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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04 Die Krone von Dalemark
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wohl bemerkt hast, begleiten wir dich nicht allein aus persönlicher Überzeugung.«
    »Schließ nicht von dir auf andere«, widersprach Mitt. »Ich bin überzeugt.«
    Er wandte sich Maewen zu und winkte mit einem Riesenstück Brot, das er in der knochigen Hand hielt. Endlich ein Thema, um seine Gedanken von Hildi abzuwenden. »Sag uns, woran du glaubst, Noreth. Überzeuge ihn auch.«
    Hilfe!, dachte Maewen wieder. Sie starrte auf die Pfannen und Töpfe, die an dem Verkaufsstand im Wind schwangen, und hoffte auf eine Eingebung. Mitt hatte sich gespannt zu ihr vorgebeugt, als glaube er, sie würde tatsächlich eine Lehre verbreiten. Wahrscheinlich galt das für Noreth wirklich, doch woher sollte Maewen wissen, worin sie bestand? Sie konnte nur mit einem unordentlichen Gewirr von Überzeugungen aus ihrer eigenen Zeit aufwarten, vermischt mit dem, was sie von den Ereignissen der letzten zweihundert Jahre wusste. Dalemark hatte sich während dieser Zeit so stark verändert, dass es fast nicht mehr wiederzuerkennen war, und diese Veränderungen waren noch nicht einmal zu seinem Besten.
    »Es wäre doch möglich, dass sie einfach dem Willen des Einen folgt«, sagte Navis sarkastisch wie gewohnt.
    Dadurch fühlte sich Maewen doch sehr zum Sprechen gedrängt. Sie wollte Mitt nicht im Stich lassen. »Ich glaube, es muss sich einiges verändern«, sagte sie. Eine außerordentlich sichere Aussage. Etwas schien mit ihr nicht zu stimmen, und das machte sie noch unbeholfener. Ihr brummte der Kopf, und der Marktlärm war so leise geworden, als käme er aus weiter Ferne. Moril sang. Sie konnte seine Stimme kaum zwischen den tiefen, röhrenden Akkorden seiner Quidder hören. Sie hätte gern geglaubt, sie unterliege dem Einfluss des Instruments, doch zweifelte sie eigentlich gar nicht daran, dass vielmehr das Bier bei ihr wirkte. Und der Geruch Auentals, der an einen schmutzigen Stall erinnerte. Maewen schluckte. »Dalemark wäre zu so vielem imstande, was sich noch gar nicht zeigt«, sagte sie. »Wunderbare Menschen gibt es hier, Talente, Reichtum. Einer der Gründe, weshalb sich so vieles gar nicht zeigt, liegt darin, dass so viele Leute aus unterschiedlichen Ursachen zu arm sind« – wird mir jetzt gleich schlecht? –, »aber der wichtigste Grund ist doch, dass jeder von sich vor allem als Nordländer oder Südländer denkt. Die Menschen brauchen ein vereinigtes Land – und darauf müssen sie stolz sein können –, bevor sie zeigen können, was … wirklich in ihnen steckt.« Da. Das glaube ich. Maewen schob den Stuhl zurück. Sie wusste nun, was mit ihr nicht stimmte. Sie hatte schreckliche Bauchschmerzen. Die Nerven? Oder die Pilze? Sie konnte nichts daran ändern, dass Mitt nicht mehr gespannt, sondern verwirrt und enttäuscht dreinblickte. »Es tut mir Leid, ich muss … Wisst ihr, wo die …«
    Navis verstand sofort. »Sie muss hinten am Stall sein. Die erste Tür. Frauen rechts.«
    Maewen rannte los. Sie eilte unter dem Torbogen hindurch. Und – Navis sei gesegnet! – dort war die Tür. Drinnen war es dunkel, der Schlammboden war klebrig, aber der Geruch zeigte ihr, welche Tür die richtige war. Igitt! Ihr war fürchterlich schlecht. Drinnen war es auf primitive Weise halbwegs sauber; die Wände waren weiß gekalkt, und statt Papier fand sie ein Bündel Lumpen, aber der Gestank! Warum hatte es auf den Grünen Straßen nirgendwo so furchtbar gestunken? Kümmerte sich Wend etwa nur um die Straßen und nicht auch um solche Dinge?
    Allzu lange hielt man es dort nicht aus. Maewen machte, so schnell sie konnte, und entriegelte erleichtert die Tür, die auf den dunklen Schlammgang führte. Das ist schon besser. Jetzt kann ich zurückgehen und vernünftig mit Mitt sprechen.
    Ein harter Arm legte sich ihr um die Kehle. Eine Hand erhob sich, und mit ihr erhob sich das schwache Blinken eines Messers. Dann fuhr es in einer schnellen Bewegung herab.
    »Hilfe!«, schrie Maewen. Der harte Arm klemmte ihren Schrei zu einem Krächzen ab. Maewen strampelte wild. Was für eine entsetzliche Stelle, um ermordet zu werden! Ich will hier nicht sterben! Sie drehte sich trotz des Arms um ihre Kehle zur Seite. Hinter sich spürte sie Beine und trat danach. Ohne nachzudenken wand sie sich und warf sich hin und her. Die Art und Weise, wie sie diesen Mann spürte, war schrecklich. Intim. Tierisch. Ihr kam überhaupt nicht der Gedanke, das Messer oder das Kurzschwert zu ziehen, die sie gerade noch zur Seite geschoben hatte, um ihre Hose schließen

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