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Jorina – Die Jade-Hexe

Jorina – Die Jade-Hexe

Titel: Jorina – Die Jade-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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vage Erinnerung in ihm, aber er vermochte sie nicht zu fassen. Er wusste nicht, wovon Paskal Cocherel sprach, und er sagte es unverblümt.
    »Was bezweckt Ihr mit diesem Gerede von einem Stern?«
    »Habt Ihr Euch mit der Dirne zusammengetan, weil sie dieses Kleinod hütet? Hat sie Euch den Stern gezeigt, und Ihr habt erkannt, um welchen Schatz es sich dabei handelt? Redet, oder ich prügle es aus Euch heraus!«
    »Welchen Schatz in drei Teufels Namen?«
    Grüne und kalte gelbe Augen maßen sich in gegenseitigem Abscheu. Auch gefesselt und mit Ketten gebändigt, verströmte Raoul de Nadier soviel aggressive Männlichkeit, dass den alten Söldnerführer zusätzlich zu seinem Hass auch noch der Neid auf soviel Jugend und maskuline Stärke durchrann. Er hob die Faust und ließ die Peitsche mit voller Wucht auf den Gefangenen herabzischen. Der Ritter hatte den Hieb kommen sehen und grub die Zähne in die Unterlippe. Kein Laut entrang sich ihm, auch wenn aus dünnen Striemen auf seinem Oberkörper plötzlich Blut sickerte.
    »Ich habe Euch gewarnt!« zischte St. Cado und schlug mit der Peitsche klatschend gegen die hohen Schäfte seiner ledernen Stiefel. »Mittlerweile geht es um weit mehr als um meinen beleidigten Stolz. Ihr seid ohnehin ruiniert. Da man Eure Leiche nie gefunden hat, seid Ihr im gesamten Königreich für vogelfrei erklärt worden. Ihr geltet als Hochverräter und Schurke. Eure Güter wurden eingezogen, und Eure Freunde haben sich mit Abscheu von Euch losgesagt. Ich werde Euch am Leben lasen, damit Ihr das tiefste Maß Eurer Demütigung am eigenen Leib erlebt, aber erst, wenn das Kreuz von Ys in meinem Besitz ist!«
    »Das Kreuz von Ys?«
    Plötzlich setzten sich die Mosaik-Steinchen in Raouls Kopf zu einem kompletten Bild zusammen. Die Sterne von Armor. Natürlich, so nannte man die Juwelen, die das mythische Kreuz von Ys schmückten. Eine Perle, ein Rubin, ein Saphir, ein Jadestein und ein Diamant, welche den Reichtum der Bretagne symbolisierten. Die Macht des verlorenen Königreichs von König Gradlon!
    »Seit wann lasst ausgerechnet Ihr Euch von Ammenmärchen an der Nase herumführen«, meinte er verächtlich lachend. »Das Kreuz von Ys ist in den Nebeln der Vergangenheit verschwunden. Weder hat es jemand je gesehen, noch gibt es einen Beweis dafür, dass es existiert.«
    »Ich weiß, dass es existiert!« entgegnete der Herzog so grimmig, dass der Gefangene die Stirn runzelte. »Als ich endlich entdeckte, dass es die Nonnen von Sainte Anne hüten, war es jedoch zu spät. Diese Hure von Äbtissin hatte das Juwel zerstört und die Steine herausgebrochen. Sie glaubte, die Macht des Kreuzes zu zerstören, indem sie die Sterne entfernte und an ihre Novizinnen verschenkte. Aber ich bin ihnen auf der Spur, ich werde sie finden. Alle! So wie ich Euer Schätzchen gefunden habe. Habt Ihr gehofft, Jean de Montfort mit dem Stern von Armor bestechen zu können, damit er Euch begnadigt?«
    »Ihr seid verrückt«, erklärte Raoul. »Erwartet Ihr, dass ich solche Fantastereien glaube? Das Mädchen besitz nichts außer seinem Leben ...«
    »Warten wir es ab. Unter den kundigen Händen meiner Folterknechte würde selbst die heilige Anna keinen Versuch zu lügen machen, geschweige denn eine ihrer Novizinnen«, entgegnete der Herzog trocken. In der plötzlichen Stille war das Knistern der Fackel neben der Tür ebenso deutlich zu hören wie das Keuchen des Gefangenen und das regelmäßige, bedrohliche Klatschen der Peitsche an den Stiefelschäften.
    »Das werdet Ihr nicht tun«, murmelte Raoul de Nadier fassungslos. »Nicht mit einer Frau! Nicht einmal Ihr könnt so tief sinken!«
    »Erspart mir Eure tugendhafte Meinung von Ehre«, erwiderte der Herzog geringschätzig. »Was denkt Ihr, auf welche Weise ich in Sainte Anne die Namen dieser Novizinnen erfahren habe? Aus gemeinsamen Gebeten bestimmt nicht.«
    Raoul schluckte. Er konnte sich ausrechnen, in welche Richtung die Gedanken seines Feindes als Nächstes gehen würden. Er kannte diesen verschlagenen Schurken gut genug. Eine Woge der Verzweiflung drohte Raoul zu ersticken, und nur unter Aufbietung aller Kräfte vermochte er seiner Stimme den Anschein von Gleichgültigkeit zu geben.
    »Ihr seid vermutlich sogar noch stolz darauf, dass Ihr so ein widerwärtiger Mistkerl seid«, sagte er verächtlich. »Was habt Ihr vor? Das Mädchen vor meinen Augen auf die Streckbank zu legen? Habt Ihr dergleichen mit den armen Nonnen gemacht, damit sie ihr Geheimnis verrieten? Tut, was

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