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Jorina – Die Jade-Hexe

Jorina – Die Jade-Hexe

Titel: Jorina – Die Jade-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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entfernt. Über ihnen lohte der brennende Dachstuhl der Mühle, dessen trockenes Holz sogar im Regen wie Zunder brannte. Um sie herum kreischten und stöhnten die Dorfbewohner, während die Söldner mit der Präzision von erfahrenen Dieben und Mördern in ihren Hütten und Häusern zerstörten, brandschatzten und raubten.
    Ihre Blicke trafen sich. Es tat weh, ihn so zu sehen. Die Erkenntnis, dass alles umsonst gewesen war, schmerzte mehr als der Fausthieb, der ein rotes Mal auf ihrer Schläfe hinterlassen hatte.
    »Ihr hättet Euch nicht einmischen sollen«, raunte sie vorwurfsvoll. »Ich kann Euch keinen Dank dafür sagen. Ich hätte Euch für klüger gehalten.«
    »Kannst du mir vorwerfen, was du selbst für mich getan hast?«
    Jorina schenkte ihm ein herzzerreißendes Lächeln. »Jetzt werden wir beide unser Leben verlieren, wenn uns nicht schnell etwas einfällt! Warum sagt Ihr ihnen nicht, dass sie sich getäuscht haben? Dass Ihr nicht der seid, den sie suchen. Ihr ... Ihr seid mein Bruder ... ein einfacher Bauer, kein Ritter...«
    Sie brach ab, denn im Moment, als sie es aussprach, wurde ihr klar, dass eine solche Täuschung schlicht unmöglich war. Es konnte keinen größeren Gegensatz geben als diesen stolzen, athletischen Ritter, der selbst nach allem, was er durchgemacht hatte, nichts von seiner noblen Erscheinung eingebüßt hatte, und den geduckten, geknechteten Gestalten der Bauern, die nicht wagten, gegen die Zerstörung ihres Dorfes aufzubegehren. Niemand würde ein solches Märchen glauben, sie lächelte in tiefer Verzweiflung über die eigene Naivität.
    Über ihnen stürzte krachend der glühende Dachstuhl der Mühle zwischen die Steinmauern. In der Funkengarbe, die zum Himmel stieg, konnte Jorina Raouls Lächeln sehen, dessen Zärtlichkeit ihr den Atem nahm.
    »Ich denke, es ist ein Leben wert, dich noch einmal lächeln zu sehen!« raunte er mit sonderbar belegter Stimme. »Ich danke dir für alles, was du für mich getan hast, kleine Jorina!«
    Zwischen Tod und Chaos erlebten sie beide einen Augenblick so ungetrübter, wahrer Hingabe, dass sie vergaßen, wo sie sich befanden und was ihnen bevorstand.
    »Es kann nicht so enden!« wisperte sie.
    »Es ist bereits zu Ende!« widersprach Raoul und wurde im selben Moment von einem Söldner roh auf die Beine gerissen.
    »Vorwärts!«
    Die Welt löste sich in einem Wirbel aus Farben und Formen auf, als Jorina bäuchlings über ein Pferd geworfen wurde, das sie mit den Schurken in die Nacht davontrug. Durchgeschüttelt, verzweifelt und atemlos, konnte sie nur hoffen, dass dieser Mensch, auf dessen Gaul sie hing, sie wenigstens festhalten würde.
    Raoul de Nadier sah das zierliche Bündel mit dem Pferd des Hauptmannes in der Nacht verschwinden, während er selbst auf einem Ackergaul landete, der zur Beute aus dem Dorf gehörte. Die Flammen, das Geheul und die Schmerzensschreie blieben hinter ihnen, während der Söldnertrupp nach Westen ritt, der Küste und der Festung von St. Cado entgegen.
    Dem Tod entgegen.

12. Kapitel
    »Ihr seht mich höchst erfreut, dass ich Euch unter meinem bescheidenen Dach willkommen heißen darf, mein lieber Freund!«
    Paskal Cocherel, der selbst ernannte Herzog von St. Cado, verschränkte die muskulösen Arme vor seinem massigen Körper und blieb zwei Stufen über seinem Gefangenen stehen, damit er sich in aller Ruhe am Anblick der gefesselten Gestalt weiden konnte. Es gefiel ihm, wie der erschöpfte Reiter auf dem alten Ackergaul vergeblich um sein Gleichgewicht kämpfte.
    »Du hast deine Sache gut gemacht, Gordien!« Er gönnte seinem Stellvertreter ein seltenes Lob, während jener das große Bündel zu Boden schob, das quer vor ihm im Sattel lag. Ein Bündel, das sich als zweiter Gefangener entpuppte. Cocherel brauchte nur Gordiens triumphierende Miene zu sehen, um zu wissen, um wen es sich hier handelte.
    Indessen warf Raoul einen müden Blick über den von Pechfackeln erhellten Burghof. Er war Krieger genug, um den tadellosen Zustand der Bastionen, Wehrgänge und Türme zu erahnen. Mit militärischen Mitteln war diese Festung nicht zu erobern. Der Söldnerführer hatte seinen Adlerhorst bestens gerüstet, für den Fall, dass es irgendwann zu der unausbleiblichen letzten Kraftprobe mit Jean de Montfort kommen würde.
    Er ließ Cocherel nicht aus den Augen, während jener Jorina begutachtete, die nach einem mörderischen Ritt durch Nacht und Tag kaum fähig schien, sich auf den Beinen zu halten. Von ihren wirren Haaren

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