Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
Vom Netzwerk:
bedächtig, »ich glaube, ich verstehe langsam, was Sie meinen. Und ich muss gestehen, ich halte es für eine hervorragende Idee. Sie haben einen großartigen Zauberakt vor Augen, ein Zeugnis Ihrer außergewöhnlichen Kräfte. Ja, Sir! Sollten Sie Erfolg haben, so werden sich sämtliche Wintertownes und Poles aus England auf Ihrer Schwelle einfinden und um die Bekanntschaft des wunderbaren Mr. Norrell betteln.«
    »Und falls er scheitert«, bemerkte Mr. Lascelles trocken, »wird jeder andere Mensch in England seine Tür vor dem berüchtigten Mr. Norrell schließen.«
    »Lieber Lascelles«, rief Drawlight, »was für einen Unsinn Sie da von sich geben. Mein Wort: Nichts auf der Welt ist so leicht zu erklären wie das Scheitern – schließlich ist es das, was alle dauernd tun.«
    Mr. Lascelles sagte, dass dies so überhaupt nicht stimme, und sie wollten gerade einen Streit darüber aufnehmen, als den Lippen ihres Freundes Mr. Norrell ein gequälter Schrei entfuhr. . »O Gott! Was soll ich tun? Was soll ich tun? Ich habe all die Monate hart gearbeitet, um den Menschen zu beweisen, wie anständig mein Beruf ist, und trotzdem verachten sie mich. Mr. Lascelles, Sie kennen sich aus in der Welt, sagen Sie ...«
    »Bedaure, Sir«, unterbrach ihn Lascelles rasch, »aber einer meiner wichtigsten Grundsätze ist es, niemals anderen einen Ratschlag zu geben.« Und er wandte sich wieder seiner Zeitung zu.
    »Mein lieber Mr. Norrell«, sagte Drawlight (der gar nicht erst wartete, bis man ihn nach seiner Meinung fragte). »Eine solche Gelegenheit wird sich wohl kein zweites Mal bieten...« (Ein schlagkräftiges Argument, das Mr. Norrell zu einem tiefen Seufzen veranlasste.) »... Und ich muss sagen, dass ich es mir vermutlich nie verzeihen würde, wenn ich Ihnen gestattete, sich diese Gelegenheit entgehen zu lassen. Mit einem Handstreich bringen Sie uns diese reizende junge Frau zurück – niemand, der von ihrem Tod erfährt, kann die Tränen zurückhalten. Sie retten ein Vermögen für einen Herrn, der es wahrlich verdient hat; und Sie bereiten der Zauberei einen Platz für zukünftige Generationen! Wenn Sie erst einmal bewiesen haben, wozu Ihre Kunst fähig ist, welchen Nutzen sie haben kann ... Wer wird den Zauberern dann noch das ihnen gebührende Lob und die angemessene Verehrung vorenthalten wollen? Man wird ihnen ebenso viel Respekt zollen wie Admirälen, noch mehr als Generälen, wahrscheinlich so viel wie Erzbischöfen und Lordkanzlern! Es würde mich keineswegs überraschen, wenn Seine Majestät nicht umgehend eine passende Auswahl von Titeln einrichten würde, wie Einfacher Zauberer, Hofzauberer, Ehrenzauberer und dergleichen mehr. Und Sie, Mr. Norrell, werden der Erzzauberer sein! Und all das mit einem Handstreich, Sir! Mit einem Handstreich!«
    Drawlight war mit dieser Rede zufrieden; Lascelles, der ärgerlich mit der Zeitung raschelte, hatte ganz offensichtlich einiges gegen Drawlight einzuwenden, doch nachdem er verkündet hatte, dass er nie einen Ratschlag gab, hatte er sein Recht verspielt, diese Einwände auszusprechen.
    »Es gibt kaum eine gefährlichere Form der Zauberei«, flüsterte Mr. Norrell entsetzt. »Es ist gefährlich für den Zauberer und gefährlich für das Subjekt.«
    »Nun, Sir«, sagte Drawlight vernünftigerweise, »was Ihre eigene Gefährdung betrifft, so können Sie das Risiko vermutlich selbst am besten beurteilen, aber das Subjekt, wie Sie es nennen, ist tot. Was sollte ihm noch Schlimmeres zustoßen?«
    Drawlight wartete einen Augenblick auf die Antwort auf diese interessante Frage, doch Mr. Norrell blieb sie schuldig.
    »Ich werde nach der Kutsche rufen«, kündigte Drawlight an und klingelte. »Ich werde umgehend zum Brunswick Square fahren. Haben Sie keine Angst, Mr. Norrell, ich bin mir ganz sicher, dass unser Vorschlag allseits auf begeisterte Zustimmung stoßen wird. Ich bin in einer Stunde zurück.«
    Nachdem Drawlight davongeeilt war, saß Mr. Norrell etwa eine Viertelstunde lang da und blickte starr vor sich hin, und obwohl Lascelles nicht an den Zauber glaubte, der laut Mr. Norrell vollführt werde sollte (und daher auch nicht an die Gefahr, der man sich laut Mr. Norrell stellen musste), so war er dennoch froh, dass er nicht sehen konnte, was Norrell zu sehen schien.
    Dann raffte Mr. Norrell sich auf, nahm eilig fünf oder sechs Bücher aus dem Regal und schlug sie auf – vermutlich auf der Suche nach den Passagen, die verrieten, wie man tote junge Damen wieder zum Leben erwecken

Weitere Kostenlose Bücher