Jordan, Penny
oder später würde er erneut aus der Reihe tanzen, und dann … Pepper konnte es sich leisten zu warten. Und sie würde warten – gleichgültig, wie lange es dauerte.
15. KAPITEL
M iles überflog die dünnen DIN-A4-Blätter auf seinem Schreibtisch und runzelte die Stirn. Die Informationen waren vielleicht nicht so detailliert wie Peppers, enthielten jedoch genügend Einzelheiten, um ihm klarzumachen, wie realistisch die Drohungen dieser Frau waren.
Es war erstaunlich, was Pepper seit ihrer Zeit in Oxford erreicht hatte. Nachdem er sie lange bemitleidet hatte, bewunderte Miles sie seit einigen Jahren zunehmend. Ja, mehr noch, er empfand eine Art Kameradschaft für sie und war beinahe stolz darauf, dass Pepper es ebenso wie er trotz aller Widrigkeiten so weit gebracht hatte.
Sie waren beide Waisen, hatten Not gelitten und waren als Kinder Außenseiter gewesen. Beide hatten Glück gehabt und jemanden gefunden, der ihnen half, diese Benachteiligungen zu überwinden und ihre Ziele zu erreichen.
Er war allerdings nicht mit siebzehn Jahren brutal vergewaltigt worden …
Unruhig wippte Miles mit dem Fuß. Verflucht noch mal, er musste die Situation kühl und kritisch beurteilen und durfte sich nicht in Sentimentalitäten ergehen. Trotzdem musste er ständig an Pepper denken, an ihre Verletzlichkeit, die sie offensichtlich vor jedermann verbergen wollte.
Seit er Pepper hinter ihrem Schreibtisch gesehen hatte, wo sie ihnen ihr Ultimatum stellte, spürte er den heftigen Wunsch, sie zu beschützen, zu umsorgen und ihr zu zeigen, dass sie keine Angst vor ihm zu haben brauchte.
Natürlich hatte er schon früher Frauen begehrt, aber keine so wie diese. Er bewunderte Frauen, die ihren eigenen Weg gingen – unabhängige Frauen mit scharfem Verstand, die ihm sowohl intellektuell als auch körperlich gewachsen waren. Doch außer bei Amanda hatte er nie solch einen Beschützerinstinkt entwickelt. Pepper rührte etwas in seinem Innern an, eine tief verborgene Quelle der Gefühle. Es war beinahe, als hätte er immer gewusst, dass sie sich wiederbegegnen würden und dass sie einen Teil seines Lebens bildete.
Gern wäre er zu ihr gegangen, hätte sie angefleht, ihre Forderungen zurückzuziehen, und ihr gezeigt, wie gefährlich Simon Herries war. Aber er wusste, sie würde nicht auf ihn hören.
Erneut runzelte Miles die Stirn und nahm das Blatt mit den Informationen über Simon Herries zur Hand. Natürlich kannte Pepper dessen Neigung zu Gewalttätigkeit. Unwillkürlich kam ihm die Szene in seinem Zimmer in Oxford in den Sinn, und er begriff inzwischen, weshalb eine Frau sich für solch ein Verbrechen rächen wollte.
Richard und Alex waren nur Schachfiguren in dem Spiel und stellten für Pepper keine eigentliche Gefahr dar – nicht so wie Simon Herries.
Sein Sachbearbeiter hatte eine handschriftliche Anmerkung unten auf Herries’ Blatt geschrieben. Simon war nach den Sommerferien allein nach London zurückgekehrt. Das Hauspersonal hatte weder Elizabeth noch die beiden Kinder seit ihrer Abreise in den Norden gesehen. Offensichtlich hatte sie sich von ihrem Mann getrennt.
Aber weshalb? Und weshalb hatte Simon nicht versucht, das Sorgerecht für seine Kinder zu bekommen? Ein ehrgeiziger, derart nach Erfolg strebender Mann musste wissen, dass es seinem Ruf nur guttun würde, wenn er sich in der Öffentlichkeit als sorgender Vater zeigen konnte, nachdem seine Frau ihn verlassen hatte.
Nachdenklich lehnte Miles sich zurück, schob den Gedanken an Elizabeth Herries beiseite und konzentrierte sich wieder auf Pepper. Er wusste, dass zahlreiche angesehene, aufrechte und ehrenhafte Männer ernsthaft glaubten, keine wirklich anständige Frau würde je vergewaltigt. Manche seiner Kollegen hatten jahrelang vergeblich versucht, das Gegenteil zu beweisen, und er selbst war zu häufig mit sinnloser Gewalt in unterschiedlichster Form konfrontiert worden, um sich Illusionen hinzugeben. Trotzdem bereitete es ihm Sorgen, was er in dem kurzen Bericht seines Mitarbeiters las.
Er hatte immer von Simons homosexuellen Neigungen gewusst, diese bisher aber als jugendliche Experimente abgetan. Herries war nicht der einzige Student gewesen, der sich darauf eingelassen und später geheiratet und Kinder gezeugt hatte. Aber hier stand etwas von Jungen, die auf der Straße aufgelesen und anschließend halb zu Tode geprügelt worden waren. Beweise dafür gab es nicht, nur diesen Hinweis. Als Rechtsanwalt war Miles bekannt, dass die geachtetsten und
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