Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jorina – Die Jade-Hexe

Jorina – Die Jade-Hexe

Titel: Jorina – Die Jade-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
Vom Netzwerk:
dass an Menge wettgemacht wurde, was an Köstlichkeit fehlte, entging ihr bei diesem ersten Eindruck.
    »Setz dich!« raunzte der Schwarze Landry und drückte sie energisch auf eine Bank, wo ein paar Mägde höchst widerwillig Platz machten und sie mit Blicken musterten, die zwischen Schadenfreude und Neugier schwankten.
    »Gebt ihr zu essen!«
    Dieses Mal galt der Befehl den Frauen, die sich unter dem Höllenblick des Mannes duckten und Jorina gehorsam eine große, dicke Brotscheibe hinschoben, auf der ein triefendes Stück Wildbraten lag, größer als die Hand eines Mannes. Der würzige Duft des frisch gebratenen Fleisches stieg ihr in die Nase, aber sie machte keine Bewegung, endlich zuzugreifen. Sie starrte völlig verblüfft auf die dralle Magd, die neben ihr saß und mit durstigen Zügen aus ihrem Becher trank, ehe sie ihn einer kleinen Dienerin gleich wieder zum Nachfüllen hinhielt.
    Die Frau trug die übliche Tracht der Mägde, Rock, Mieder und Bluse, aber die Art, wie diese Kleider auf ihrem rundlichen Körper saßen, verschlug Jorina die Sprache. Das nachlässig geschnürte Mieder konnte die Fülle des gewaltigen Busens nicht mehr bändigen. Er wölbte sich über den weit ausgeschnittenen Blusenrand wie blasser Hefeteig über eine zu kleine Schüssel. Wenn sie sich vorbeugte, konnte man sogar die Brustwarzen sehen.
    »Was gaffst du so?« meinte die Frau schließlich und warf ihr einen hämischen Blick zu. »Bist wohl zu vornehm, um mit uns zu reden, was?«
    »Ich ... oh, verzeiht ...« Jorina rückte erschrocken von der Dicken ab und suchte nach Worten. Sie konnte ihr ja schlecht sagen, dass sie fürchtete, von ihrem Busen erschlagen zu werden.
    »Du bist also das neue Schätzchen, das Mahaut für ihn sogar baden musste?« Die Dralle weidete sich an ihrer Verlegenheit. »Na, er wird dir das vornehme Getue schon noch austreiben. Vorher solltest du allerdings ein wenig essen. Siehst arg dürr aus. Er mag es gern ein wenig handfester!«
    Jorina spürte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg. Sie sah sich nach einem Fluchtweg um, aber inzwischen klemmte sie machtlos zwischen den Frauen auf der Bank fest.
    »Hör nicht auf Maé! Sie ist nur auf dein Kleid neidisch. Normalerweise ist der Schwarze nicht so großzügig, wenn er in die Truhen greift.« Eine ältere Frau schlug sich auf ihre Seite. »Hab keine Angst, Kleine. Es ist ein gutes Leben auf St. Cado für unsereinen. Die Männer sind rauh, aber man bekommt zu essen und muss sich nicht überarbeiten. Es gibt keinen kritischen Haushofmeister und keine Herrin, die ihre Mägde piesackt. Und jetzt iss, Mädchen, sonst bläst dich tatsächlich der nächste Sturm von den Zinnen. Ist ja gar nichts dran an dir!«
    Jorina nickte und fasste das riesige Brot mit beiden Händen, dann grub sie ihre Zähne durch Fleisch und Teig. Vielleicht legte sich ja ihre Furcht, wenn sie endlich nicht mehr soviel Hunger hatte. Nach den ersten Bissen fühlte sie sich mutig genug, den Blick durch die weite Halle wandern zu lassen. Im Kamin an der Stirnseite brannten mächtige Scheite, aber die Wärme kämpfte vergeblich gegen den kühlen Zugwind, der durch die offenen Bogenfenster strich. Er bewegte die Standarten und Fahnen, die an den Wänden befestigt waren, aber er sorgte glücklicherweise auch dafür, dass die Ausdünstungen der vielen Menschen und des Mahles in einem erträglichem Rahmen blieben.
    Ihr Blick blieb schließlich an der querstehenden Tafel hängen, an der St. Cado und seine Anführer saßen. Jorina erschauerte, als sie Luc le Feu und Hauptmann Gordien unter den Männern entdeckte. Die anderen Gesichter waren ihr fremd. Der Herr dieser Wölfe, der einen reich mit Juwelen verzierten Silberbecher hob, trank ihr in falscher Freundlichkeit zu. Jorina erschrak so sehr, dass das Bratenstück von ihrem Brot fiel und von einem wachsamen Hund geschnappt wurde, der sich von eben solchen menschlichen Dummheiten ernährte.
    »Bilde dir nur nichts ein«, zischte Maé, die den vermeintlichen Austausch von Freundlichkeiten mit eifersüchtigen Augen beobachtet hatte. »Ich bin die Magd, die sein Bett wärmt. Wenn er dich vorzieht, so ist es nicht von Dauer. Er hat’s nur gern, deinesgleichen zu demütigen! Je hochnäsiger Ihr seid, um so lieber ist es ihm.«
    »Behalt ihn«, murmelte Jorina verächtlich und griff nach dem Becher mit dem Apfelwein. »Lieber stürz’ ich mich über die Burgmauer, als mich von diesem Tier anfassen zu lassen!«
    »Du lieber Himmel, mit dir wird er

Weitere Kostenlose Bücher