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Jorina – Die Jade-Hexe

Jorina – Die Jade-Hexe

Titel: Jorina – Die Jade-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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plagt die Vergangenheit, Mädchen«, sagte er und ließ sich auf einem moosbewachsenen Hügel nieder, der weit genug von ihr entfernt war, damit seine Hände nicht in Versuchung kamen, nach ihr zu greifen. »Aber das kannst du vermutlich nicht verstehen!«
    »Ihr macht Euch Sorgen, weil Euch Paskal Cocherel eine schreckliche Falle gestellt hat, nicht wahr?« Jorina erinnerte sich plötzlich wieder an das heimlich belauschte Gespräch zwischen dem Söldnerführer und Edwy, das sie über allem anderen vergessen hatte.
    Raoul fuhr hoch, als habe sie ihn aus heiterem Himmel mit einer gezückten Waffe konfrontiert. »Was in drei Teufels Namen weißt du davon?«
    »Nur dass Euch ein gewisser Luc die Standarte, Rüstung und Pferd abgenommen hat, nachdem er Euch mit seiner Streitaxt heimtückisch außer Gefecht gesetzt hat. Habt Ihr ihm vertraut, dass Ihr ihm den Rücken zugewandt habt? Danach hat er Eure Rüstung angelegt und die Männer, die wie befohlen der Standarte folgten, in den Sumpf geführt. Edwy sollte mit seinem Pfeil vollenden, was jener begonnen hatte. Vermutlich wollte man auf diese Weise den Eindruck erwecken, dass Ihr ganz normal während der Schlacht ums Leben gekommen und später den Leichenfledderern in die Hände gefallen seid. Ihr könnt dem Himmel danken, dass Ihr den Felsen-Schädel eines wahren Bretonen habt!«
    Raoul lauschte ihr, als erzählte sie ein Märchen – ein erfundenes. »Was faselst du für Unsinn? Woher weißt du das – wenn deine Worte überhaupt der Wahrheit entsprechen? Wer soll dieser Luc sein, von dem du redest?«
    Der Zweifel an ihrer Ehrlichkeit beleidigte Jorinas empfindlichen Stolz. Sie reckte trotzig das Kinn vor, legte die Steine auf ihre Unterlage zurück. Dann stand sie auf und stemmte in jener Geste, die Raoul bereits vertraut war, die Arme in die Taille. »Mit meinen eigenen Ohren hab ich’s gehört, als Paskal Cocherel unter den Verwundeten der Schlacht nach seinen eigenen Männern suchte. Wie es scheint, habt Ihr ihn einmal tödlich beleidigt, und das wollte er Euch heimzahlen. Man konnte ihm anhören, dass es ihm ein Vergnügen war, Euch auf den Tod darnieder liegen zu sehen. Er bedauerte lediglich, dass Ihr nie mehr erfahren würdet, wem Ihr diesen beklagenswerten Umstand zu verdanken habt!«
    Die helle Empörung in ihrer Stimme überzeugte ihn ebenso von ihrer Aufrichtigkeit wie die Logik ihrer Worte. Von seinem Streit mit Cocherel wussten bloß drei Menschen. Karl von Blois, der falsche Herzog und er selbst. Da sein Waffengefährte gefallen war, konnte Jorina diese Informationen tatsächlich nur von St. Cado erhalten haben.
    Raoul zog die Brauen zu einem geraden Strich zusammen. Der selbst ernannte Herzog hatte Charles de Blois im vergangenen Winter die militärische Unterstützung seiner Compagnie angeboten, wie er das Söldnerheer, das er unterhielt, beschönigend nannte. Er hatte nur eine Bedingung dafür gestellt: die Heirat mit Suzelin de Blois, einer der zahllosen Nichten des hohen Herrn.
    Suzelin de Blois, blond, zart, wunderschön und Schwarm eines ganzen Hofes. Auch Raoul hatte seinerzeit um ihre Liebe geworben. Betört von ihrer zarten Anmut, ihrem Charme und ihrer mädchenhaften Liebenswürdigkeit, war sie ihm wie das Idealbild des vollkommenen Edelfräuleins erschienen. Keine andere sang mit so himmlischer Stimme, lachte so glockenrein und konnte einem Mann mit einem einzigen Augenaufschlag den Himmel versprechen. Die Vorstellung, dass diese Frau aus politischen Erwägungen in die Arme eines ehrgeizigen alten Söldnerführers getrieben wurde, hatte sowohl seine Ritterlichkeit wie auch seine Eifersucht geweckt.
    Er hatte mit seiner Meinung über diese Beleidigung einer edlen Dame nicht hinter dem Berg gehalten. Er hatte auf der Stelle seine bis dahin so streng bewahrte Neutralität in der bretonischen Sache aufgegeben und Charles de Blois seine Männer und seinen Vasalleneid angeboten, wenn er davon absehe, die Dame Suzelin mit diesem dahergelaufenen Schurken zu verheiraten, der in seinem maßlosen Ehrgeiz nach den Sternen griff.
    Ob Charles mit seinem letzten Atemzug die Dummheit verflucht hatte, auf Raoul de Nadier gehört zu haben? War er in dem grauenvollen Bewusstsein gestorben, dass er von seinem eigenen Waffenbruder und Verbündeten in den sicheren Tod geführt worden war?
    Jorina machte sich ihren eigenen Reim auf sein langes, nachdenkliches Schweigen. »Also stimmt es! Er hatte eine Rechnung mit Euch, und Ihr habt seine Drohungen nicht ernst

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