Jones, Diana Wynne
sie sich nicht ganz sicher waren, wie viel Abgeschiedenheit die Barden wünschten, und betrachteten anerkennend das Gespann des Fremden. Das Pferd, das die Nase genüsslich in einen Hafersack versenkt hatte, war so schwarz und schimmernd wie die schwarze Farbe auf dem Wagen, und sein Zaumzeug war weiß. Die nüchternen Farben unterstrichen den Umstand, dass auf den Wagen kein Name gemalt war, sondern ein großes, kompliziertes Wappen.
Moril drehte sich um und rief ihnen zu: »Das ist mein Bruder! Ist das nicht wunderbar! Das ist Dastgandlen Handagner!«
»Oh, von ihm habe ich gehört«, sagte Mitt. Er war offenkundig beeindruckt. »Die Leute in Aberath sagen, er sei der Beste.«
»Stellen wir uns vor«, sagte Navis.
Doch bevor sie auf Sprechweite heran waren, sagte Moril etwas zu Dagner, das diesen zutiefst zu beunruhigen schien. Dagner wich von dem grünen Wagen zurück und stellte bange Fragen. Im nächsten Moment eilte er zu seinem Wagen, warf die Säcke und Bündel wahllos hinein und verriegelte die Klappe, rannte zu seinem Pferd und nahm ihm den Hafersack ab. Das Pferd hob den Kopf. Es wirkte genauso überrascht wie alle anderen. »Entschuldige, Junge«, rief Dagner. »Später bekommst du mehr.« Damit sprang er auf den Kutschbock und löste die Zügel, und der Wagen setzte sich in Bewegung. In Sekundenschnelle.
»Aber was ist mit Brid?«, rief Moril.
»Jetzt bist du ja hier. Grüße sie herzlich von mir!«, rief Dagner zurück. »Mach schon, alter Junge. Lauf so schnell du kannst.« Das Pferd ging in den Trab. Der schwarz-weiße Wagen umfuhr Navis, Mitt und Maewen in einem raschen Kreis. Dagner lehnte sich hinaus und rief: »Ich wäre dir auch gefolgt, Herrin, wenn das nicht passiert wäre!«
Maewen begriff, dass er mit ihr redete, und es gelang ihr, ihm mit einem Lächeln zu antworten. Dann begann das Pferd noch schneller zu laufen. Der schwarz-weiße Wagen preschte davon. Von seinen wirbelnden Rädern stob eine Wolke aus Nässe und Grashalmen auf.
»Was ist denn in ihn gefahren?«, fragte Mitt.
»Ich habe ihm erzählt, dass Fenna sich verletzt hat«, sagte Moril. »Er ist in sie verliebt. Er nimmt die Grüne Straße oberhalb von Hannart und fährt auf direktem Weg nach Adenmund.« Ganz eindeutig war Moril sehr zufrieden mit der Hingabe seines Bruders.
»Und warum führt er ein Wappen?«, fragte Navis. »Für mich sah es aus wie das Wappen der Südtäler.«
Moril verzog das Gesicht. Damit schien er nicht ganz so einverstanden zu sein. »Das ist es auch«, sagte er. »Dagner ist der Graf der Südtäler, seit unser Vetter letztes Jahr getötet wurde. Er hat mir gesagt, Graf Keril habe ihn dazu gebracht, das Wappen auf dem Wagen zu führen, aber ich weiß genau, dass Dagner es nur deswegen genommen hat, weil es weniger Platz einnimmt als sein voller Name.« Er blickte dem davonrasenden Wagen liebevoll hinterher. »Dagner ist nur auf eines stolz: dass er ein Barde ist.«
Navis hatte eine Braue ganz weit hochgezogen. »Tholian ist also tot?«
»Ja«, sagte Moril.
»Nun ja«, sagte Navis darauf. »Man soll den Toten ja nichts Schlechtes nachsagen, und er war offensichtlich ein enger Verwandter von dir, aber…«
»Wir müssen auf dem Marktplatz singen«, unterbrach Hestefan. Er benahm sich wieder wie ein Schulmeister.
»Nun ja«, sagte Navis wieder, als sie dem grünen Wagen zurück in die Stadt folgten. »Tholian tot! Wenn ich zu wählen hätte, wen ich lieber tot sähe, Keril oder Tholian, würde ich mich selbst in diesem Moment noch für Tholian entscheiden.«
»Bin ihm nie begegnet«, sagte Mitt.
»Du machst dir keinen Begriff, was für ein Glück du hast«, sagte Navis. Er schwieg, bis sie wieder in das Getümmel auf dem Marktplatz eingetaucht waren. Dort fragte er: »Mitt, was hältst du von einem anständigen Frühstück in einer Schenke?«
»Das«, sagte Mitt, »ist der beste Vorschlag heute.«
Navis und Mitt führten ihre Pferde zwischen den Marktständen hindurch zu der großen Herberge an einer Seite des Platzes. Maewen hatte kein Geld. Sie blickte ihnen bedauernd nach, als Navis sich umdrehte und rief: »Kommst du auch mit, Herrin. Ich lade euch beide ein.«
Maewen folgte ihm dankbar. Sie klapperten durch einen riesigen Bogengang in einen Stallhof, wo ein gelbhaariger Junge mit einem groben Gesicht den Strohhalm ausspie, auf dem er gekaut hatte, und herbeikam, um Navis’ Befehle entgegenzunehmen. Auch die Tiere sollten ein gutes Frühstück erhalten. Maewen tätschelte ihr Pferd und
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