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Josefibichl

Josefibichl

Titel: Josefibichl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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Fahrrad weggefahren. Nur durch das konsequente Befragen sämtlicher Geschäftsleute auf der Marktstraße hatten die Zielfahnder überhaupt die Richtung, in die Hartinger davongeradelt war, herausgefunden. Der Inhaber des Trachtengeschäfts am Unteren Markt hatte beim Ausrichten seiner Sonderangebote an den Kleiderständern vor dem Laden den seltsamen Radler bemerkt, der mit bestimmt nicht zulässigem Höllentempo, wie er berichtete, über die Isarbrücke gesaust war und auf der anderen Seite des Flusses nach links abgebogen war. Die Zielfahnder waren den Weg abgefahren, immer geradeaus in Richtung Lenggries an der Isar entlang. In einem Hof bei Arzberg schaute ein Mann mit Kissen unter den Armen aus einem Fenster im ersten Stock. Er bestätigte, dass vor gut zwei Stunden ein großer Mann auf einem viel zu kleinen gelben Radl am Haus vorbeigefahren sei.
    Diese Informationen hatte Claudia Schmidtheinrich vor Cems Laden von den Zielfahndern per Handy bekommen, die bereits Jachenau erreicht hatten. Dort sollten sie auf die Kollegin warten, um das weitere Vorgehen mit ihr zu besprechen. In der Zwischenzeit befragten sie die Touristen und Einheimischen in dem winzigen Ort systematisch nach Hartinger. Doch niemand wollte einen, auf den die Beschreibung gepasst hätte, gesehen haben. Auch an ein gelbes Fahrrad konnte sich niemand erinnern.
    Claudia Schmidtheinrich raste mit Blaulicht aus Bad Tölz, um eine gute Viertelstunde später in Jachenau anzukommen. Auf dem Parkplatz vor dem Gasthof Zur Post warteten die beiden Fahnder ohne einen Hinweis, ob Hartinger überhaupt wirklich im Ort gewesen war, und wenn, wann. Klar war nur, dass er in diesem Fall weiter in Richtung Walchensee unterwegs war, denn das Tal hatte keine Seitenausgänge. Also fuhren die Fahnder und Claudia Schmidtheinrich im Rallyetempo über die Mautstraße zum Walchensee und an dessen Südufer weiter zur Bll, die über Wallgau und Krün führte und sich dort in Richtung Mittenwald und in Richtung Garmisch gabelte.
    In Krün machten sie halt und fragten fünf Passanten, davon vier Touristen, ob sie einen großen dunklen Mann mit gelbem Fahrrad gesehen hätten. Niemand hatte. Claudia Schmidtheinrich holte die Straßenkarte aus ihrer Laptoptasche und breitete sie auf der Motorhaube aus. Dann griff sie zum Handy und rief Bernd Schneider an.
    »Wenn er sich von Tölz aus nach Süden aufgemacht hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass er hier in Krün nach Osten in Richtung Mittenwald abgebogen ist, um in Scharnitz die Grenze nach Österreich zu überqueren. Der Brennerpass ist mit dem Auto höchstens zwei Stunden von hier. Dann ist er jetzt bald in Italien, verdammt«, fluchte sie ins Mikrofon.
    »Und wenn er – was ich glaube – nach rechts Richtung Garmisch gefahren ist, dann ist er seit einer Stunde hier und kann weiß Gott was aushecken oder bei Bekannten untertauchen, zum Teufel«, gab Schneider entnervt zurück.
    »Wieso glaubst du das?«
    »Weil er kein Idiot ist. Was soll er ohne größere Bargeldvorräte und ohne Kontaktadresse in Italien? Das ist ein Land, in dem am Abend noch die Meldescheine der Hotels bei der Fremdenpolizei abgegeben werden. Nee, nee, der ist zurück nach Garmisch«, war Schneider überzeugt.
    »Mir kommt der immer verdächtiger vor mit seiner Wegrennerei«, gab Claudia Schmidtheinrich zu.
    »Ja, wir dürfen ihn als dringend Tatverdächtigen nicht aufgeben, aber ich tippe trotzdem immer mehr auf den Gruber. Der lügt doch, wenn er den Mund aufmacht. Vielleicht stimmt das eben nicht, was er uns erzählt. Vielleicht wollte ihm der junge Mönch das Waldstück, hinter dem er her ist, gar nicht geben. Vielleicht war genau das Gegenteil der Fall, und Gruber will sich mit seiner Story sozusagen ein Antimotiv geben. Wir müssen herausfinden, wo er das Geld herbekommen will für sein Spirit-Projekt«, gab Schneider die nächsten Schritte vor.
    »Nun stecke ich aber hier mitten in der Pampa und muss laut deiner Ansage den Hartinger fangen. Ich frage mich, in welche Richtung ich ihm hinterherfahren soll. Er muss nämlich auch nicht zum Brenner gefahren sein, sondern könnte sich in Innsbruck nach Norden gewandt haben, zurück nach Bayern und München. Ich frage mich nur, warum den keiner sieht!«
    »Er nimmt ein zu großes Risiko auf sich, wenn er zu oft trampt«, meinte Schneider. »Ein Auto wird er ja nicht gestohlen haben, so dumm ist er sicher nicht. Ich bleibe dabei: Der Mann ist zurück nach Garmisch-Partenkirchen. Er kennt hier viel mehr

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