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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04 Die Krone von Dalemark
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Auf der Straße wimmelte es vor Menschen. Bisher hatte Maewen gedacht, sie habe sich bereits an die Vergangenheit gewöhnt. Nun musste sie erkennen, dass ihr nur die fünf Personen vertraut waren, die mit ihr reisten; dass sie sich lediglich daran gewöhnt hatte, wie diese fünf Personen sprachen und sich kleideten. Wem immer sie hier auf den Straßen begegnete, hatte zu viele Falten im Gesicht – oder zu wenige –, so als ob sie sich um ganz andere Dinge Sorgen machten als die Menschen in Maewens eigener Zeit. Dadurch erhielten ihre Gesichter ganz andere Formen, ähnlich wie es bei Menschen ist, die eine andere Sprache sprechen. Was die Kleidung anbetraf, so war in dieser Stadt die Montur des Gefolgsmanns, an die sie sich gewöhnt hatte, der seltenste Anblick von allen. Die Männer trugen bunte Wollkleidung oder nüchterne Samtsachen in einer Vielzahl von Schnitten, angefangen bei eng sitzenden Anzügen mit einer Art bunten, gefaltet über eine Schulter gelegten Decke, über die weiter geschnittene Kleidung, wie Hestefan oder Moril sie trugen, bis zu dem älteren Mann, der sich in einer langen dunkelblauen Samtrobe an ihnen vorbeischob und ein Juwel an einer Kette um den Hals trug. Die Frauen trugen noch viel mannigfaltigere Zuschnitte und Farben – geschnürte Taillen, weite Falten, lange Volants, wadenlange Kräuselfalten –, dass Maewen sich selbst dann, wenn sie eindeutig erkannte, dass das Kleid selbst geschneidert und womöglich umgefärbt worden war, noch immer nachlässig und unpassend angezogen vorkam. Die Stadt roch nach Menschen und fast erstickend nach Rauch, in den sich ein Gestank mischte, der nur von Jauchegruben stammen konnte.
    »Was für ein Trubel«, bemerkte Navis. »Ist heute Markttag?«
    »Ja, aber das ist noch nicht alles, würde ich sagen«, antwortete Hestefan. Mittlerweile hatten die Leute seinen Wagen entdeckt, scharten sich als Menschentraube darum und fragten immer wieder, wann der Barde auftreten werde. Hestefan erhob nach Art der Barden die Stimme, sodass seine Worte, obwohl er ganz normal zu sprechen schien, auf der ganzen Straße zu hören waren. »In einer Stunde auf dem Marktplatz.«
    »Ja aber …«, begann Moril, dann sah er, wie sich ihm Köpfe zuwandten und eifrig nickten. Er gab auf.
    »Was planen wir?«, fragte Navis Maewen. Sie kamen wegen der Menschenmenge nur noch langsam und schrittweise vorwärts.
    »Ich muss zur Universität …«, antwortete Maewen. »Zur Rechtsakademie«, verbesserte sie sich.
    »Das passt mir gut«, entgegnete Navis und fragte den Nächststehenden nach dem Weg.
    Die Rechtsakademie lag auf der anderen Seite der Stadt. Sie mussten daher den Marktplatz überqueren, wo die Leute wie verrückt kauften und verkauften. Lautes Treiben erfüllte ihn, und es duftete nach frischem Brot und nach Obst; zu dem Jauchegestank gesellte sich ein Geruch nach Leder und Viehdung, dass es Maewen beinahe den Magen umdrehte. Hestefan warf einen fachmännischen Blick auf das Durcheinander und kam mit Moril überein, dass sie genügend Zeit hätten, um die Rechtsakademie aufzusuchen, bevor die Leute geneigt wären, ihnen überhaupt zuzuhören. Darum überquerten sie zusammen den Platz und folgten einer anderen Straße bis an eine Stelle, wo das Gedränge und die Häuser urplötzlich aufhörten und die Straße zu einem Pfad aus gestampfter weißer Erde wurde, die zwischen grünen Feldern hindurchführte. Auf diesen Wiesen standen Tiere angebunden – Kühe, Ziegen und ein Esel –, doch außer einer kleinen Gruppe von Reitern ein gutes Stück die Straße hinab war kein Mensch mehr zu sehen.
    »Hannarter Montur«, sagte Navis. Mitt und er tauschten einen bedeutsamen, besorgten Blick. »Ich glaube, wir sollten ihnen ausreichend Vorsprung lassen.«
    Damit war Maewen sehr einverstanden. In diesen Zeiten besaß Hannart noch einen Klang von Größe. Während sie alle die Pferde zügelten und mit der langsamsten Gangart des Maultiers zurückblieben, musterte sie bang die Reiter, bis sie hinter einer kleinen Baumgruppe verschwanden. »Glaubst du, jemand hat dem Grafen von Hannart gesagt, dass der Ring des Adons gestohlen wurde?«, fragte sie Mitt.
    »Das nehme ich eigentlich nicht an«, antwortete er mit beinah gleich großer Besorgnis.
    »Wenn mich jemand fragt, nenne ich einen falschen Namen«, sagte Maewen.
    »Eine weise Vorsichtsmaßnahme«, stimmte Navis zu. »In Momenten wie diesem wünschte ich, Mitt und ich wären nicht so offensichtlich als Südländer zu erkennen.«
    Als

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