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Jorina – Die Jade-Hexe

Jorina – Die Jade-Hexe

Titel: Jorina – Die Jade-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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sie leise zu. »Aber Ihr werdet mich nicht dazu bringen, mich freiwillig vor ihm zu entblößen!«
    Entschlossen und trotzig starrte sie die Dienerin an. Der Schwarze Landry mischte sich ein, um Zeit zu sparen. Er wusste, dass der Herzog ungeduldig auf seine Rückkehr wartete, obwohl er bezweifelte, dass sich in den schäbigen Resten dieses ärmlichen Gewandes auch nur ein Gegenstand von Wert finden würde, sobald das Mädchen sie abgestreift hatte.
    »Ich werde draußen warten, aber lass dir gesagt sein, Mädchen, dass du Mahaut zu gehorchen hast. Es gibt schlimmere Schicksale, als zu einem Bad gezwungen zu werden, glaub mir das!«
    Er konnte nicht ahnen, wie sehr ihm Jorina beipflichtete. Sie musste nur an Penhors und den Scheiterhaufen denken. Trotzdem kam erst Leben in sie, als er die Pforte von draußen schloss. Dann jedoch streifte sie das schmutzige Hemd und den alten Rock blitzartig ab, weil sie das dampfende Bad im Zuber wie magisch anzog. Warmes Wasser in solcher Menge an einen einzigen Menschen zu verschwenden erschien ihr als der Gipfel von Luxus.
    Sie vermochte einen wohligen Seufzer nicht zu unterdrücken, als sie so tief in die angenehmen Fluten glitt, dass nur noch ihr Kopf und ihre Knie herausragten. Sie wollte eben in höchstem Genuss die Augen schließen, als sie Zeugin wurde, wie die Alte ihre Kleider durch die Tür nach draußen reichte. Ein plötzlicher Verdacht vertrieb mit einem Schlag das schläfrige Wohlbefinden, das sich in ihrem geschundenen Körper ausbreiten wollte. War es möglich, dass der Herr von St. Cado etwas Bestimmtes bei ihr suchte?
    Welch ein Segen, dass sie sich entschieden hatte, den kostbaren Jadebrocken in seinem Versteck bei der Quelle zu lassen!
    Sie betrachtete ihn noch immer nicht als ihren rechtmäßigen Besitz, aber der Gedanke, dass Paskal Cocherel ihn andernfalls bekommen hätte, gefiel ihr nicht. Der stämmige Krieger mit den eiskalten Raubvogelaugen würde ein solches Juwel vermutlich nur für neuerliche Waffen und Kriege verwenden.
    »Setz dich gerade, damit ich den Dreck aus deinen Haaren spülen kann, Mädchen!« schnauzte die Alte. »Es würde mich nicht wundern, wenn ich auch noch allerlei Getier darin entdecken würde. Aus welchem Misthaufen haben die Kerle dich eigentlich herausgezerrt?«
    Jorina antwortete nicht, blieb stumm. Ihr Kampfgeist wich mehr und mehr einer müden Resignation. Die Wärme des Bades, im Verein mit der trügerischen Entspannung, die es in ihren schmerzenden Gliedern bewirkte, erstickte ihre Angriffslust. Am liebsten hätte sie den Kopf auf den Wannenrand gelegt, die Augen geschlossen und sich dem Schlaf überlassen. Sie sehnte sich unendlich nach Ruhe.
    Mahaut indes dachte gar nicht dran, dieses Bedürfnis zu respektieren. Zeternd, schimpfend und schnaufend tat sie ihre Pflicht als Bademagd an dem Mädchen. Sie schäumte die fettigen, schmutzigen Haarsträhnen mit Seifenkraut ein und spülte sie mit unzähligen Eimern Wasser sauber. Danach schrubbte sie mit einem groben Leinenlappen den zierlichen, blassen Körper, auf dem nun deutlich die blauen Flecke zu erkennen waren, die von der Gewalt erzählten, der Jorina ausgeliefert gewesen war.
    »Sie sind nicht gerade sanft mit dir umgegangen, Mädchen«, brummte sie unerwartet mitfühlend und behandelte sie deutlich freundlicher. »Dies ist keine Welt, in der eine Frau ohne Schutz bleiben sollte. Aber wer fragt unsereins schon danach?«
    Durch diese mitleidigen Worte ermutigt, wagte Jorina die Frage zu stellen, die ihr am meisten auf dem Herzen lag.
    »Weißt du, was sie mit dem gefangenen Ritter gemacht haben, der bei mir gewesen ist?«
    Die Alte brummte, und als Jorina schon fürchtete, dass sie nie eine Antwort erhalten würde, erwiderte sie mit vorsichtig gedämpfter Stimme: »Seinesgleichen wird normalerweise ins Verlies unter dem Torturm gebracht. Sei froh, dass du den besseren Teil erwischt hast!«
    Jorina jedoch war alles andere als erleichtert. Die Tatsache, dass Raoul de Nadier ihretwegen in diese schreckliche Lage geraten war, bedrückte sie. Weshalb hatte er sich nur zu dieser unerwarteten Tat verleiten lassen? Weshalb hatte er sie nicht einfach ihrem Schicksal überlassen? Vielleicht wäre sogar der grauenvolle Tod auf dem Scheiterhaufen noch angenehmer gewesen als jenes Los, das ihr nun bevorstand?
    Ein unerwartetes Pochen an der Tür ließ die beiden ungleichen Frauen einen verdutzten Blick tauschen. Die Alte ließ den Leinenlappen in das schmutzige Wasser platschen und

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