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Josefibichl

Josefibichl

Titel: Josefibichl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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verkaufen müssen, um die anderen auszuzahlen. Darunter das Leitenschlössl, das undurchsichtige russische Geschäftsleute gekauft haben. Das steht übrigens auch da heroben, ganz in der Nähe vom Josefibichl. Gut, Sorgen machen müssen wir uns keine um ihn, denn es ist schon noch was da. Und mehr als drei Schnitzel fressen am Tag kannst eh nicht. Er hat vor allem seinen Waldbesitz retten können. Und nachdem es fürs Holz kein Geld mehr gibt, seitdem es bei jedem Windstoß halbe Bergwälder umreißt, will er das Wäldchen jetzt halt auf die Touristische vergolden. Ein paar Wirtschaften hat er schon: Den Berggasthof Panorama hat er vor ein paar Jahren aus einer Insolvenz billig gekauft und ganz ordentlich hergerichtet. Liegt auch dort oben, nur einen Steinwurf über dem Kloster.«
    Schneider erinnerte sich daran, dass er am Morgen auf dem Weg ins Kloster diesen prächtig gelegenen Gasthof, der seinen Namen nicht zu Unrecht trug, passiert hatte. St. Anton lag tatsächlich höchstens einhundert Meter weiter.
    Schneider hatte genug gehört. Bürgermeister Meier hatte ihn also auf eine Fährte geschickt – oder gelockt? –, auf der sich leicht schnüffeln ließ. Ihm war allerdings klar, dass der Ortsvorsteher nicht nur den Fall schnell gelöst und irgendjemandem in die Schuhe geschoben wissen wollte, um wieder Ruhe im Ort zu haben. Da steckte mehr dahinter. Aber auch dessen Motive würde Bernd Schneider herausbekommen. »Wo finde ich diesen Gruber?«
    »Meistens in seinem Gasthof Panorama, wenn er nicht gerade am Klettergarten sein Eintrittsgeld zählt«, antwortete Bernbacher.
    Schneider beschloss, dem armen reichen Mann einen Besuch abzustatten.
    Karl-Heinz Hartinger radelte nach Norden aus dem Loisachtal. Er nutzte Wander – und Feldwege, um die Ortschaften Farchant und Eschenlohe zu umfahren. Die Gefahr, dass sich später jemand an einen Hünen auf einem alten Postradi erinnern würde, musste er in Kauf nehmen, aber er hielt die Wahrscheinlichkeit für gering, da es in dieser Gegend eingeborene wie zugereiste Sonderlinge genug gab. Keiner achtete auf den anderen, wenn der nicht grob gegen die Gepflogenheiten verstieß.
    Hinter Eschenlohe wagte er sich sogar auf die alte Olympiastraße, wie die B 2 schon geheißen hatte, als Bundesstraßen noch Reichsstraßen waren. Beim ehemaligen Hartsteinwerk bog er rechts von der Straße ab, um wieder auf dem Feldweg neben der Loisach weiterzuradeln. Er folgte dem Fluss und widerstand der Versuchung, bei Hechendorf links nach Murnau abzubiegen. Sein Hunger war mittlerweile dröhnend, aber Sicherheit ging vor. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er in Richtung Kochel sicherer wäre.
    Gegen halb elf erreichte er den Ort, nach dem einer der schönsten Seen des Oberlandes benannt war. Er musste dringend Energie tanken. Wenn er sich schon mit Muskelkraft bewegen musste, dann sollten die auch anständig gefüttert werden. Es hätte ihn normalerweise eher in die Bäckerei Bierbichler geführt, die noch so aussah, als würde der Bäckermeister morgens um vier die Brezen selbst backen und nicht die gefrorenen Backlinge aus der großen Backfabrik in den Umluftherd werfen, wie das in den ungezählten Backshops, die das Land überzogen, Brauch geworden war. Doch den Bierbichler-Bäck ließ er genauso aus wie Barbara‘s Backshop, die hiesige Vertretung dieser Nichtbäckereien. Stattdessen suchte er die Anonymität der auch hier nicht fehlenden Aldi-Filiale, wo er sich ein Netz Vollkornsemmeln und eine Packung »Bayerischer Leberkäs fein« holte und möglichst schnell wieder verschwand.
    Er setzte sich auf eine abgelegene Parkbank und füllte seine Reserven bis zum Rand mit Kohlenhydraten und Fett, also mit genau dem, was er sich zu meiden – oder zumindest strikt zu trennen – so fest vorgenommen hatte. Er würde an diesem Tag mindestens fünftausend Kalorien verbrennen, war er sich sicher, und da verdampften wohl auch diese Ernährungssünden.
    Durch die Brotzeit gestärkt, wollte er sich bei Kurt Weißhaupt melden. Er zog das vom Abt geliehene BlackBerry aus der Hosentasche, untersuchte es genau und löste den Deckel, unter dem sich Batterie und SIM-Karte verbargen. Die Karte war tatsächlich mit den arabischen Schriftzeichen des also wahrscheinlich wirklich arabischen Mobilfunkanbieters verziert. Das Größte war jedoch, dass sich Hartinger nicht der Gefahr aussetzen musste, eine Pre-paidkarte an der nächsten Tankstelle kaufen zu müssen.
    Der PIN-Code, den man nach dem Einschalten

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