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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04 Die Krone von Dalemark
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Straße war, wie anscheinend alle, glatt und eben und in der Dunkelheit erstaunlich leicht zu verfolgen. Wenn die Unvergänglichen wirklich die Straßen gebaut haben, dachte Mitt, dann waren sie allerdings tüchtig. Nach Jahren der Arbeit in der Werkstatt war Mitt erfreut festzustellen, dass er sich noch immer im Dunkeln zurechtzufinden verstand, wie er es als Fischerjunge gelernt hatte. Meistens tut man es, wie man es den Fledermäusen nachsagt, dachte er. Ganz nach Gefühl. Wann immer die Straße sich krümmte, spürte er, wie die Luft über größeren Felsblöcke strich, und wusste, ob es nach links oder nach rechts ging, auch wenn er den blassgrauen Weg nicht erkennen konnte. Gräfin, das musste er ihm lassen, hatte das gleiche Gespür – aber das merkte er erst, nachdem der Wallach sich herabgelassen hatte loszugehen.
    Zuerst aber stellte das Tier sich quer. Nachdem es während der ersten Meile den Kopf hin und her geworfen und zu lahmen vorgegeben hatte, was Mitt mit tief empfundenen Verwünschungen beantwortete, entschied sich das Pferd, ihn dadurch zu überraschen, dass es sich plötzlich zur Zusammenarbeit bereit zeigte. Mit klappernden Hufen kamen sie in einem guten Tempo voran. Um nicht daran denken zu müssen, was aus ihm wurde, wenn man ihn im Herrensitz ertappte, sann Mitt darüber nach, weshalb er diesen Ring für Noreth holen ging.
    Selbst wenn er einmal dem Adon gehört hatte, war sich Mitt doch recht sicher, dass es sich um nichts weiter als einen Ring handelte, ganz gleich, was Alk sagte. Die Nordländer konnten ja so abergläubisch sein, wie sie wollten, wenn es sie glücklich machte. Mitt hingegen war von dem Pragmatiker Hobin aufgezogen worden, der in Holand sein Geld als Büchsenmacher verdiente, und darum wusste er, dass nur eine Tugend sich in ein Stück Metall binden ließ: sorgfältig ausgeübtes handwerkliches Können.
    Richtig. So viel zum Ring. Nächster Punkt: Glaubte er denn überhaupt, der Eine wolle wirklich, dass Noreth den Ring erhielt?
    Diese Frage war längst nicht so leicht zu beantworten. Diesem Einen, um den die Nordländer solch ein Aufhebens machten, war er nie begegnet. Oder doch? Mitt kniff die Augen zusammen und erinnerte sich, wie sie die goldene Statue gefunden hatten. Eine tiefe Stimme hatte laut gerufen: »Dort!« Ganz gewiss hatte sie nicht Noreth gehört, wie er zuerst glaubte. Nun, er wollte unvoreingenommen bleiben. Doch würde der Mächtigste aller Unvergänglichen sich wegen eines Ringes wirklich solche Umstände machen?
    Man könnte sagen, dass er hin und her gerissen war. Entwendete er den Ring, wusste die Gräfin, dass sie sich auf ihn als Meuchelmörder nicht verlassen konnte. Das konnte man wohl laut sagen! Dennoch war sich Mitt im Klaren, dass er allein deswegen durch die Nacht preschte, weil Noreth glaubte, sie brauche den Ring. Ihr nervöses, sommersprossiges Gesicht weckte wohl bei jedem den Drang, ihr einen Gefallen zu erweisen. Man erfüllt ihre Wünsche und überlässt es dann Navis, die Folgen abzuwenden, überlegte Mitt gerade, als er den Wegstein oberhalb Aberaths erreichte.
    Gräfin wusste genau, wo sie waren. Fröhlich trappelte der Wallach den gepflegten Weg zur Stadt hinab. Mitt bedauerte fast, wie enttäuscht das Pferd war, als er es in den Wald jenseits der ersten Felder führte und – zu seiner Fassungslosigkeit – an einen Baum gebunden zurückließ. Lautstark und unmissverständlich verlieh das Tier seinen Gefühlen Ausdruck, und aus den Ställen in der Stadt antworteten ihm mehrere andere Pferde.
    »Sei ruhig!«, fuhr Mitt es an. »Sei still, sonst beiße zur Abwechslung ich mal dich!«
    Er eilte weiter; die Felder umging er und näherte sich dem Steilhang. Vorwurfsvolle Pferdelaute verfolgten ihn eine Minute lang und vergingen schließlich in einem Seufzen, das Mitt selbst über diese weite Strecke noch hören konnte. Er grinste und rannte mit langen Schritten. Seine Beine schmerzten, weil sie zu lange um ein Pferd gewickelt gewesen waren, und trotz seiner Schmerzen tat es gut, sie wieder auszustrecken. Wahrscheinlich hatte er es allein dem Essig zu verdanken, dass er überhaupt noch laufen konnte. Er hielt erst inne, als er auf die blasse, wogende See blickte. Dort blieb er stehen, um mit dem Unvergänglichen zu sprechen, den er kannte.
    »Alhammitt«, sagte er. »Alter Ammet. Hörst du mich? Ich wäre euch tief verpflichtet, wenn du und Libbi Bier mich im Auge behalten könntet, solange ich im Herrensitz bin. Wenn sie mich dort

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