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Jorina – Die Jade-Hexe

Jorina – Die Jade-Hexe

Titel: Jorina – Die Jade-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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Untergrund. Sie riss ein Stück Stoff aus ihrem ohnehin zerfetzten Rock und wickelte das Juwel hinein, ehe sie es dort versteckte.
    Erst als sie mit einem kleinen Zweig die Spuren ihrer Arbeit getilgt hatte, gestattete sie sich ein Aufatmen. Niemand würde auf den Gedanken kommen, dass der Waldboden hier einen Schatz hütete.

6. Kapitel
    Jorina schlug das schwere Wams kräftig auf den Steinen aus, ehe sie es zum Trocknen über die ausgebreiteten Äste eines üppigen Haselnussbusches breitete. Das Hemd und die Hosen dampften bereits dort in der Wärme des Nachmittags. Ein Sonnenfleck, der genau durch jene Öffnung zwischen den hoch aufragenden Bäumen fiel, die der Fels an der Quelle der üppigen Natur abgerungen hatte, half dabei.
    Jorina hoffte, ihren Gefährten bei seinem Aufwachen mit sauberen, trockenen Kleidern überraschen zu können. Sicher, sie waren nicht von jener Güte, die er sonst trug, aber allemal besser als die verschwitzten Fetzen des Hemdes und die speckigen Lederhosen, die er wer weiß wie lange nun schon anhatte.
    Um ihre eigenen schmutzigen Kleider konnte sie sich jetzt nicht kümmern. Sie besaß keine andere Kleidung, und sie musste einen weiteren schönen Tag abwarten, an dem sie dieses traurige Zeug waschen und sich im Gebüsch verbergen konnte, bis es einigermaßen getrocknet war.
    Aber wenigstens hatte sie sich selbst gesäubert. Der muntere Bach, der von der Quelle durch den Wald davoneilte, floss in einen kreisrunden Weiher, der auf einer nahen Lichtung von Schilf umwachsen eine verwunschene Insel bildete. Jorina hatte das Paradies bei ihrer Suche nach Nahrung entdeckt und trotz der Kälte des Wassers ein Bad genommen. Danach wieder in ihre schmierigen Lumpen zu schlüpfen kostete sie allerdings eine Menge Überwindung.
    Ein Eichelhäherpärchen schnatterte und plauderte in einer der Eiben, und Jorina suchte im Grün des Baumes nachdenklich einen Schimmer vom Azurblau ihrer Flügel. Samen, Nüsse, Beeren, Bucheckern zählten zur Lieblingsnahrung dieser Vögel. All dies fand sich also in der unmittelbaren Nähe dieser Wasserquelle. Wie aber sollte sie zu ein wenig Fleisch oder Wildbret kommen? Mit dem Messer allein konnte sie kaum auf die Jagd gehen.
    Als sie die Lider wieder senkte, fiel ihr Blick wie magisch angezogen auf eine gleichmäßige, stabile Astgabelung in dem Erlengebüsch genau vor ihr. Ein strahlendes Lächeln verzog ihre Mundwinkel. Eine Schleuder! Genau! Hatte sie nicht früher mit größtem Erfolg ihre Schleuder verwendet, um den einen oder anderen Hasen, Fasan oder eine Wildtaube zu jagen? Es fehlte nur noch die passende Lederschlaufe ... Unwillkürlich drehte sie den Kopf zum Felsen, wo der Kranke noch immer tief und fest schlief. Seine Beinkleider ...
    Bis dahin musste der dicke Eintopf aus Wurzeln, Wildgemüse und Pilzen genügen, den sie bereits angesetzt hatte. Der zerbeulte Kupfertopf brodelte über einem kleinen Feuer, und Jorina hoffte inständig, dass der Duft keine ungebetenen Besucher anlockte.
    Dieser Duft war es jedoch, der in den Schlummer des Verwundeten drang und Raoul dazu veranlasste, die Augen zu öffnen. Mühsam rollte er sich auf seinen gesunden Arm, stützte sich auf und sah sich blinzelnd um. Es dauerte ein paar Herzschläge, bis sich Himmel und Erde nicht mehr um ihn drehten und er Einzelheiten wahrnahm.
    Er stellte fest, dass er auf einem Bett aus weichen Blättern lag und von einer schweren, schäbigen Decke gewärmt wurde, die durchdringend nach Pferd und Männerschweiß stank. Ein fester Leinenverband schützte die Wunde an seiner Schulter, und er trug nur noch seine Hosen. Er hob die Hand, um seinen brummenden Schädel zu stützen, und ließ sie angeekelt wieder sinken, als er sah, dass sie von einer dicken Schicht aus Schmutz, angetrocknetem Blut und Waffenfett bedeckt war.
    Er fühlte sich elend, schwach und hilflos, aber das bohrende Gefühl in seinem Magen war kein Schmerz, sondern einwandfrei Hunger. Infernalischer Hunger. Er konnte sich nicht mehr erinnern, wann er die letzte Mahlzeit zu sich genommen hatte. Ebenso wenig konnte er sagen, wie er in diese Höhle gekommen war!
    Seine Augen streiften eine graue, rissige Steinwand, während sein Blickfeld auf der anderen Seite von den tief hängenden Ästen einer Eibe begrenzt wurde. Über ihm wölbte sich kuppelförmig dunkler, rauher Fels. Das emsige Murmeln und Plätschern von Wasser war neben dem eifrigen Geschnäbel eines Eichelhähers das einzige Geräusch, das an sein Ohr drang. Was

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