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Jorina – Die Jade-Hexe

Jorina – Die Jade-Hexe

Titel: Jorina – Die Jade-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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vielleicht war es sogar besser, wenn sie es nicht erfuhr. Seine Verachtung hätte sie noch schwerer als sein Schweigen ertragen. Sie versuchte sich ausschließlich auf ihre Pflichten als Krankenpflegerin zu beschränken.
    »Könnt Ihr aufstehen, um Euch zu erleichtern, oder soll ich Euch ...«
    »Danke«, fiel ihr Raoul unwirsch ins Wort. Er war es nicht gewöhnt, mit einem weiblichen Geschöpf über solche Dinge zu sprechen. »Ich bin sehr wohl imstande, meine Entscheidungen alleine zu treffen!«
    Jorina unterdrückte ein Lächeln. Instinktiv spürte sie, dass es eine neue Erfahrung für ihn war, auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. Sie respektierte seinen Stolz, auch wenn sie ihn albern fand.
    »Ich werde mich um die Suppe kümmern, bis Ihr fertig seid«, entgegnete sie ruhig, nahm den leeren Napf und ging davon.
    Raoul blickte ihr nach, vom glänzend seidigen Spiel des langen Zopfes auf ihrem Rücken gefesselt, der im Rhythmus ihrer Bewegungen hin und her schwang. Welch eigenartiges, rätselhaftes Geschöpf. Was trieb sie dazu, sich mit solchem Nachdruck für sein Wohlbefinden und seine Gesundheit einzusetzen? Er erinnerte sich plötzlich wieder daran, dass er sie mehrmals gebeten hatte, ihn in Frieden sterben zu lassen. Weshalb hatte sie sich die Last eines verwundeten Verräters aufgebürdet? Was bezweckte sie mit diesen unerschütterlichen Samariterdiensten? Was wollte sie von ihm?
    Ein hörbares Knurren seines Magens sagte ihm, dass er sich später um eine Antwort auf all diese Fragen kümmern musste. Er stützte sich schwankend an der Felswand ab und erkannte zum ersten Male, wie jämmerlich wenig von seiner gewohnten Kraft übrig geblieben war. Als er die wenigen Schritte zur Quelle zurückkam, sank er ganz von selbst auf einen halbhohen Stein, der sich als Sitzgelegenheit anbot.
    Er entdeckte Jorina neben einem sorgsam gedämmten Feuer über einen Topf gebeugt, aus dem jener verlockende Duft entstieg, der ihn bis in seinen Schlaf verfolgt hatte. Mit einer geschickten Bewegung kippte sie das Gefäß und füllte erneut den hölzernen Napf. Er ließ den Blick nicht von ihr, als sie vor ihm niederkniete und auf die dampfende Suppe blies. Sorgsam piekste sie mit einem gesäuberten zugespitzten Haselzweig ein triefendes Stück Pilz heraus und hielt es ihm vor den Mund.
    »Kaut sorgsam und esst langsam, damit sich Euer Magen wieder an Nahrung gewöhnt«, riet sie.
    Gewürzt mit frischen Kräutern und ein paar kostbaren Körnern Salz schmeckte ihm der dicke Eintopf köstlicher als die raffiniertesten Delikatessen der königlichen Tafel. Mit der Wärme, die in seinem Innern aufstieg und durch die erstarrten Adern floss, ging ein trügerisches Gefühl von Wohlbefinden einher. Der Ritter führte es fast ebenso sehr auf die Gegenwart des Mädchens zurück wie darauf, dass nun sein Hunger gestillt wurde.
    Jorina verströmte eine ruhige, innere Harmonie, die sie wie das goldene Flirren von Sonnenschein umgab. In diesem Augenblick schien sie absolut zufrieden damit zu sein, einfache Handreichungen zu tun, das Feuer zu bewachen und ihm den Suppennapf von Neuem zu füllen, den er bereits geleert hatte. Was ihn dazu trieb, ausgerechnet in diesem friedvollen Augenblick die Frage zu stellen, die ihn bewegte, seit sein Verstand wieder in Gang gekommen war, vermochte er nicht genau zu sagen.
    »Warum tust du all dies für mich? Hoffst du auf eine Belohnung? Auf Lösegeld? Wenn dem so ist, muss ich dich enttäuschen. Ich besitze nicht einmal mehr ein Pferd, meine Waffen oder meine Rüstung, und meine Güter sind mir mit Sicherheit längst aberkannt worden. Von jedem Landstreicher kannst du mehr erwarten ...«
    Jorina wich seinem Blick aus und sah in den leeren Napf. Sie sagte sich, dass er sie nicht kannte und dass sie deswegen keinen Grund hatte, sich von seinen Worten kränken zu lassen. Aber sie fragte sich auch, mit welcher Art von Frauen er es bisher zu tun gehabt haben mochte, wenn er ihrem Geschlecht nicht einmal schlichte Barmherzigkeit zutraute.
    »Edwy wollte Euch um des Lösegelds willen fest halten, nicht ich!« verbesserte sie spröde. »Mir lag lediglich daran, Euch vor dem Kerker zu bewahren!«
    Er sah die aufsteigende Röte in ihren Wangen, und seine Menschenkenntnis verriet ihm, dass sie ihm nicht alles sagte. Sein ohnehin waches Misstrauen bekam neue Nahrung, und er musterte sie argwöhnisch aus schmalen Augen.
    »Ich mag einen Schlag auf den Kopf bekommen haben, mein Mädchen, aber ich weiß sehr wohl,

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