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Jonathan Strange & Mr. Norrell

Jonathan Strange & Mr. Norrell

Titel: Jonathan Strange & Mr. Norrell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Clarke
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Floras Gesellschaft und die Gespräche mit ihr am meisten zu genießen.
    Eines Morgens saßen sie gemeinsam mit ihren Handarbeiten da. Arabella legte ihre Handarbeit ungeduldig weg und ging zum Fenster. »Ich bin so unruhig«, sagte sie.
    »Das war zu erwarten«, sagte Flora leise. »Haben Sie Geduld. Im Laufe der Zeit werden Sie wieder so werden, wie Sie früher waren.«
    »Meinen Sie?«, sagte Arabella und seufzte. »Um die Wahrheit zu sagen, ich erinnere mich nicht mehr daran, wie ich früher war.«
    »Dann werde ich es Ihnen sagen. Sie waren stets gut gelaunt -obschon oft sich selbst überlassen. Sie verloren kaum je die Geduld – obschon Sie oft heftig provoziert wurden. Was Sie sagten, war immer geistreich und klug – obschon Sie kein Lob dafür erhielten, sondern Ihnen fast immer widersprochen wurde.«
    Arabella lachte. »Gütiger Gott! Was für ein Wunder ich war.« Sie setzte eine sarkastische Miene auf. »Aber ich bin nicht geneigt, Ihrem Porträt zu vertrauen, da Sie mich früher nicht kannten.«
    »Mr. Strange hat es mir erzählt. Es sind seine Worte.«
    »Oh!«, sagte Arabella und wandte das Gesicht ab.
    Flora senkte den Blick und sagte leise: »Wenn er zurückkehrt, wird er mehr dafür tun, dass Sie wieder Sie selbst werden, als jeder andere. Sie werden wieder glücklich sein.« Sie schaute auf.
    Arabella schwieg eine Weile. Dann sagte sie: »Ich bin nicht sicher, dass wir uns wiedersehen werden.«
    Flora nahm ihre Handarbeit wieder auf. »Es ist sehr merkwürdig, dass er schließlich zu seinem alten Lehrer zurückgekehrt sein sollte.«
    »Meinen Sie? Mir erscheint es nicht so außergewöhnlich. Ich hätte nie gedacht, dass der Streit so lange dauern würde, wie er gedauert hat. Ich dachte, sie würden nach einem Monat wieder Freunde.«
    »Sie erstaunen mich«, sagte Flora. »Als er bei uns war, hat Mr. Strange kein gutes Wort über Mr. Norrell verloren. Und Mr. Norrell hat in den Zauberzeitschriften die schrecklichsten Dinge über Mr. Strange veröffentlicht.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, erwiderte Arabella unbeeindruckt. »Aber das war von beiden nur Unfug! Sie sind beide so stur wie alte Böcke. Ich habe keinen Grund, Mr. Norrell zu mögen – wirklich nicht. Aber das weiß ich: Er ist zuallererst Zauberer, und alles andere kommt danach – und Jonathan ist genauso. Beiden liegt letztlich nur etwas an Büchern und Zauberei. Niemand kennt sich in diesem Gebiet so gut aus wie sie – und deswegen ist es nur natürlich, dass sie gern zusammen sind.«
    Im Laufe der Wochen lächelte und lachte Arabella häufiger. Sie begann sich für alles zu interessieren, was ihre neuen Freunde betraf. Sie verbrachte die Tage mit geselligen Mahlzeiten, Besorgungen und den angenehmen Verpflichtungen der Freundschaft – mit kleinen häuslichen Dingen, an denen sich ihr wunder Geist und ihre verletzte Seele erfrischten. An ihren abwesenden Mann dachte sie nur selten, aber sie war ihm dankbar, dass er so rücksichtsvoll gewesen war und sie zu den Greysteels geführt hatte.
    In Padua hielt sich zu der Zeit ein junger irischer Hauptmann auf, und einige Leute waren der Ansicht, dass er Flora bewunderte – obwohl Flora dem vehement widersprach. Obschon er eine Kavalleriekompanie durch den schlimmsten Kugelhagel von Waterloo geführt hatte, schien ihn der Mut vollkommen zu verlassen, wenn er Flora sah. Er konnte sie nicht anblicken, ohne rot zu werden, und war höchst beunruhigt, wann immer sie den Raum betrat. Es fiel ihm leichter, sich an Mrs. Strange zu wenden, wenn er erfahren wollte, wann Flora durch den Prato della Valle (ein wunderschöner Garten im Herzen der Stadt) spazieren oder die Baxters (gemeinsame Freunde) besuchen würde. Und Arabella half ihm gern.
    Aber ihre Gefangenschaft hatte auch Folgen, die sie nicht so einfach abschütteln konnte. Sie war es gewohnt, die ganze Nacht zu tanzen, und fand nicht leicht in den Schlaf. Manchmal hörte sie des Nachts eine traurige Violine und eine Flöte Elfenmelodien spielen, die sie zum Tanz aufforderten – wenngleich es das Letzte war, was sie tun wollte.
    »Sprechen Sie mit mir«, sagte sie zu Flora und Tante Greysteel. »Sprechen Sie mit mir, und ich werde es überwinden.«
    Dann setzte sich eine der beiden zu ihr, und sie sprachen über alles, was ihnen einfiel. Aber manchmal war der Impuls, sich zu bewegen – sich irgendwie zu bewegen –, zu stark, um ihn zu unterdrücken, und dann schritt sie durch das Schlafzimmer, das sie mit Flora teilte. Mehrmals

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