Josefibichl
Menschen, als uns lieb sein kann, und hat sich außerdem in den Kopf gesetzt, den Mord aufzuklären – oder er tut so, wenn er es doch selbst war. Also setz dich wieder in Richtung Garmisch in Bewegung. Übrigens: Die letzten zwei Stunden einen schönen Ausflug gehabt?«
»Zweieinhalb Stunden Ausflug auf Steuerzahlers Kosten, nur für die Akten«, stichelte Claudia Schmidtheinrich zurück.
»Komm wieder her, ich brauch dich hier.«
Auch wenn es dienstlich gemeint war: Etwas Schöneres hätte Schneider nicht sagen können.
Bernd Schneider hatte es in dem Moment, als er seine Assistentin so angeschnauzt hatte, bereits leidgetan. Aber es war gut, wenn Claudia auch einmal selbst etwas in die Hand nahm. Gut für sie und auch für ihr Team, denn so überließen sie die Verfolgung des Verdächtigen nicht allein den Zielfahndern. Es sollte ihnen keiner vorwerfen können, dass sie es sich hier in der PI nett einrichten und andere die Arbeit erledigen lassen.
Am Tag nach der Tat war ihr Hergang genauso unklar wie mögliche Motive. Natürlich stellte sich Schneider immer wieder die seit mehreren Tausend Jahren zentrale Frage in Ermittlungen und Rechtsangelegenheiten: Cui bono – wem nützt die Tat?
Er musste sich selbst eingestehen, dass er viel zu wenig über den Ort und seine Einwohner wusste. Bernbacher war auch keine wirklich gute Quelle. Außerdem bekam Schneider allmählich das Gefühl, dass auch er etwas verheimlichte. Sehr gerne hätte er ihn nach der abendlichen Lagebesprechung noch einmal genauer zu Veit Gruber im Vieraugengespräch befragt. Doch der Hauptkommissar musste zu seinem Stammtisch in den Gasthof Zum Rassen.
Schneider hingegen holte sich beim Schnellamerikaner auf der anderen Straßenseite einen großen Burger und Pommes. Mit der Papiertüte auf dem Beifahrersitz fuhr er hinauf nach St. Anton, weil er Abt Gregorius noch einmal sehen wollte.
Lex Peininger und Susi Weinzierl hatten sich entschlossen, auch den Klassenlehrer aus Hartingers elfter Jahrgangsstufe zu besuchen. Das kleine Haus im Gaifweg lag unbeleuchtet hinter der dichten Thujahecke. Ihr Dauerklingeln nutzte nichts. Albert Frey hatte an diesem Sommerabend Wichtigeres zu tun, als zu Hause auf der Terrasse oder über seinen Büchern zu sitzen.
»Herr Frey, ich weiß das sehr zu schätzen, dass Sie mir helfen«, begrüßte Karl-Heinz Hartinger seinen Exlehrer und den über die Vaterschaft verwandten Endsechziger, als der sich die Stiege auf den Dachboden heraufgequält hatte.
»Nur wegen der Kathi und dem Anton, nicht wegen dir«, gab Albert Frey schroff zurück. Er setzte sich neben Hartinger auf das alte Bett und stieg direkt in die Sache ein: »Was hast du? Den Computer des toten Mönchs? Warst es doch du? Raubmord?«
Bei diesen Worten ging Hartinger erst auf, dass die Übergabe des Notebooks durch Abt Gregorius auch eine Falle gewesen sein könnte. Der alte Abt? Ihn derartig reinreißen? Hartinger wollte sich das nicht vorstellen, aber mulmig wurde ihm bei dem Gedanken schon. »Sie meinen auch, dass ich. . .?«
»Ich meine gar nichts. Und dass du einen umbringst, wenn ich das meinen würde, wäre ich hier nicht allein raufgekommen, sondern in Begleitung der Polizei. Ich seh mir nur die Lage an: Du findest einen Getöteten, haust ab, und am nächsten Tag versteckst du dich auf einem Berghof und hast den Computer des Toten bei dir. Für einen Außenstehenden sieht das zunächst einmal verdächtig aus, findest du nicht?«
Hartinger ließ sich die morgendliche Szene im Kloster noch einmal durch den Kopf gehen. Wenn ihm auch der Abt den Mord in die Schuhe schieben wollte, warum hatte er nicht die Polizei gerufen, sondern ihm zur Flucht verholfen? Die einzige logische Antwort wäre: Um den Verdacht zu erhärten. Vielleicht hatte er ja kurz darauf die Polizei gerufen. Das hätte aber wiederum Kurt Weißhaupt erfahren. Nun gut, wer wusste, welche Quellen Weißhaupt hatte und ob die Weißhaupt auch alles erzählten und ihn nicht ausnutzen wollten, um an Hartinger heranzukommen.
Das Befremdlichste an dem Gedanken war, dass der Abt in diesem Fall Hartinger nicht grundlos als Täter zementieren wollte. Wollte er eine schnelle Aufklärung, um Ruhe um sein Kloster und seinen Orden zu haben? Oder steckte mehr dahinter? Hatte am Ende der Abt. . . ?
Weißhaupt hatte gesagt, eine Garrotte sei das Mordwerkzeug gewesen. War es einem alten Mann möglich, sich an einen wesentlich Jüngeren von hinten anzuschleichen, ihm den Draht blitzschnell um den
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