wie man es tut, wenn man es mit Dummköpfen und Schwachsinnigen zu tun hat. »Ich habe das erste Buch mit nach Hause genommen«, erklärte er, »und dort auf den Tisch gelegt, auf eine Schachtel, in der ich meine Rasiermesser und anderen Rasierutensilien aufbewahre.« Mr. Green ahmte nach, wie er das Buch auf die Schachtel gelegt hatte. »Ich legte die Zeitung auf das Buch, und darauf stellte ich einen Kerzenständer aus Messing, auf den ich wiederum ein Ei legte.«
    »Ein Ei?«, sagte Mr. Murray.
    »Ein hart gekochtes Ei! Aber als ich mich – keine zehn Minuten später! – wieder umdrehte, lag die Zeitung direkt auf der Schachtel, und das Buch war verschwunden. Aber das Ei und der Kerzenständer standen noch auf der Zeitung wie zuvor. Deshalb kam ich eine Woche später wieder und kaufte ein weiteres Exemplar – genau wie Ihr Buchhändler sagt. Ich nahm es mit nach Hause. Ich legte es zusammen mit Coopers Wörterbuch der praktischen Chirurgie auf den Kaminsims und stellte die Teekanne darauf. Aber als ich die Kanne hochhob, verrutschten die Bücher und fielen in den Korb für die schmutzige Wäsche. Am Montag legte Jack Boot – mein Diener – die schmutzigen Laken in den Korb. Am Dienstag kam die Wäscherin und wollte die schmutzigen Laken mitnehmen, aber als sie sie aus dem Korb nahm, lag Coopers Wörterbuch der praktischen Chirurgie zwar noch auf dem Boden des Korbs, aber Geschichte und Ausübung der englischen Zauberei war verschwunden.«
    Diese Ansprache, die kleine Exzentrizitäten in Mr. Greens Haushaltsführung nahe legte, schien Hoffnung auf eine Erklärung zu lassen.
    »Haben Sie sich vielleicht in der Stelle geirrt, an die Sie es gelegt haben?«, fragte Mr. Shackleton.
    »Vielleicht hat es die Wäscherin mit den Laken mitgenommen?«, schlug Mr. Murray vor.
    »Nein, nein!«, erklärte Mr. Green.
    »Kann jemand es ausgeliehen haben? Oder woanders hingelegt?«, fragte Shackleton.
    Mr. Green schien erstaunt über diese Möglichkeit. »Wer?«, sagte er.
    »Ich... ich habe keine Ahnung. Mrs. Green? Ihr Diener?«
    »Es gibt keine Mrs. Green. Ich lebe allein. Abgesehen von Jack Boot, und Jack Boot kann nicht lesen.«
    »Ein Freund vielleicht?«
    Mr. Green schien leugnen zu wollen, dass er jemals Freunde gehabt hatte.
    Mr. Murray seufzte. »Shackleton, gib Mr. Green ein weiteres Exemplar und erstatte ihm das Geld für das zweite Buch.« Zu Mr. Green sagte er: »Ich freue mich, dass es Ihnen so gut gefällt, dass Sie sich ein zweites Exemplar gekauft haben.«
    »Dass es mir gefällt!«, rief Mr. Green verblüffter denn je zuvor. »Ich habe nicht die geringste Ahnung, ob es mir gefällt oder nicht. Ich hatte bislang nicht die Gelegenheit, es auch nur aufzuschlagen.«
    Nachdem er gegangen war, blieb Mr. Murray noch eine Weile im Laden und machte Scherze über Wäschekörbe und hart gekochte Eier, aber Mr. Shackleton (der im Allgemeinen Scherzen nicht abgeneigt war) war nicht zu amüsieren. Er blickte nachdenklich und besorgt drein und bestand wiederholt darauf, dass etwas Merkwürdiges vor sich gehe.
    Eine halbe Stunde später saß Mr. Murray oben in seinem Zimmer und betrachtete seinen Bücherschrank. Als er aufschaute, sah er Shackleton.
    »Er ist wieder da«, sagte Shackleton.
    »Wer?«
    »Green. Er hat sein Buch wieder verloren. Er hatte es in der rechten Rocktasche, aber als er die Great Pulteney Street erreichte, war es verschwunden. Selbstverständlich habe ich ihm erklärt, dass es in London von Dieben nur so wimmelt, aber Sie müssen zugeben...«
    »Ja, ja. Das spielt jetzt keine Rolle«, unterbrach ihn Mr. Murray. »Mein eigenes Exemplar ist verschwunden. Sehen Sie nur. Ich habe

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