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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 02 Die heiligen Inseln
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unter seinen Füßen aus dem Herzen der Insel zu dringen. Solch wilde frohlockende Töne hatte er noch nie gehört. Mitt stimmten sie so heiter und zuversichtlich, dass er gesungen hätte, doch er fürchtete, damit die Musik zu verderben.
    Kaum hatte er mit einem letzten Vorwärtsstürmen den Kiesstrand erreicht und den wohlbekannten, eleganten Umriss der Straße des Windes, wie sie sich hinter dem Hohen Schroff in den Abenddunst legte, entdeckt, da verzweifelte er wieder.
    »Sie sind entkommen! Sie sind geflohen und lassen mich zurück!«, rief er. »Straße des Windes! He da! Straße des Windes!« Er sprang und winkte und schrie, obwohl er wusste, dass sie zu weit entfernt waren, um ihn zu sehen oder zu hören.
    Zwischen der Heiligen Insel und dem grünen Ommern erhob sich plötzlich eine Welle und schoss rasch an das Ufer, wo Mitt stand. So eigenartig war diese Welle, die ganz allein auftrat, dass Mitt zu rufen aufhörte und sie näher betrachtete. Wie ein einsamer Berg aus Wasser rollte die Welle heran und donnerte als weiße Gischt neben Mitt auf den prasselnden Kies. Eilig sprang er zur Seite. Dann erst bemerkte er, dass der weiße Schaum der Welle ihn noch immer kopfhoch überragte, und begriff, dass er eins der hübschen weißen Pferde anstarrte, die er während des Sturmes gesehen hatte.
    »Danke, Ammet!«, rief Mitt und lachte ein wenig nervös. Zuletzt hatte er als sehr kleiner Junge auf einem Pferd geritten, und das war ein sanftes Zugpferd gewesen. Zögernd näherte er sich dem Meeresross. Es senkte den Kopf und blies ihm salzigen Atem entgegen. Nervös packte Mitt die raue, nasse Mähne, was dem Pferd gar nicht recht zu sein schien, und zog sich auf den rutschigen Rücken. Das Ross schüttelte den Kopf, und das Fell unter Mitt kräuselte sich, aber er wurde nicht abgeworfen.
    »Kannst du das Boot noch einholen?«, fragte Mitt.
    Das Pferd schoss vor, es rüttelte ihn, ließ ihn auf und ab hüpfen, und dann war es nur noch pure Bewegung unter ihm. Das Pferd galoppierte mit Mitt über das Meer, schleuderte Gischt zu den Seiten, schleuderte seine Mähne umher, schleuderte Mitt hin und her. Er fiel nach vorn und klammerte sich mit beiden Armen am Hals des Pferdes fest. Harte Muskeln spürte er; das Pferd fühlte sich warm und kalt zugleich an, wie ein heißer Tag hoch oben auf einem Berg. Gischt spritzte Mitt ins Gesicht, und unter ihm raste die dunkle See vorüber. Er konnte es kaum ertragen, auch nur mit einem Auge hinzusehen. Er schaute sich nach der Straße des Windes um, aber sie war hinter Wittess verschwunden.
    Wittess lag genau vor ihnen. Fast hatten sie die Insel erreicht. Schon war sie unter ihnen. Ohne auch nur innezuhalten, galoppierte das Pferd über die Insel hinweg. Der einzige Unterschied bestand darin, dass die Hufe nun dumpf über den Boden trommelten und Mitt statt Gischt nun Torf ins Gesicht flog. Aus dem Augenwinkel sah er mehrere Leute, die sich alle die Augen abschirmten, um Mitt vor der Sonne erkennen zu können. Sonderlich erstaunt wirkten sie nicht.
    »Hier müssen ständig merkwürdige Dinge passieren«, vertraute Mitt atemlos dem Pferd an, als es wieder aufs Meer hinauspreschte. Trotz des Hufgeräuschs hörte er noch immer das wilde Flötenspiel. Der Klang ging im Zischen des aufgepeitschten Wassers unter, und das Pferd sprang nass, in den Farben des Sonnenuntergangs schillernd, aus dem Meer hoch. Geblendet wie er war, sah Mitt das Deck der Straße des Windes gerade noch rechtzeitig, schon war es unter ihm, und das Pferd löste sich in eine Welle grauen, schaumigen Wassers auf.
    Hildy drehte sich fast zu spät um. Sie sah Ress lächeln, sah Wasser toben und ablaufen, und dann prallten Mitts Füße auf das Kajütendach. »Du kannst nicht mehr am Leben sein!«, rief sie.
    Welch ein Willkommensgruß. »Noch bin ich kein Gespenst«, entgegnete Mitt barsch. »Wo ist denn Ynen?«
    »Mit Vater und Al auf der Weizengarbe«, sagte Hildy kummervoll. »Er bringt sie nach Holand. Sie sind schon vor Stunden ausgelaufen.«
    »Oje«, sagte Mitt. Er wollte gerade hinzufügen, es sei zu schade, doch er vergaß es völlig, als er bemerkte, wie Ress ihn wissend anlächelte.
    »Die Weizengarbe ist nun zwischen Yedderney und der äußeren Insel«, sagte Ress. »Dafür sorgt Jenro. Sie warten, bis die Sonne untergeht und das Flötenspiel aufhört. Dann wissen sie, dass ihr nicht mehr kommt.«
    »Oh«, machte Mitt. Schlimmer konnte es wohl nicht kommen! Es genügte nicht, sich zu entscheiden, als Freund

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