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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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konnte. Dies beschäftigte ihn eine weitere Dreiviertelstunde lang, bis vor der Bibliothek Geräusche zu hören waren und Mr. Drawlights Stimme ihm in den Raum vorauseilte.
    »... den größten Gefallen der Welt! Ich bin Ihnen auf ewig verbunden ...« Mr. Drawlight tänzelte durch die Bibliothekstür, sein Gesicht ein einziges riesiges Lächeln. »Alles in Ordnung, Sir! Sir Walter war zunächst etwas zurückhaltend, aber alles ist in Ordnung. Er bat mich, Ihnen seinen Dank für Ihre freundliche Aufmerksamkeit zu überbringen, aber er glaubt nicht, dass es etwas nützen wird. Ich sagte zu ihm, er müsse sich überhaupt keine Sorgen machen, falls er glaube, dass die Angelegenheit später herauskäme und man darüber sprechen würde, denn uns läge auf keinen Fall daran, ihn bloßzustellen – und dass es Mr. Norrells einziger Wunsch sei, ihm zu Diensten zu sein, und dass Lascelles und ich die Diskretion in Person sind –, doch er meinte, darum mache er sich keine Sorgen, denn die Leute würden über einen Minister immer lachen, es handele sich vielmehr darum, dass er Miss Wintertowne nun am liebsten schlafen lassen möchte – er halte das in ihrer derzeitigen Lage für das Ehrenwerteste. Mein lieber Sir Walter!, rief ich, wie können Sie so etwas sagen? Sie können unmöglich annehmen, dass eine reiche und schöne junge Dame so kurz vor ihrer Hochzeit mit Freuden aus dem Leben scheidet – noch dazu, wenn Sie der glückliche Ehemann sein sollten! Ach, Sir Walter! – sagte ich –, Sie glauben vielleicht nicht an Mr. Norrells Zauberei, aber kann ein Versuch schaden? Davon war die alte Dame umgehend überzeugt und fügte meinen Argumenten ihre hinzu – und sie erzählte mir von einem Zauberer aus ihrer Kindheit, einem äußerst begabten Mann und ergebenen Freund der Familie, der das Leben ihrer Schwester um mehrere Jahre über das erwartete Maß hinaus verlängert hatte. Ich sage Ihnen, Mr. Norrell, Mrs. Wintertownes Dankbarkeit für Ihre Güte lässt sich nicht mit Worten schildern, und sie bittet mich, Ihnen auszurichten, Sie mögen sie umgehend aufsuchen – und Sir Walter seinerseits sagt, dass er keinen Sinn darin sieht, es zu verschieben. Also wies ich Davey an, vor der Tür zu warten und auf gar keinen Fall wegzufahren. Ach, Mr. Norrell, dies wird eine Nacht der Aussöhnung! Sämtliche Missverständnisse, sämtliche unglücklichen Verstrickungen, die sich aus einem oder zwei falsch gewählten Worten ergaben – sie werden samt und sonders wie weggeblasen sein –, es wird genau so sein wie in einem Stück von Shakespeare!«
    Mr. Norrells Überzieher wurde geholt, und er setzte sich in die Kutsche; sein überraschter Gesichtsausdruck, als sich die Kutschentüren öffneten und Mr. Drawlight auf der einen und Mr. Lascelles auf der anderen Seite einstiegen, lässt mich annehmen, dass er ursprünglich nicht davon ausgegangen war, diese beiden Herren würden ihn zum Brunswick Square begleiten.
    Lascelles warf sich in die Kutsche, schnaubte vor Lachen und sagte, er habe nie zuvor in seinem Leben etwas so Lächerliches gehört. Er verglich ihre gemütliche Fahrt in Mr. Norrells Kutsche durch Londons Straßen mit alten französischen und italienischen Fabeln, in denen sich Narren in Milchkübeln aufs Wasser begaben, um die Spiegelung des Monds vom Grund des Ententeichs heraufzuholen – all dies hätte Mr. Norrell sicherlich umgehend beleidigt, wäre Mr. Norrell in der geistigen Verfassung gewesen, ihm seine Aufmerksamkeit zu schenken.
    Als sie am Brunswick Square ankamen, fanden sie eine kleine Menschengruppe vor, die sich auf den Stufen versammelt hatte. Zwei Männer kamen heran, um die Pferde zu halten, und der Lichtschein der Öllampe, die über der Treppe hing, ließ erkennen, dass es sich bei der Gruppe um etwa ein Dutzend von Mrs. Wintertownes Dienstboten handelte, die alle auf den Zauberer warteten, der ihnen ihre junge Herrin zurückbringen würde. Wie die menschliche Natur nun mal ist, so vermute ich, dass sich einige unter ihnen befanden, die schlichtweg sehen wollten, wie ein solcher Mann aussah. Doch viele von ihnen trugen auf ihren blassen Gesichtern Zeichen der Trauer, und sie wurden meines Erachtens von einem sehr viel edleren Gefühl zu ihrer schweigsamen Wache auf der mitternächtlichen kalten Straße getrieben.
    Einer von ihnen nahm eine Kerze und ging voran, um Mr. Norrell und seinen Freunden den Weg zu zeigen, da das Haus sehr dunkel und kalt war. Sie standen auf der Treppe, als sie Mrs.

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